Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
Vom Netzwerk:
Swimmingpool sterben können.«
    »Aber Sie sind dort nicht gestorben. Wie es bei dem Heiligen der Kirche hieß: ›Was mich nicht umbringt, macht mich stärker.‹«
    »Die Worte stammen von Friedrich Nietzsche, und der war gewiss kein Heiliger der Kirche.«
    »Nietzsche? Tatsächlich? Wie viel man in der Nähe von euch Priestern lernt.«
    Durand lächelt und geht schneller. Nach einigen Momenten gebe ich den Versuch auf, dicht hinter ihm zu bleiben.
    Bune nähert sich mir.
    »Noch sauer?«, fragt er. »Ich habe das Vergeben für eine Pflicht von euch Priestern gehalten.«
    »Vergebung setzt Reue voraus.«
    »Aber ich bereue, Heiligkeit. Ich bereue aus tiefstem Herzen.«
    »Oh, sicher.«
    »Wenn’s brenzlig geworden wäre, hätten wir eingegriffen.«
    »Das habe ich gehört. Aber ich garantiere Ihnen, dass es für mich schlimm genug aussah.«
    »Ach, wegen einiger Kratzer! Ich hab sie gesehen. Ein paar Narben können nicht schaden. Da haben Sie wenigstens etwas, worüber Sie mit den Frauen reden können.«
    »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen, Bune?«
    »Nennen Sie mich Karl. Darf ich Sie Jack nennen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich John heiße. John, nicht Jack. John Daniels, nicht Jack Daniels. Das ist ein Whisky.«
    »Na schön. Wie Sie wollen. Offenbar nehmen Sie es wirklich ernst, dieses Gelübde.«
    »Welches Gelübde meinen Sie?«
    »Das Ihnen verbietet, sich mit Frauen einzulassen. Deshalb fühlen Sie sich gekränkt, nicht wahr?«
    »Es heißt Keuschheitsgelübde.«
    »Und Sie …?«
    »Ja, ich habe es abgelegt.«
    »Dachte ich mir. Und natürlich weiß ich, was ein Keuschheitsgelübde ist. Ich hab’s selbst einmal abgelegt. Heute ist es natürlich viel einfacher, keusch zu bleiben. Es gibt nur noch wenige Frauen, und wenn man mal einer begegnet, ist sie alles andere als hübsch und stinkt auch noch.«
    »Wir alle stinken, Bune.«
    »Karl.«
    »In Ordnung, Karl. Wie Sie wollen.«
    »Von einer Frau erwartet man Eleganz und Raffinesse. Nicht dass sie wie ein nasser Hund riecht oder wie ein schlecht gewordener Käse. Und dann da unten , wenn Sie verstehen, was ich meine …«
    »Ich denke schon, dass ich verstehe. Mir liegt nur nichts daran, über gewisse Dinge mit Ihnen zu reden.«
    »Meinetwegen. He, hast du das gesehen?«
    »Was?«
    Bunes Stimme hat sich ganz plötzlich verändert. Er ist übergangslos ernst geworden.
    »Warte hier.« Er duzt mich wieder. »Hinter dem Wagen.«
    Er zeigt auf einen Schneehaufen. Ich frage mich, was für ein Auto sich wohl unter der weißen Decke verbirgt. Vielleicht einer der kleinen Elektrowagen, die damals auf den europäischen Straßen erschienen und sich vielleicht durchgesetzt hätten, wenn nicht der atomare Hammer vom Himmel gefallen wäre.
    Ich laufe los und ducke mich hinter den Haufen. Bune geht in die Hocke und hält seine Maschinenpistole bereit. Selbst mit dem Nachtsichtvisier kann ich nichts erkennen. Vergeblich halte ich nach dem Etwas Ausschau, das der Soldat gesehen hat. Ich mache Anstalten, mich hinter dem kleinen Schneehügel aufzurichten, aber Bune bedeutet mir mit einem Wink, in Deckung zu bleiben. Er dreht sich nicht einmal um und scheint auch Augen im Hinterkopf zu haben.
    Ich warte reglos.
    Eine Minute verstreicht. Dann noch eine.
    Und schließlich sehe ich, was Bune alarmiert hat: eine Kolonne aus sechs menschlichen Gestalten, von Kopf bis Fuß in weiße Lumpen gehüllt, wie Gespenster. Sie gehen Schritt für Schritt, langsam wie Faultiere, und ihre Augen sind starr und dunkel in weißen Gesichtern. Sie scheinen keine Waffen zu tragen, und doch umgibt sie eine Aura der Gefahr.
    Bune ist verschwunden. Der Schnee scheint ihn verschluckt zu haben. Auch die anderen sehe ich nicht mehr. Wo haben sie sich versteckt?
    Als hätte ich diese Gedanken laut ausgesprochen und so meine Position verraten, hebt eines der seltsamen Geschöpfe den Kopf und sieht in meine Richtung. Es trägt keine Atemmaske und schnuppert mehrmals. Sein Gesicht hat menschliche Züge, aber die Augen erscheinen mir sonderbar – sie glotzen wie die eines Toten.
    Die weiße Gestalt macht einen Schritt auf den Schneehügel zu, hinter dem ich mich nicht zu rühren wage.
    Noch einen Schritt.
    Ich nehme ihren Geruch wahr. Selbst durch den Filter der Atemmaske.
    Es ist kein fauliger Gestank wie bei den lebenden Toten im Swimmingpool.
    Es ist ein angenehmer Geruch …
    Plötzlich fällt mir das Wort ein.
    Parfüm.
    Wann habe ich dieses Wort das letzte Mal benutzt?
    Seit dem Tag des

Weitere Kostenlose Bücher