Die Yoga-Kriegerin
in der Wüste tödlich sein. Sonnenstich und Dehydratation sind die Hauptgefahren. Ich zog mich also während dieser Zeit in den Schatten eines kleinen Hügels zu rück und legte mich auf flache Felsen, die mich wärmten, ohne mich zu braten.
Bald stellte ich fest, dass auch die Klapperschlangen sie mochten. Es hatte etwas wirklich Beruhigendes, mit ihnen abzuhängen; sie hatten so eine Art entspannter Hyperwachsamkeit. Ich studierte ihre Signale, wie sie ihre Zungen schnellen ließen und ihre Köpfe bei der Wahrnehmung ihrer Welt herumbewegten. Sie unterhielten sich mittels Bewegungen und Kontakt und Rasseln. Sie suchten keine Un t erhaltung mit mir; ich sprach nicht dieselbe Sprache. Ich sandte immer eine stille Nachricht an sie aus – Hallo, ich bin hier! Beiß mich nicht . Normalerweise antworteten sie nicht. Ganz selten jedoch schaffte ich es, dass mir eine Schlange antwortete. Ich spürte dann ein Gefühl in meinem Kopf und Körper, dass ich akzeptiert wurde. Bei den Schlangen lernte ich, ganz ruhig zu werden, denn Unruhe in der Nähe einer Klapperschlange könnte tödlich sein.
Diese Schlangen faszinierten mich. Ich sah, dass sie nicht nur hübsch, sondern auch erstaunlich schön waren – sie hatten so etwas Funkelndes. Ich tat, was die Ureinwohner Nordamerikas »Seeing in Beauty« (in Schönheit sehen) nennen. Beauty, das sind Brände und Fluten, die brennende Sonne und die Muster auf der Haut einer Klapperschlange. Die wahre Schönheit dieser Erde zu spüren – die Mühen genauso wie die wunderbaren Oberflächen und Tiefen – ist das Fantastischste, was es gibt.
Ich war so ein fertiges Wrack zu jener Zeit. Mit den Pferden zu kommunizieren, mit den Kojoten zu heulen und in der Stille zu sein, die Gegenwart der Schlangen zu akzeptieren – das alles ließ mein eis kaltes Herz langsam auftauen. Ich war noch nicht bereit, jemand anderem meinen Schmerz zu zeigen – Ich bin verletzt war ein Geheim nis. Die Einsamkeit war kein Problem – die Zeiten, in denen mich meine Mutter vernachlässigte, waren traurigerweise die besten in unserer Beziehung. Es war eine Wohltat, allein zu sein, fern von den Menschen. Dennoch konnte ich auf keinen Fall zeigen, wie verletzt ich war. Wenn du in der Tierwelt Schmerzen zeigst, sagst du im Grunde genommen: Hey, ich bin dein Mittagessen. Komm schon, hol mich . Die Menschen haben denselben Instinkt dafür, die zu jagen, die verletzbar sind.
Manchmal konnte ich spüren, wie sich in mir ein giftiger Sturm zusammenbraute, aber ich wusste noch nicht genau, was mit mir passiert war. Ich erinnerte mich an die körperliche Gewalt durch meine Mutter, wenn sie mich mit der Rute verhaute, aber das schien nicht diese ungeheure Größe des Sturms in mir zu erklären. Ich verstand das erst später. Da war etwas passiert, was so schrecklich war, dass ich mich nicht daran erinnern konnte. Ich begann zu begreifen, dass es da eine große gepanzerte Tür gab, die vollkommen zu war – verriegelt und zugekettet –, und dahinter war etwas, was mich auslöschen würde, wenn es jemals herauskäme.
Dass ich diese Wahrheit im Bauch spüren konnte, war für mich der auslösende Moment, eine Wahrheitssprecherin zu werden.
DAS WESENTLICHE AUSSPRECHEN
Truth Speaking – das Sprechen aus einer Position der tiefen Ehrlichkeit und des Mitgefühls heraus – treibt uns in ein sehr ergiebiges Gebiet der Gefühle. Jedes Mal, wenn wir die Wahrheit aussprechen , bringt es die Spinnweben und die Düsterkeit in unserem Leben zum Erzittern und zapft wieder die Schönheit in unserer Welt, in uns selbst und in unserem Gegenüber an. Wie unglaublich erfrischend es doch ist, über das sprechen zu können, was wirklich wichtig ist, und hinter unseren Fassaden und unseren kleinen dümmlichen Unterhaltungen hervorzutreten, von denen uns immer gesagt wurde, sie seien ein notwendiges soziales Schmiermittel. Wenn wir einander die Wahrheit aussprechen, wird in uns das Verlangen danach ge weckt, die Wahrheit zu uns zurückkommen zu lassen, sobald wir den Schock überwunden haben.
Ich möchte dich ermutigen, diesen abenteuerlichen und aufregenden Weg des Wahrheit-Sprechens zu gehen, weil er so unermesslich reich ist. Er ist auch riskant. Aber was riskierst du schon? All die Fas saden, die dein Leben düster und langweilig und selbstzufrieden machen. Durch das Sprechen der Wahrheit lernen wir den Unterschied zwischen unserem authentischen Selbst und unserer Fassade kennen. Wenn wir nur unser kleines maskiertes Selbst nach
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