Die Zaehmung
das Training im Felde vernachlässigen, um seinen Kopf in ihren Schoß zu legen.« Bitterkeit sprach nun aus seiner Stimme. »Von jetzt an wird sie in ihrem Zimmer bleiben und nicht mehr versuchen, sich in unser Leben einzumischen. Kein dauerndes Putzen und Wischen mehr und kein . . .«
». . . vernünftiges Essen«, warf hier Zared ein. »Mir gefällt die Burg aber so besser. Und ganz bestimmt gefallen mir diese Mahlzeiten besser.«
Severn wies mit seinem Eßmesser auf Zared. »Luxus ist der Anfang des Verderbens für jeden Mann, und keiner weiß das besser als unser Bruder. Rogan . . .«
». . . verlor die Wette.«
Severn machte eine kurze, wegwerfende Handbewegung und sagte: »Ja, er mag zwar die Wette verloren haben; aber er bekam immerhin, was er wollte, als Bezahlung.«
»Vielleicht«, sagte Zared und bestrich sich eine dicke Scheibe Brot mit süßer, frisch geschlagener Butter. »Aber es war doch wiederum ihre Entscheidung, was sie mit ihm anstellen wollte, oder etwa nicht? Und sie gewann die Wette, wie du zugeben mußt. Sie lieferte uns die Diebe, die du und Rogan monatelang vergeblich gesucht habt. Und sie . . .«
»Glück«, unterbrach Severn mit vorgeschobenem Kinn. »Blindes, dummes Glück. Zweifellos wollten die Bauern die Diebe gerade ausliefern, als sie zufällig dazukam und den Erfolg für sich beanspruchte.«
»Jaja«, sagte Zared. »So ist es sicherlich gewesen.«
»Mir gefällt der Ton nicht, in dem du das sagst«, schnaubte Severn.
»Und mir gefällt deine Dummheit nicht. Diese Frau hat in kurzer Zeit eine Menge Arbeit geleistet, und dafür verdient sie Anerkennung. Und was noch wichtiger ist — ich glaube, daß Rogan sich in sie verliebt.«
»Verliebt!« fauchte Severn. »Verliebt! Rogan würde niemals so schwach sein, sich in eine Frau zu verlieben. Er hat Hunderte von Frauen gehabt — tausend —, und bei keiner ist ihm so etwas eingefallen. Er würde so etwas nicht tun. Dazu ist er viel zu vernünftig.«
»Bei Jeanne Howard war er aber nicht so vernünftig.«
Severns Gesicht nahm eine purpurrote Färbung an, die ihm gar nicht gut stand. »Was weißt du schon von dieser Frau? Du warst ein Kind, als sie hier wohnte. Sie hat Basil und James mit ihrem Verrat getötet.« Er beruhigte sich wieder ein bißchen. »Egal — Rogan weiß, wie Frauen sind, besonders, wenn es sich um Ehefrauen handelt.« Er blickte zu Zared hinüber und grinste. »Und außerdem hatte Rogan nie etwas für eine Frau übrig, wenn er erst einmal mit ihr gepennt hat. Bestimmt hat er jetzt diese Frau so satt, weil er gestern mit ihr den ganzen Tag im Bett verbrachte, daß er sie vermutlich nach Bevan verbannen wird. Und dann werden hier wieder normale Verhältnisse einziehen.«
»Mit normal meinst du wohl Ratten auf den Treppen und vergessene Leichen im Burggraben, wie? Weißt du, was mit dir nicht stimmt, Severn? Du bist eifersüchtig. Du möchtest nicht, daß dein Bruder auch noch jemand anderem seine Aufmerksamkeit zuwendet neben dir. Du möchtest ihn für dich allein haben. Du willst nicht. . .«
»Eifersüchtig! Ich werde dir sagen, was mit mir nicht stimmt. Ich fürchte, daß Rogan die Arglist der Howards vergißt und sich nicht mehr vor ihnen in acht nimmt. Wenn diese Frau ihn verweichlicht, wird er eines Tages nicht mehr auf seinen Rücken achten, und ein Pfeil wird ihn durchbohren. Ein Mann kann kein Peregrine sein und nebenbei noch Weiberröcke tragen. Du solltest das am besten wissen.«
»Ich weiß«, sagte Zared leise. »Aber wenn Rogan nun wirklich . . . etwas für sie empfindet?«
»Das wird er nicht. Glaube mir. Ich kenne meinen Bruder besser als er sich selbst. Er kann sich ja nicht einmal an den Namen dieser Frau erinnern; also besteht auch nicht die geringste Gefahr, daß er sich in sie verliebt.«
Zared wollte etwas darauf erwidern; aber ein Geräusch auf der Treppe in ihrem Rücken veranlaßte die Geschwister, sich umzudrehen.
Rogan und Liana betraten den Raum, beide in prächtige Gewänder aus Silberbrokat gekleidet und Rogan mit noch feuchten Haaren, als habe er diese gerade gewaschen. Liana hatte ihren Arm unter den seinen geschoben, und er hielt ihre Hand fest.
Noch ungewöhnlicher als Rogans Kleidung und Verhalten war der Ausdruck seines Gesichts. Es lag kein ausgesprochenes Lächeln darauf; aber immerhin etwas, das diesem sehr nahekam, und seine Augen schienen zu sprühen vor Leben, als er hinuntersah in das verklärte Antlitz seiner Frau . . .
»Vielleicht«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher