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Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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ich dir noch schnell warm machen.«
    »Das wäre toll, ich habe ziemlichen Hunger.« Lorentz konnte sich noch gut an Iris’ vorzügliche Rouladen erinnern.
    Als Iris mit einem Tablett in der Hand und einem Lächeln auf den Lippen wieder ins Wohnzimmer kam, fiel Lorentz wieder auf, wie schön sie war. Sie war allerdings ein bisschen dünner geworden, die Trauer setzte ihr offenbar doch noch sehr zu. Am liebsten hätte er sie einfach in den Arm genommen und gedrückt.
    »Hmm, die riechen gut.« Lorentz goss Soße über die Roulade. »Nimm du doch auch noch eine.«
    »Danke, ich habe keinen Hunger mehr. Ich habe zurzeit ohnehin nicht so richtig Appetit. Der Kummer und die Aufregung der letzten Tage schlagen mir ein wenig auf den Magen.«
    »Das ist aber nicht gut. Du brauchst doch ein wenig Substanz, um das alles durchzustehen.« Er nahm ihre Hand und schaute ihr in die Augen. »Versprich mir, dass du auf dich achtgibst.«
    Iris lächelte. »Keine Sorge. Ich habe mir vom Arzt schon ein paar homöopathische Tropfen verschreiben lassen. Es ist ja ein Glück, dass Markus Levi wieder da ist, der wendet viel fortschrittlichere Behandlungsmethoden an als der alte Dr.Hintermayer.«
    Lorentz stutzte. »Wieder? Wieso ist Levi
wieder
da? War der denn vorher schon mal im Ort?«
    »Du hast ihn also auch nicht wiedererkannt? Markus war in unserer Parallelklasse in der Volksschule. Damals hieß er allerdings nicht Levi, sondern Steigenberger.«
    »Was?!« Lorentz konnte es nicht fassen. »Er war in unserer Parallelklasse?«
    »Ja, sag ich doch. Sein Vater war anscheinend ein ziemlich arger Kerl. Hat gesoffen, die Mutter betrogen, wann immer es nur ging, und öfter auch mal zugeschlagen. Irgendwann hat sich die Mutter dann ihren Sohn geschnappt und ist wieder zu ihren Eltern ins
Burgenland gezogen. Der alte Steigenberger hat sich kurz darauf im Kuhstall erhängt. Anscheinend wollte Markus jede Beziehung zu seinem Vater auslöschen und hat darum den Mädchennamen seiner Mutter angenommen.«
    »Ich fasse es nicht. Der kleine Steigenberger, dieser schmächtige, blasse Kerl, der immer ein bisschen nach Kuhmist roch, soll jetzt Dr.Levi sein?!«
    »Ganz genau. Ich bin auch nur durch Zufall draufgekommen. Bei meiner letzten Vorsorgeuntersuchung hat er sich versehentlich verplappert. Ich hab ihm eigentlich versprochen, es nicht weiterzuerzählen. Er redet nicht gern über die Vergangenheit, also bitte, sprich ihn nicht darauf an. Und erzähl es bitte auch nicht weiter. Er will nicht, dass es die Leute hier in Landau wissen und dann wieder all die alten Geschichten über seinen Vater aufwärmen.«
    »Unglaublich. Der kleine Steigenberger ...«
    »Ihr habt ihm damals als Buben ganz schön zugesetzt. Lass ihn jetzt bitte in Ruhe«, bat Iris noch einmal. »Er ist ein anständiger Kerl.«
    Lorentz erinnerte sich. Der kleine Markus Steigenberger war das unbeliebteste Kind in seinem Jahrgang gewesen. Er war still und verschlossen. Oft kam er ungekämmt und mit dreckigen Klamotten in die Schule, und immer haftete ihm ein gewisser Kuhstallgeruch an. Die meisten Kinder machten einen großen Bogen um ihn, aber es gab auch einige, denen das nicht genug war und die ständig auf dem kleinen Außenseiter herumhacken mussten. Plötzlich kam Lorentz eine schreckliche Erkenntnis: Soweit er sich erinnern konnte, hatten Joe, Andreas und auch Raimund Schelling zu jenen Kindern gehört! Markus Steigenberger, oder Dr.Levi, wie er sich jetzt nannte, hatte allen Grund, einige Einwohner von Landau zu hassen.
    Lorentz sprang auf. »Tut mir leid, aber ich muss dringend los. Vielen Dank für die leckeren Rouladen.« Er griff nach seiner Jacke.
    Iris starrte ihn mit großen Augen an. »Was ist denn mit dir los? Habe ich irgendetwas Falsches gesagt?«
    »Nein, nein«, antwortete Lorentz und gab ihr zum Abschied ein Bussi auf die Wange. »Mir ist nur gerade was eingefallen, das nicht warten kann. Ich melde mich morgen, dann erklär ich dir alles, ja?«
     
    Auf der Straße versuchte Lorentz Capelli zu erreichen, aber ihr Handy war ausgeschaltet. »Nina, Nina«, murmelte er aufgeregt und wählte Morells Nummer.
    »Servus, Otto, hier ist Leander. Du wirst nicht glauben, was ich gerade herausgefunden habe.«
    »Was denn?« Morell klang müde.
    »Dr.Levi ist Markus Steigenberger.«
    »Tut mir leid, aber ich versteh gar nix. Kannst du mir das bitte genauer erklären?«
    »Okay, hör zu. Dr.Levi hat schon einmal hier in Landau gelebt, aber damals hieß er noch Steigenberger. Er

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