Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
Vom Netzwerk:
Schlafanzug, den ich bis zum fünfzehnten Lebensjahr trug, bis die Pubertät mich in nur wenigen Monaten zehn Zentimeter wachsen ließ.
    Am Ende des Bettes saß mein Vater.
    Er war es, und er war es nicht.
    Die Züge seines Gesichts wirkten verschwommen, gleichsam halb im Schatten, obwohl er direkt im Licht saß.
    Mein Vater wirkte sehr ernst.
    »Es ist recht warm für den April. Weißt du schon, wo du die Ferien verbringen möchtest? Weißt du schon, was du machen willst?«
    Er lässt mir gar keine Zeit für eine Antwort.
    »Ich dachte, du könntest vielleicht jenen Ort besuchen. Wie heißt er noch? Stazione Aurelia. Du könntest lernen, wie man Kinder im Backofen schmoren lässt. Sollen lecker sein, Kinder aus dem Backofen.«
    Er reibt die Hand auf dem Bauch.
    »Welcher Wein würde zu Kinderfleisch passen? Zinfandel? Oder besser Syrah? Lass es mich wissen. Ich glaube, Syrah wäre besser geeignet. Immerhin müsste das Fleisch doch weiß sein, oder?«
    Er grinst vom einen Ohr bis zum anderen, und dabei wird sein Mund groß wie eine Wunde.
    »Deine Mutter ist von dieser Sache mit dem Atomkrieg alles andere als begeistert. Ausgerechnet jetzt, wo wir gerade die letzte Rate der Hypothek bezahlt haben. Außerdem dachten wir, dass uns nach dem Tod ewiger Frieden erwarten würde, oder vielleicht das Jüngste Gericht. So was in der Art, du weißt schon. Stattdessen sind wir hier und mit den üblichen Dingen beschäftigt. Der Rasen, der an jedem Wochenende gemäht werden muss, Kabelfernsehen, schreckliche Nachrichten aus allen Teilen der sterbenden Welt. Und du bist am Leben und schreibst nie.«
    »Ich kann dir nicht schreiben, Vater.«
    Meine Stimme ist rau und trocken.
    »Es gibt keine Briefmarken mehr. Und ich habe keinen Umschlag.«
    »Ausreden, nichts als Ausreden. Du bist immer ein einfallsreicher Bursche gewesen. Seit wann bist du so faul?«
    Dann hebt mein Vater den Blick und sieht über meine Schulter hinweg.
    »Hast du das gehört? Was war das?«
    Er meint das Geräusch, das mich geweckt hat.
    Während ich geschlafen habe, ist es in der »Kathedrale« dunkler geworden. Aus den Ritzen in der Decke kommt ein rötliches Glühen, gerade genug, dass ich die Konturen von Christus am Kreuz erkenne.
    Und die Umrisse einer anderen Gestalt, die in der Mitte des großen Raums hockt. Auch von ihren Augen scheint ein rötliches Glühen zu kommen.
    Für einen Moment habe ich den Eindruck, dass es der Käfer-Mann sein könnte.
    Gregor Samsa.
    Seine Haut reflektiert das wenige Licht.
    Dann bemerke ich die auf dem Rücken gefalteten Flügel. Ledrige Flügel, wie die einer Fledermaus.
    Das Wesen hebt den Kopf.
    Seine Stimme erklingt hinter meiner Stirn, kalt wie Eis.
    Der Mann des Schmerzes hat dich genommen. Der Mann des Schmerzes …
    »Wer bist du?«
    Mein Name ist Legion. Ich bin die Stimme der Vielen.
    Legion. Der Dämon von Gadara im Evangelium nach Markus. »Legion ist mein Name, denn wir sind viele.«
    »Kannst du dich deutlicher zeigen?«
    Nein.
    »Du enttäuschst mich, Legion. Der Teufel willst du sein, obwohl du nicht einmal imstande bist, es etwas heller werden zu lassen?«
    Mach dich nicht über mich lustig …
    »Ich meine es ernst.«
    … Priester.
    Es ist, als ob jemand das Wort in meinem Kopf ausspuckt.
    Voller Abscheu und Geringschätzung.
    Das Wesen im Dunkeln erhebt sich und breitet die Flügel aus, wird zu einer klassischen Gestalt. Es fehlen nur noch die Hörner, dann sähe sie tatsächlich wie der Teufel aus.
    Doch die langen Arme verraten: Was dort steht, ist ein Geschöpf wie jene, denen wir bei Torrita Tiberina begegnet sind.
    Ein Arm kommt langsam nach oben, und der Zeigefinger deutet auf mein Gesicht.
    Wir sind uns schon einmal begegnet. In Moskau. In der Zukunft, erinnerst du dich?
    Glaubt er vielleicht, dass ich die herrliche Vision einfach so vergessen könnte?
    Also hast du gesehen, wie ich sein werde.
    »Ich verstehe nicht.«
    Du hast gesehen, wie ich sein werde. Jetzt bin ich so. Mein Name ist Legion.
    »Im Traum hast du dich klarer ausgedrückt.«
    In welchem Traum? Dies ist ein Traum.
    »Was soll das heißen?«
    Die Zeit ist knapp. Hör mir zu und unterbrich mich nicht. Hör zu. Es ist eine wichtige Botschaft. Der Mann des Schmerzes ist eine Gefahr für euch. Aber ohne ihn erreicht ihr nicht euer Ziel.
    Ich möchte eine Frage stellen, doch ein weißer Blitz fährt mir durchs Bewusstsein.
    Unterbrich mich nicht. Hör zu. Bis Venedig seid ihr beim Mann des Schmerzes gut aufgehoben. Bis Venedig dürft

Weitere Kostenlose Bücher