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Die Zaehmung

Titel: Die Zaehmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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an, bis Rogan sich umdrehte und sie anblickte. Er hatte Kinder nie sonderlich beachtet; aber er stellte fest, daß dies ein hübsches Kind war mit ausdrucksvollen dunklen Augen, die ihn studierten.
    Das Kind gab ihm die Dattel, und als Rogan sie entgegennahm, schien es das für eine Einladung zu halten. Es drehte sich um, ließ sich auf seinen Schoß fallen und schmiegte sich dann mit dem Rücken an seine Brust.
    Rogan blickte entsetzt auf den Wuschelkopf des Kindes hinunter.
    »Das macht sie bei fremden Leuten nie«, sagte Gaby. »Das ist meine Sarah.«
    »Nimm sie«, raunte Rogan Liana zu. »Schaff sie mir vom Leib.«
    Liana stellte sich plötzlich taub. »Hier, Sarah, gib diese Feigen deinem Onkel Rogan.«
    ' Feierlich nahm das Kind eine Feige entgegen und hielt sie an Rogans Mund. Als er versuchte, sie ihr wegzunehmen, protestierte sie laut. Mit einem Gesicht, als habe er noch nie so etwas Unangenehmes machen müssen, öffnete er den Mund und ließ sich von dem Kind mit der Feige füttern.
    Liana ließ nun das Gespräch mit Gaby keinen Moment abreißen und tat so, als beachtete sie Rogan und das Kind gar nicht, während sie Sarah ständig mit Datteln und Feigen versorgte. Als das Kind müde wurde, ihren Onkel zu füttern, lehnte es sich gegen Rogan und schlief ein.
    Nur zu schnell senkte sich die Sonne dem Horizont zu, und Liana wußte, daß es Zeit wurde, nach Hause zu gehen. Sie wünschte sich, diese angenehmen Stunden fänden nie ein Ende, und sie wollte nicht in die düstere Burg von Moray zurückkehren und — möglicherweise — zu einem Ehemann, der sie abermals ignorierte. Sie legte ihre Hand in die seine und ihren Kopf an seine Schulter. Eine Weile lang saßen sie so da, das schlafende Baby auf seinem Schoß.
    »Das war der schönste Tag meines Lebens«, flüsterte Liana. »Ich wünschte, er ginge nie zu Ende.«
    Rogan drückte sie kurz mit dem Arm, den er um sie gelegt hatte, an sich. Es war ein nutzlos vergeudeter Tag, und er hatte sich vorgenommen, nie mehr so leichtfertig mit seiner Zeit umzugehen; aber er stimmte ihr insofern zu, daß es . . . nun, kein unangenehmer Tag gewesen war.
    Es war Sarah, die jetzt aufwachte und zu greinen begann und nun allen deutlich machte, daß sie in ihre jeweiligen Wohnungen zurückkehren mußten.
    »Du wirst morgen in die Burg kommen?« fragte Liana Gaby und sah Tränen der Dankbarkeit in den Augen der Frau.
    Liana hatte sich schon Gedanken gemacht, wie sie Gaby zur Herrin ihres Haushalts ernennen könne. Gaby würde dafür sorgen, daß die Mägde die Burg sauber hielten, und Liana hätte dann mehr Zeit für ihren Gatten.
    Einige Minuten später begannen Rogan und Liana in der zunehmenden Abenddämmerung langsam zur Burg zurückzuwandern. Sich bei den Händen haltend, gingen sie eine Weile schweigend dahin.
    »Ich wünschte, wir müßten nicht zurückgehen«, sagte Liana. »Ich wünschte, wir könnten so sein wie Gaby und Baudoin und irgendwo in einer einfachen Hütte wohnen . . .«
    Rogan schnaubte. »Sie schienen mir aber nur zu willig, ihre einfache Hütte mit der Burg vertauschen zu wollen. Diese Mahlzeit muß sie den Verdienst eines ganzen Jahres gekostet haben.«
    »Eines halben Jahres«, sagte Liana im Ton eines Menschen, der viel Zeit auf die Führung von Kontobüchern verwendet hatte. »Aber sie lieben sich«, setzte sie verträumt hinzu. »Ich konnte das an Gabys Augen sehen.« Sie blickte zu Rogan hoch. »Wie sie Baudoin ansah, muß auch ich dich wohl ansehen.«
    Rogan blickte geradeaus auf die Burgmauern von Moray. Es war zu einfach für sie gewesen, am Morgen unerkannt durch das Tor zu schlüpfen. Wenn nun die Howards, etwa als Gemüsehändler verkleidet, um Einlaß baten? Er mußte die Wachsamkeit der Burgbesatzung erhöhen.
    »Hast du gehört, was ich gerade sagte?« fragte Liana.
    »Vielleicht sollte er verlangen, daß die Bauern, die in die Burg gelassen wurden, ein Abzeichen trugen. Natürlich konnte man ein Abzeichen stehlen; aber . . .
    »Rogan!« Liana war stehengeblieben, und da sie seine Hand festhielt, war er ebenfalls gezwungen, anzuhalten.
    »Was ist denn?«
    »Hast du mir zugehört?« fragte sie.
    »Ich habe jedes Wort gehört, das du sagtest«, antwortete er. Vielleicht sollten sie neben dem Abzeichen auch noch . . .«
    »Was habe ich gesagt?«
    Rogan blickte sie verständnislos an. »Was über wen gesagt?«
    Sie preßte kurz die Lippen zusammen. »Ich sagte dir, daß ich dich liebe.«
    Vielleicht eine Parole, die täglich geändert wurde.

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