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Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
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Ohren, wie das Knurren eines riesigen Tiers. Ihm folgt ein von oben kommendes Zischen.
    Sechs lange Neonröhren an der Decke flackern und leuchten. Der Strom stammt von dem Generator, den Bune gerade angeworfen hat.
    Es ist eine ganze Weile her, seit ich zum letzten Mal Benzin gerochen habe. Ich empfinde den Geruch als sehr angenehm – schon als Kind hat er mir gefallen, genauso wie der von Modellklebstoff. Früher befürchtete man, dass das Erdöl die Menschheit umbringen würde. Heute, zwanzig Jahre später, ist Benzin kostbarer als Gold. Das Ende der Welt ist gekommen, ja, aber Benzin hatte damit nichts zu tun.
    Ich atme tief durch. Die anderen lächeln.
    »Gut, nicht wahr?« Bune lacht. »Viel besser als Leichenschweiß.«
    Ein weiterer Begriff aus dem Jargon dieser Gruppe, denke ich. Ich möchte ebenfalls lächeln, bin aber viel zu sehr von dem erstaunt, was mich umgibt.
    Der Raum ist sauber. Nirgends zeigt sich Staub. Und die Umrisse, die ich eben nicht zu deuten wusste … Zehn nagelneue Motorschlitten stehen dort, von grauen Tüchern bedeckt. Die Männer ziehen die Tücher herunter, und ich sehe die Farben. Beim allmächtigen Gott, wie schön sie sind …
    Feuerrot, Leuchtendblau, Smaragdgrün …
    Plötzlich erinnere ich mich wieder an die Namen der Farben, und diese Erinnerungen tragen mich zurück in eine Welt, die nicht nur grau und schwarz war, die Licht, Farben und wundervolle Geräusche hatte.
    Ich nähere mich einem der Motorschlitten, streiche mit den Fingerkuppen über die Wölbung des Tanks. Auch durch den Handschuh spüre ich glatte Perfektion.
    Ich fühle mich dem Gral einer mythischen Epoche gegenüber, in der Maschinen wie diese über die Erde herrschten. Sie sind zusammen mit jener Welt untergegangen, und heute gibt es nicht einmal mehr Tiere, die Menschen und ihr Gepäck tragen können. Keine Pferde, Esel oder Maultiere. In dieser neuen Welt kommt eine Katze – von einem Hund ganz zu schweigen – einem Wunder gleich.
    Wir haben alle Tiere gegessen, deren Fleisch einigermaßen genießbar ist.
    Und wir machen selbst vor dem Menschen nicht halt.
    In gewisser Weise sind wir alle Kannibalen. Man muss nicht unbedingt ein Monstrum sein, um unseresgleichen zur Ernährung heranzuziehen. In den Gewächshäusern der Calixtus-Katakombe werden Fleisch und Knochen von Verstorbenen als Dünger verwendet. Und die Kerzen, die unsere unterirdischen Altäre schmücken und auf unseren Schreibtischen Licht spenden … Woraus bestehen sie wohl? Aus Bienenwachs? Es gibt keine Bienen mehr. Jemand hat einmal gesagt, dass die Welt ohne Bienen verloren wäre: ohne Bestäubung keine Früchte, kein Obst. Wehe, wenn die Bienen aussterben! Das Gegenteil ist eingetreten: Die Katastrophe hat die Bienen umgebracht. Und aus der Ära des Fortschritts wurde ein neues Mittelalter.
    Natürlich wissen wir nicht, wie die Lage anderenorts beschaffen ist. Es käme einer Ironie des Schicksals gleich, wenn sich die Finsternis nur auf dieses Land herabgesenkt hätte und das Leben in anderen Ländern seinen normalen Gang nähme. Maxim schüttelte den Kopf, als ich ihm von diesem Zweifel erzählte.
    Ich fürchte, es ist überall so wie bei uns, antwortete er. Der ganze Planet ist hopsgegangen. Zuerst die Bomben, und dann der nukleare Winter.
    In tausend oder einer Million Jahren entwickeln sich vielleicht neue bienenartige Insekten, möglicherweise aus den Schaben, den einzigen Tieren, die uns hier unten Gesellschaft leisten. Der eine oder andere tief im Boden liegende Keim treibt vielleicht aus. Früher oder später wird die Erde wieder grün, es wird auch andere Farben geben, das Summen der Insekten und Zwitschern der Vögel kehrt zurück …
    Aber derzeit ist die Welt so gut wie tot, und auf der Oberfläche der Erde wandeln Geschöpfe, die Albträumen entsprungen zu sein scheinen.
    Aber dann wird es keine Menschen mehr geben, betonte Maxim und hob sein leeres Glas, wie für einen ironischen Gruß an unsere dem Untergang geweihte Spezies.
    Ich ziehe die Hand vom Motorschlitten zurück, den Blick noch immer auf glänzendes Metall und makellosen Lack gerichtet.
    YAMAHA steht an der Seite.
    »Können Sie damit umgehen, Pater?«, fragt Durand und zieht das Tuch von einem weiteren Schlitten. Dieses Exemplar ist schwarz und dickbauchig wie ein Skarabäus.
    »Ja. Wo ich als Junge gewohnt habe, waren die Winter sehr streng. Viele Jahre sind vergangen, seit ich zum letzten Mal einen Motorschlitten gefahren bin, aber ich schätze, ich werde

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