Die Zahl
»Irgendetwas muss es doch geben, das diese Begriffe verbindet.«
Ein schriller Ton riss die beiden aus ihren Gedanken.
»Mein Handy«, sagte Lorentz und sprang auf. »Hallo, Peter ... Was? ... Im Ernst? ... Du bist ein Genie! ... Dann erklär mal!« Er bedeutete Capelli, dass sie ihm etwas zu schreiben geben solle. »Peter sagt, er hat die zweite Zeile gelöst«, flüsterte er ihr zu.
»Jemand soll ertrinken«, sagte Lorentz, nachdem er aufgelegt hatte, und hielt Capelli den Zettel hin. »Die zweite Zeile hat mit
den Bereichen Geschichte und Literatur zu tun. Wolf steht für Virginia Woolf, sie hat sich umgebracht, indem sie sich Steine in die Taschen füllte und in den Fluss Ouse in Sussex gewatet ist. Rot könnte für Friedrich I. stehen, auch besser bekannt als Barbarossa, also Rotbart. Er ertrank im zwölften Jahrhundert im Fluss Saleph in der Türkei. Die genauen Umstände seines Todes sind ungeklärt. Teils wird berichtet, er habe sich durch ein Bad abkühlen wollen, nach einer anderen Überlieferung wurde er bei der Flussüberquerung vom Pferd geworfen und durch das Gewicht seiner Rüstung unter Wasser gezogen. Man spekuliert auch, dass er angesichts der Sommerhitze und seines Alters im eiskalten Gebirgswasser einen Herzschlag erlitt.«
»Du schwafelst schon wieder«, sagte Capelli ungeduldig. »Was ist mit dem Märchen?«
»König Ludwig II . wurde auch der ›Märchenkönig‹ genannt. Er ertrank im seichten Uferwasser des Starnberger Sees – obwohl er als vortrefflicher Schwimmer galt.«
Capelli überlegte kurz. »Das klingt überzeugend. Wir müssen sofort Otto Bescheid sagen.«
...
Nachdem Morell in Kenntnis gesetzt worden war, fing er sofort an, sämtliche Seen, Flüsse, Bäche und Teiche in und um Landau auf einer Karte einzuzeichnen. Er war in Panik. Er musste schnell sein und konnte dabei nur hoffen, dass es Lorentz und Capelli gelingen würde, die beiden letzten Zeilen des Rätsels zu lösen, die die Stelle genauer bezeichnen würden.
»Und was jetzt?«, fragte Bender.
»Jetzt lässt du alles stehen und liegen und fährst alle diese Orte hier ab.« Morell gab Bender die Karte, auf der er eine Hälfte der Wasserstellen rot und die andere grün markiert hatte. »Du nimmst die Roten. Kontrolliere jeden Bach, jeden Tümpel, jeden Weiher und jedes noch so kleine mit Wasser gefüllte Loch, das dir in den
Sinn kommt. Ich bin in der Zwischenzeit unterwegs und kontrolliere die grün eingezeichneten Stellen.«
»Alles klar!« Bender nahm die Karte und wollte den Raum verlassen.
»Robert«, rief Morell ihm nach.
»Ja?«
»Sei bitte vorsichtig! Tu nichts Unüberlegtes. Wenn irgendetwas Verdächtiges passiert, dann rufst du mich sofort an und wartest, okay?«
...
»Otto kümmert sich darum, dass alle Gewässer kontrolliert werden«, sagte Lorentz, der kurz ins Vorzimmer gegangen war. »Mehr kann er im Moment nicht tun. Jetzt müssen wir so schnell wie möglich die anderen Zeilen lösen.«
»Pyramid – Castor – Puschkin«, zitierte Capelli die dritte Zeile. »Irgendwelche Ideen dazu?«
»Leider immer noch nicht. Zu den einzelnen Begriffen fällt mir einiges ein, aber ich sehe keine Verbindung. Bei Pyramid denke ich natürlich als Erstes an die Pyramiden von Gizeh. Es gibt aber auch andere Völker, die Pyramiden gebaut haben, zum Beispiel die alten Kulturen in Lateinamerika.«
»Wir bräuchten also einen Ägyptologen, einen Altertumsforscher oder einen Südamerika-Kenner.«
»Oder einen Architekten.«
»Gute Idee«, sagte Capelli und notierte das. »Wie sieht es mit dem Begriff ›Castor‹ aus. Mir fallen da sofort die Castor-Transporte ein.«
»Stimmt«, nickte Lorentz und deutete auf den Computerbildschirm. »Hier steht, dass Castor ein Spezialbehälter zur Lagerung und zum Transport hochradioaktiver Stoffe ist.«
»Wir müssten also einen Atomphysiker oder Nuklearforscher befragen.«
»Castor ist aber auch eine Figur aus der griechischen Mythologie«, klärte Lorentz Capelli auf. »Der sterbliche Castor hatte einen Zwillingsbruder, den Halbgott Pollux. Als Castor starb, wollte Pollux nicht ohne seinen geliebten Bruder sein, und deshalb verwandelte Zeus die beiden in ein Sternbild.«
»Verstehe. Wir bräuchten also einen Altertumsforscher oder einen Astronomen.«
Lorentz nickte und befragte weiter das Internet. »Alexander Puschkin war ja ein sehr bekannter russischer Schriftsteller. Es gibt aber auch eine Wodkamarke, die so heißt, und eine Stadt südlich von Sankt
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