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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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dorthin und sehe nach. Ich bin mir sicher, sie da zu finden.«
    An Magdalena prallte das ab wie vormals der Regen an der gewachsten Leinwand. Tief in ihrem Innern kannte sie längst die Wahrheit: Dieses Mal hatte Elsbeth wirklich gewonnen und war auf Nimmerwiedersehen mit der Kleinen fort! Bis zum Tagesanbruch würden sie einen ausreichend großen Vorsprung haben, so dass es ausweglos war, die Verfolgung aufzunehmen, noch dazu, da sie nicht im Geringsten wusste, in welcher Richtung sie überhaupt mit der Suche beginnen sollte. »War es das wirklich wert, Eric zu retten? War Eric das wert?«
    Aufgewühlt starrte sie Roswitha ins faltenreiche Gesicht. Die erwiderte ihren Blick ruhig und entgegnete trocken: »Wenn du nichts unternommen und tatenlos Erics Hinrichtung zugeschaut hättest, würdest du auch keine Ruhe finden.«
    Zunächst wollte Magdalena aufbrausen. Sobald sie den Mund öffnete, brachte sie jedoch keine Silbe heraus. Sie musste Roswitha zustimmen. Eric widerstandslos an Seume auszuliefern, hätte sie niemals übers Herz gebracht.
    Ohne ein Wort der Erklärung wickelte sich die alte Hebamme das Tuch enger um die Schultern und kroch über den Kutschbock aus dem Wagen. Die nächtliche Finsternis draußen verschluckte sie rasch. Erst nach einer ganzen Weile tauchte sie wieder auf. »Ich habe Strecker, den Quartiermeister, getroffen. Die Schlacht mit den Schweden ist vorbei. Das Pulver ist zu nass geworden. Auf beiden Seiten sind die Pikeniere im Schlamm stecken geblieben. Wrangel hat seine Schweden aus der Gegend abgezogen. Statt ihnen nachzusetzen, liegen sich unsere Feldherren mal wieder in den Haaren, was weiter zu befehlen ist. Von Werth hat die Unsrigen ins Lager zurückgeschickt, was aber Mercy nicht gefällt. Ein Schlamassel ist das, sag ich dir. Keiner weiß, was zu tun ist. Und dafür haben wir wochenlang die Hitze hier ertragen!«
    Roswithas trübe Augen blickten müde. Als sie den quadratischen Schädel schüttelte, flogen die Regentropfen in alle Richtungen. Magdalena wischte sich mit dem Handrücken über die nassen Wangen. Wie gern hätte sie einen Lappen gepackt und der Hebamme damit den Mund gestopft, damit sie endlich aufhörte zu reden.
    »Ich will das nicht mehr hören.« Sie presste sich die Hände auf die Ohren. »Das interessiert mich nicht mehr. Nichts interessiert mich mehr. Das Allerschlimmste ist mir passiert: Elsbeth ist mit meiner Carlotta verschwunden! Wann kapierst du das endlich?«
    »Was ist denn hier los?« Rupprecht baute sich im Wageninnern auf, wie immer lautlos aus dem Nichts gekommen. »Wo ist Meister Johann?« Es schien ihn nicht zu kümmern, dass er die beiden Frauen mitten in der Nacht in so seltsamer Stimmung antraf. Argwöhnisch musterte Magdalena ihn. Auch er tropfte vor Nässe. Seine schlammverschmierte Kleidung, an der kein einziger Blutfleck zu finden war, bewies, dass er das Lazarettzelt am Rand des Schlachtfelds noch immer nicht von innen gesehen hatte, geschweige denn dem Feldscher bei der Versorgung der Verletzten zur Hand gegangen war.
    »Wo warst du?«
    Es kostete sie Mühe, ihn nicht ebenfalls so anzuschreien wie Roswitha eben. Unruhig sah er mal hierhin, mal dorthin. Schon drängte er sich in den rückwärtigen Teil des Wagens, wühlte in der Kiste mit den Vorräten, inspizierte die Töpfe und ließ seine Finger durch die Kräuterbüschel gleiten.
    »Wenn du es genau wissen willst: Da, wo eigentlich dein Eric sein sollte.«
    »Was heißt das: sein
sollte?
« Hellhörig geworden, packte sie ihn am Arm und riss ihn herum. Wieder zuckte er nur mit den Schultern, bevor er antwortete: »Am Mittag habe ich einige Sachen aus dem Lager zu ihm gebracht und bin nur noch einmal kurz weg, um ein bisschen die Gegend zu erkunden. Nicht lang, eine, höchstens zwei Stunden. Noch hatte niemand uns gesehen. Unmöglich, dass da bereits einer etwas von Erics Flucht ahnen konnte. Er selbst ist viel zu erschöpft gewesen, um noch einen Ton von sich zu geben. Was hätte also groß passieren können? Ich aber wollte nachsehen, ob sich nicht noch ein geeigneterer Unterschlupf finden ließe. Wir können ihn ja kaum mehrere Tage in dieser Dachshöhle lassen, dachte ich mir, gerade, wenn die Schweden wieder fort sind und sich die Unsrigen ebenfalls aufs Aufbrechen besinnen.«
    »Was ist geschehen?« Magdalena hielt angstvoll den Atem an.
    »Eric ist verschwunden.« Im nächsten Moment drehte sich Rupprecht von ihr weg. Als habe er ausgerechnet in diesem Moment ein großes Schraubglas

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