Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
das Seitenfenster herunter.
Der Hauptmann beugt sich vor. »Bune, du verdammter Idiot!«
Etwas schlägt gegen die Flanke des Hummers, mit solcher Wucht, dass Adèle zur Seite geworfen wird und gegen mich stößt.
Ein dunkler Ast kommt durchs Fenster herein.
Nein, es ist kein Ast, sondern ein Arm! Ein langer, dürrer Arm, grau und mit fünf Klauen am Ende. Er wird noch länger, tastet durch den Innenraum des Wagens und versucht uns zu packen. Er schlingt sich um Bune, der einen schmerzerfüllten Schrei ausstößt.
Durand und Wenzel stoßen wieselflink die Türen auf und springen mit gezogenen Pistolen hinaus. Mehrere Schüsse knallen. Ein zweiter Arm streckt sich durchs Fenster, gefolgt von einem monströsen Gesicht, oder einer Schnauze, wie die eines entstellten Hunds, mit Schaum an den krummen Zähnen. Verblüfft sehe ich, wie Adèle der Kreatur den Lauf ihrer Waffe ins Maul rammt und abdrückt.
Der Kopf des Wesens ruckt nach hinten, und Blut spritzt ans Dach des Wagens. Die Klauen lösen sich von Bune, der die Gelegenheit nutzt und ebenfalls hinausspringt, in der rechten Hand eine Pistole und in der linken ein Messer. Er schreit wie ein Irrer, leert das ganze Magazin der Pistole und wirft sich dann allein mit dem Messer etwas entgegen, das ich im Dunkeln nicht sehen kann, in der Finsternis, die plötzlich voller Bewegung ist. Immer wieder fallen Schüsse. Offenbar hat sich dem Kampf auch die Besatzung des zweiten Hummers hinzugesellt, denn es wird aus mehreren Waffen gefeuert, und ich höre zahlreiche Stimmen, untermalt vom Brüllen angreifender oder sterbender Kreaturen. Es herrscht völliges Durcheinander.
Auch Adèle verlässt den Wagen. Ich will nicht allein zurückbleiben und folge ihr.
Sie schießt, schickt eine Kugel nach der anderen in die Dunkelheit, wechselt dann das Magazin. Ein Wesen greift von rechts an, und sie feuert erneut, auf den Kopf. Das Geschöpf geht zu Boden, mit einem Schrei, der zu einem Stöhnen wird. Überall liegen reglose Körper, und keiner von ihnen scheint menschlich zu sein. Die Kreaturen haben fledermausartige Flügel und lange, dünne Arme.
Nur das Aufblitzen der Schüsse weist mich darauf hin, wo die anderen sind. Silhouetten und schemenhafte Gestalten bewegen sich in der Finsternis, und manchmal verschmelzen sie miteinander.
»Schieß, John!«, ruft Adèle. Sie sieht sich erneut einer der Kreaturen gegenüber, und ihre Waffe ist leer.
»Schieß, verdammt!«
Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich meine Maschinenpistole in Händen halte. Hastig richte ich sie auf das Wesen und drücke ab. Nichts. Ich versuche es erneut. Wieder nichts. Offenbar habe ich eine Ladehemmung. Ich will die Schmeisser wegwerfen, als ein Mann neben mir erscheint und auf das Geschöpf feuert, das Adèle in Bedrängnis gebracht hat.
Dann wendet sich der Mann an mich, sein Gesicht eine Fratze des Zorns.
»Du musst sie erst entsichern, Idiot!«
Ich hantiere an der Maschinenpistole, bis ich den Sicherungsbügel finde und betätige. Gerade noch rechtzeitig, denn im Scheinwerferlicht des zweiten Geländewagens sehe ich zwei riesenhafte Wesen, pelzig wie Bären und mit Augen, die in der Dunkelheit zu glühen scheinen.
Durand sinkt neben mir auf ein Knie und zielt.
Ich nehme mir ein Beispiel an ihm. Adèle schießt mit ihrer Schmeisser.
Die Kreaturen sind nur noch wenige Meter entfernt, als unsere Kugeln in ihre Körper schlagen und dabei kleine rote Geysire erzeugen. Das Maul eines Wesens zerplatzt regelrecht, und es kippt zur Seite, bleibt im Schnee liegen. Das zweite Ungetüm stapft weiter, aber dann knicken seine drei blutigen Beine ein, und es sinkt ebenfalls zu Boden.
Dem Tode näher als dem Leben versucht es dennoch, nach uns zu schnappen. Das eine unversehrt gebliebene Auge überrascht und bestürzt mich, denn darin erkenne ich eine fast menschliche Intelligenz, die mir nicht bösartig erscheint. Der Blick dieses einen Auges hält mich fest, und ich gewinne den Eindruck, dass es immer größer wird, als wollte es mich aufnehmen.
Ich glaube, eine Art Musik zu hören, ein Brummen, das fast eine Melodie ist.
Dann ein Knall. Ohrenbetäubend laut. Ein Schuss.
Die Kugel zerreißt das blaue Auge.
Hauptmann Durand steckt seine Pistole wieder ins Halfter und sieht sich nervös um. Die Sorge verschwindet erst aus seinem Gesicht, als er sieht, wie Adèle Lombard mit ihrer Maschinenpistole aus der Dunkelheit tritt.
Es fallen noch einige weitere Schüsse, und dann folgt Stille – der Kampf ist
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