Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
dass ich das besser für mich behalten hätte. Ein Blick in Nates Augen genügte. Rasch versuchte ich vom Thema abzulenken und machte eine Bemerkung über etwas, das auf der Speisekarte stand, aber Nate war in Gedanken anderswo. Als unser Kaffee kam, hatte er noch immer nichts gesagt. Ich beschloss, einfach abzuwarten.
»Was hat sie gesagt?«, fragte er schließlich.
Ich holte tief Luft. »Dass du und Caitlin euch gestritten hättet. Sie glaubt, es hätte damit zu tun, dass wir befreundet sind.«
Nate seufzte schwer. »Da liegt sie total daneben.«
Ich wollte es nicht noch komplizierter für ihn machen. »Hör zu, Nate, das ist schon okay. Du und Caitlin solltet jetzt an eure Beziehung denken. Ich will nicht, dass unsere Freundschaft für Streit zwischen euch sorgt. Ihr seid verlobt und …«
»Caitlin ist nicht meine Verlobte.«
Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen. Hatten die beiden sich getrennt?
»Wie bitte?«
»Sollte sie zumindest nicht sein, wenn es nach mir ginge. Herrgott, was habe ich mir da nur eingebrockt!«
Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Aber als ich sah, wie nahe ihm das alles ging, hatte ich das Gefühl, irgend
etwas sagen zu müssen. »Das verstehe ich nicht, Nate. Hast du Caitlin nun einen Antrag gemacht oder nicht?«
Er sah nicht auf, als er antwortete. »Ja, habe ich. Sozusagen. Aber nur, weil ich praktisch dazu gedrängt worden bin. Als ich ihr den Antrag machte, fühlte es sich so … falsch an, aber was hätte ich denn tun sollen? Die ganze Stadt hat ja schon davon geredet.«
»Nate, ich …«
Er schaute mich wieder an. »Die Sache ist die, dass ich eigentlich immer noch nicht weiß, was ich für sie empfinde, Rosie. Ich brauche mehr Zeit … Ich bin noch nicht bereit zu heiraten – zumindest nicht Caitlin. Ach, keine Ahnung, Rosie. Manchmal kommt es mir vor, als wäre ich in den letzten Wochen ein ganz anderer Mensch geworden – als wäre ich schizophren oder so was. Eben noch bin ich glücklich und zufrieden, und dann bin ich auf einmal mit Caitlin zusammen und erkenne den Mann an ihrer Seite nicht wieder. Ich will der sein, der ich bin, wenn ich hier bin – so wie jetzt, mit dir.«
In meinem Kopf schrillten Alarmglocken. Ich sprang auf. »Nate, ich muss jetzt wirklich zurück …«
»Einen Moment noch, bitte!«, flehte er mich an, und in seinen Augen entdeckte ich auf einmal Gefühle, die ich nie zuvor bei ihm bemerkt hatte. »Wenn ich es dir jetzt nicht sage, werde ich es vielleicht nie sagen.«
Etwas unschlüssig und wider besseres Wissen setzte ich mich wieder.
»Rosie, seit ich dich kenne, habe ich zum ersten Mal seit langer Zeit das Gefühl, mich selbst zu verstehen. Du bringst das Beste in mir zum Vorschein – den Nate, der ich schon immer sein wollte. Und dadurch wurde mir erst bewusst, wie sehr ich mich in Caitlins Gegenwart von mir entfremde . Caitlin ist eine wunderbare Frau, sie ist ehrgeizig, unabhängig,
umwerfend. Sie ist alles, was die Frau sein sollte , mit der ich den Rest meines Lebens verbringen will – oder verbringen sollte . Sollte man zumindest meinen. Denn irgendetwas fehlt, wie bei einem Puzzle, wenn das letzte Teil fehlt, das alles zu einem stimmigen Bild zusammenfügen würde. Ich liebe sie, aber nicht so, wie ich sie lieben sollte . Wahrscheinlich liegt es an mir: Vielleicht sehe ich in der Heirat auch nur einen weiteren Vertragsabschluss. Und natürlich hat Mimi absolut Recht, dass es für uns einfach naheliegt zu heiraten. Wir verkehren in denselben Kreisen, kommen aus guten New Yorker Familien. Unsere Leben sind sich jetzt schon sehr ähnlich. Aber die Wahrheit ist, dass du den Nagel haargenau auf den Kopf getroffen hast, als du ganz am Anfang zu mir meintest, dass ich auf dich nicht den Eindruck eines verliebten Mannes machen würde.«
»Nate, damit wollte ich nicht …«
»Und du , Rosie – du hast keine Angst davor zu sagen, was du denkst. Du hast mich dazu gebracht, mich mit anderen Augen zu sehen, und ich möchte besser sein als das, was ich gesehen habe. Du bist so stark und so schön, und seit ich mit dir befreundet bin, fühle ich mich so … lebendig …«
Mehr wollte ich nicht hören. Ob es an seinem ergriffenen Ton lag oder daran, wie er »befreundet« gesagt hatte – ich wusste es nicht. Ich wusste nur eins: Ich musste weg hier, und zwar schnell. »Ich … ich muss los«, stammelte ich und stand ein zweites Mal auf. Diesmal erhob sich auch Nate und griff nach meiner Hand.
»Ich wollte dich nicht
Weitere Kostenlose Bücher