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Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
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fanden seine Größe schon damals recht beruhigend. An Diesel mangelte es nicht: Wir füllten den Tank und nahmen außerdem noch einige Tonnen als Reserve mit. So machten wir fünf uns auf den Weg, und die anderen blieben dort oben zurück. Ich weiß nicht, was aus ihnen geworden ist. Als sich die beiden Gruppen voneinander trennten, nahmen beide für immer voneinander Abschied, davon überzeugt, dass die jeweils andere zum Tod verurteilt war.«
    Gottschalls Worte rühren mich fast, und ich stelle mir die Ruinenstädte vor, die er und die anderen auf ihrem Weg durchquert haben. Ich denke an ihre Erschütterung angesichts der Zerstörungen, und an die Furcht, die sie während der ersten Nacht im Freien empfunden haben.
    »Damals gab es die Monstren noch nicht, die Geschöpfe des Bösen. Aber gefährlich war es trotzdem. Man nehme nur die Strahlung. Wir hatten keine Ahnung, dass wir uns vor dem Sonnenlicht schützen mussten. Wir reisten tagsüber und schliefen des Nachts, weil wir das für sicherer hielten. Ich hatte ein bisschen Bedenken, um ganz ehrlich zu sein. Als Junge hatte ich einige Spiele für die Playstation, die in einer Welt nach einem Atomkrieg spielten. Ich wusste, dass man sich besser gut bedecken und Gasmasken benutzen sollte. Zwei Kisten mit solchen Masken hatten wir, aber nur ich benutzte eine, wenn wir den Laster verließen. Und ich bestand darauf, in der Fahrerkabine zu schlafen. Das hat mir vermutlich das Leben gerettet.«
    »Die anderen sind tot?«
    »Nach einer Woche war nur noch ich übrig. Um mich herum erstreckte sich eine tote Welt, und offen gestanden: Mehr als einmal war ich versucht, mir den Lauf einer Pistole in den Mund zu stecken und abzudrücken. Aber Gott in Seiner Barmherzigkeit hat das verhindert. Er hat Seinen Diener am Leben erhalten, damit er Ihn mit Worten und Taten ehren kann.«
    »Amen«, brummt Bune und lacht leise.
    Gottschall sieht ihn schief an und streckt die Hände der Kohlenpfanne auf dem Boden der Fahrerkabine entgegen. Draußen drängt die Nacht gegen die dicken Fenster des Lastwagens. Caliban, der Zwerg mit den langen Armen, fährt noch immer, so unermüdlich, als wäre er selbst eine Maschine oder Teil des Fahrzeugs.
    Gottschall setzt die Schilderungen fort und beschreibt seine erste Begegnung mit anderen Überlebenden.
    »Sie haben nicht lange gefackelt und sofort angegriffen, mit Stöcken und großen Messern. Ich hatte zwei Pistolen. Stellt euch vor, wie die Sache ausgegangen ist. Drei von ihnen hoben die Flossen und ergaben sich. Es war wie die Szene eines Films. Einer von ihnen war eine Frau. Schmutzig, aber nicht übel für eine Wilde. Der Tag der Bomben lag nur ein Jahr zurück, aber die Menschen waren bereits wieder zu Wilden geworden. Vielleicht ist er immer ein Wilder gewesen, der Mensch. Ich lud nach, schoss den beiden Männern in den Kopf und nahm die Frau mit. Zu Anfang hielt ich sie natürlich gefesselt. Wollte nicht riskieren, mit abgeschnittenem Kopf aufzuwachen.«
    »Ich bezweifle sehr, dass Sie dann aufgewacht wären«, wirft Bune ein und genehmigt sich noch ein Stück Hühnerfleisch.
    »Lassen Sie mich erzählen. Essen Sie und seien Sie still.«
    Zwei Wochen lang war er mit der Frau unterwegs und ließ dabei die Berge immer weiter hinter sich zurück. Die Fesseln löste er nur für »dringende Bedürfnisse«, wie er es nannte. Ob diese Bedürfnisse die Frau oder ihn selbst betrafen, verriet er nicht.
    In einer Stadt namens Lucca fand er schließlich eine organisierte Gemeinschaft. Es war ein von alten Mauern umgebener Ort, leicht zu verteidigen. Die dortigen Überlebenden hatten Treibhäuser und Schutzräume hinter dicken Mauern. Diesen Leuten ging es nicht schlecht.
    »Aber ich sah weiter als sie – ich hatte eine Vision. Noch in den Bergen war sie entstanden, beim Lesen der aus Amerika mitgebrachten Bücher. Die Bibel, Mein Kampf … Ich sah nicht nur den einen Tag, den es zu überleben galt, und mein Horizont hörte nicht an den Stadtmauern auf. Ich hatte ein Projekt für die Überlebenden. Ich erkannte Potenzial in ihnen, ein Potenzial, mit dem sie nichts anzufangen wussten. In gewisser Weise war ich der Schlüssel und sie das Schloss.«
    »Also haben Sie ihnen das Ding reingeschoben …«
    »Bune«, brummt Durand in einem warnenden Ton. Eine Decke ist um ihn und Adèle geschlungen. Ich beneide sie. Das Alleinsein ist ein Fluch. Es gehört zu dem Eid, den ich geleistet habe, aber der Eid stammt aus einer Zeit, als das Alleinsein eine Wahl war,

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