Die Yoga-Kriegerin
sich um mich. Weil ich mit allem fertig war, weil mir alles völlig egal war, konnte ich schließlich voll und ganz die Kost bar keit des Augenblicks spüren, wie das vergängliche Gefühl, wenn der Regen kam – nur noch intensiver. Die Nacht, die Sterne, die Klippe … sie alle stellten nicht mehr und nicht weniger als pure Schönheit dar. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich Ruhe, Gelassenheit.
In Ordnung. Jetzt. Ich stand auf, rannte los und sprang von der Klippe. Ich flog und beobachtete immer noch die Sterne – ohne Bedauern.
Ich kann mich an keinen Schmerz beim Aufprall erinnern. Hat mich der Schock davor bewahrt? Hat meine Seele meinen Körper verlassen, bevor ich auf die Erde aufschlug? Ich weiß es nicht. Ich habe mir vorgestellt, wie es sich angefühlt haben muss, aber ich kann meine Fantasie nicht von meiner Realität trennen. Ich weiß nur, dass ich eine Weile bewusstlos war; dann kam ich wieder zu mir und war etwas orientierungslos. Als ich feststellte, dass ich nicht tot war, bekam ich eine Scheißwut ! Ich spuckte Sand, wischte ihn aus den Augen, den Haaren, der Nase, den Ohren. Überall Sand. Sand? Ich sah mich um. Ich war in einem Sandhaufen gelandet, der definitiv vor ein paar Stunden noch nicht da gewesen war. Wie konnte das nur passieren? Ich hätte nicht den Funken einer Überlebenschance ge habt, wenn ich auf diese Felsen aufgeschlagen wäre, und ich wusste ganz sicher, dass der Sandhaufen davor nicht da gewesen war.
Also was nun?
Das war kein Hilferuf; ich war entschlossen, mein Leid zu beenden. Aber was ich jetzt am Hals hatte, waren gewaltige Prellungen und Abschürfungen und mörderische Kopfschmerzen. Ich rappelte mich hoch und ging langsam zurück zum Stall, hinkend, knurrend, fluchend, schmerzerfüllt – all diese Schmerzen, mit denen ich nun weiterleben musste. Als ich in den Stall zurückkam, ließ ich mich einfach fallen und beobachtete, wie die Prellungen sich violett verfärbten, während ich weitere Sandkörner aus meiner Haut herauspickte. Ich war völlig schockiert darüber, dass ich aus irgendeinem unerklärlichen Grund noch am Leben war.
Ich verstehe inzwischen, dass die Schutzgeister an jenem Tag ein wenig interveniert hatten. Ich schätze mal, dass sie nicht dazu bereit gewesen waren, mich mein Leben beenden zu lassen. Sie wollten, dass ich mein Leben beginne , ein echtes Leben, ein Leben mit einem Sinn. Mit siebzehn wusste ich nicht, wie dieses Leben aussehen würde, aber ich begann zu realisieren, dass ich eine Chance bekommen hatte, meinen Mut auf die Probe zu stellen, indem ich lebte.
TANZ MIT DEM TOD
Seit meinem Sprung von dieser Klippe hatte ich zig Möglichkeiten mitzuerleben, wie die Nähe zum Tod eine erschreckende Klarheit bringen kann. Der Tanz mit dem Tod – Zeit, mit Sterbenden zu verbringen, mit der Energie des Todes zu arbeiten, sogar sich an ihn zu kuscheln – das waren für mich bei Weitem die lehrreichsten Lektionen über das Leben.
Als ich in meinen Zwanzigern war, ließ ich mich von Rosalyn Bruyere, einer energetischen Heilerin und einem Medium, ausbilden. Rosalyn ist eine Medizinfrau der Hopi-, Navajo- und Cree-Na tionen und sehr versiert im Diagnostizieren, wo die Energie der Menschen geschwächt ist. Sie konnte mit ihren Händen Energieblockaden bei Menschen spüren und ihren eigenen Fokus und die Energie dafür einsetzen, diese Kanäle wieder zu öffnen. Ich hoffte, dass das Lernen mit ihr meine eigenen Heilkräfte kanalisieren und lenken und mich zur Magie führen würde.
Mein Studium bei den Medizinleuten der Ureinwohner Nordame rikas lehrte mich, dass es wichtig ist, jeden Aspekt deines Selbst wie die Facetten eines Edelsteins zu betrachten und ihm einen Platz und einen Zweck in dir zu geben. Auf diese Weise sabotiert es dich nicht oder taucht auf schockierende und unpassende Weise auf, wie es so oft passieren kann. Als ich das begriff, begann ich, andere Aspekte in meinem Kreis als meine Heilpartner zu akzeptieren und einzuladen. Ich übernahm Dinge von anderen Traditionen, sodass ich eine ganzheitlichere und effektivere Heilerin wurde.
Mein Lernen schloss auch das Unterrichten von Yoga und das Fließenlassen von Energie ein, eine uralte Methode, bei der die Naturkräfte herangezogen werden. Wenn ich Energie fließen lasse, be wege ich das Prana , die Lebenskraft, durch mein Herz und meine Hände in eine andere Person. Die angeborene Intelligenz dieser Per son nutzt dieses energetische Geschenk nach eigenem
Weitere Kostenlose Bücher