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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Stirn und atmete laut. Dabei machte sie allerdings einen durchaus erholten, ausgeschlafenen Eindruck. Um sie nicht weiter zu erzürnen, verkniff sich Elsbeth eine Erwiderung und schickte sich an, mit der schmutzigen Wäsche zu verschwinden.
    »Hiergeblieben! Noch bin ich nicht fertig!« Babette stemmte die Hände in die Hüften. In dem weißen Nachthemd, mit der verrutschten Haube auf dem Kopf und den nackten, platten Füßen wirkte sie lächerlich, aber das störte sie nicht im Geringsten. »Wenn du meinst, du kannst mich für dumm verkaufen, dann irrst du dich. Ich kriege mehr mit, als dir lieb sein kann. Deiner Mutter, also meiner armen Schwester, Gott schenke ihr eine fröhliche Auferstehung«, bei diesen Worten bekreuzigte sie sich, »habe ich zwar auf dem Sterbebett versprochen, mich deiner anzunehmen. Das gilt aber nicht für den Fall, dass du zur Hure wirst. Und so, wie es aussieht, bist du wohl auf dem besten Wege dahin.«
    Durchdringend sah sie sie an. Elsbeth erwiderte den Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. Sollte die Tante doch drohen und wüten. Im Zweifelsfall würde sie Babette daran erinnern, wer sich gern Hagen Seume unter die Plane zog, wenn der Onkel den Versehrtenzug ins Krankenquartier begleitete. Auch dass Magdalena lang vor der ordentlichen Hochzeit das Licht der Welt erblickt hatte, fügte sich nicht in Babettes Traum von einer anständigen Existenz.
    »Nur weil du mir verraten hast, dass Magdalena sich hinter meinem Rücken mit dem Lumpen Eric Grohnert trifft, hast du nicht gleich freie Bahn. Wie ich höre, bist du keinen Deut besser als deine Cousine. Glaub nicht, ich hätte nicht mitbekommen, dass du die Nächte mit irgendwelchen Burschen verbringst. Obendrein bestiehlst du mich hinterrücks. Ist das deine Art von Dankbarkeit dafür, dass ich dich aus den Händen deines Stiefvaters befreit habe? Ach, im Grunde kann es mir egal sein, was du tust. Zur Not gibt es immer noch deinen Stiefvater, der dafür sorgen muss, dass du nicht im Hurenlager endest. Wenn ich mich nicht täusche, wird er dich auch jetzt noch mit offenen Armen empfangen.«
    Bei der Erwähnung des Stiefvaters zog sich Elsbeths Magen zusammen. Bevor sie zu dem zurückkehrte, brannte sie lieber durch oder verdingte sich als Trosshure. Er war es gewesen, der ihr als Zwölfjähriger die Unschuld geraubt hatte, und das nur, weil Babette sie während eines Winterlagers nicht bei sich hatte unterbringen wollen! Seither machte er stets unflätige Bemerkungen, wenn sie ihm im Lager über den Weg lief. Leider war er nach wie vor im selben Fähnlein wie ihr Onkel.
    »Eins lass dir gesagt sein«, sagte die Tante, »mich täuschst du nicht. Ich weiß genau, was du vorhast: Dem einfältigen Rupprecht hast du dich an den Hals geworfen, damit er dir ein Kind macht. Denkst wohl, der heiratet dich und bleibt mit dir hier in Freiburg in der Apotheke, was? So dumm kannst auch nur du sein! Armes Gör, dass du doch nur die falschen Eigenschaften von meiner kleinen Schwester geerbt hast. Bild dir nur nicht ein, ich zieh dich hinterher aus dem Elend wieder raus!«
    5
    Grell schrie ein Verletzter auf. Der Schrei verfing sich in dem grob verputzten Gemäuer, hallte lange nach und erinnerte in nichts mehr an einen menschlichen Laut.
    Obwohl das Brüllen und die Schmerzenslaute seit Tagen nicht mehr zu verstummen schienen, traf dieser eine Schrei Magdalena mitten ins Herz. Kurz richtete sie sich auf und sah sich um, das Leintuch dabei fest auf die klaffende Wunde an der linken Schläfe des Mannes auf dem Tisch gepresst. Ihr erschöpfter Blick kam schließlich wieder auf ihm zu ruhen. Fast schon friedlich lag er da. Wenigstens war er endlich dank des Branntweins eingeschlafen und nahm von dem Elend in dem notdürftig zum Lazarett umfunktionierten Gehöft nichts mehr wahr.
    Das Bauernhaus lag in den Wäldern zwischen Slierberg und Wonnhalde südwestlich von Freiburg. Längst glich es eher einem Bienenstock denn einem Lager für Verwundete. Dicht an dicht reihten sich die Tische und Bänke aneinander. Schon den zweiten Tag taten Magdalena und die anderen Wundärzte ihr Möglichstes, die Söldner zu behandeln. Von Sonnenaufgang bis weit nach Sonnenuntergang standen sie an den Operationstischen. Klaffende Wunden galt es zu nähen, zerfetzte Gliedmaßen zu amputieren oder tückische Geschosse aus den Leibern herauszuoperieren. Pausenlos tupften sie den Schweiß von fiebrigen Gesichtern, verbanden Wunden, legten dick mit Salben bestrichene Kräuterpflaster

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