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Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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beherrschte – er hat übrigens einen Strahlenkranz, von dem zwölf Strahlen abgehen; Artemis, die Göttin der Jagd; die schöne Aphrodite; Hermes, der Schutzgott der Reisenden und Händler; den Kriegsgott Ares; Hephaistos, den Gott, der das Feuer und die Schmiedekunst beherrschte, und last but not least gab es da noch Hestia, die Göttin des häuslichen Herdes. Diese Götter waren übrigens nicht von Anfang an da. Vor ihnen gab es noch ein älteres Göttergeschlecht, die sogenannten Titanen, und jetzt rate mal, wie viele das waren.«
    »Zwölf.«
    »Bingo!« Lorentz war ganz in seinem Element. »Soll ich weitermachen?«
    »Wenn’s sein muss.«
    Anscheinend musste es sein, denn Lorentz fuhr ohne zu zögern fort. »Du kennst doch sicher einen der bekanntesten griechischen
Helden, nämlich Herkules. Er musste eine Reihe von Prüfungen bestehen, und zwar genau zwölf an der Zahl.«
    Capelli nickte, und noch bevor sie etwas sagen konnte, redete Lorentz schon weiter.
    »Wer war der berühmteste aller griechischen Dichter?«, fragte er und sah Capelli erwartungsvoll an.
    »Mann, ich bin Gerichtsmedizinerin und keine Philologin. Außerdem, was ist das hier? Eine Quizshow?« Sie hasste ihn! Nicht nur, dass sie sich neben ihm wie ein hässliches Entlein fühlte, jetzt kam sie sich auch noch dumm und ungebildet vor.
    »Sein Name ist Homer. Das gehört doch zur Allgemeinbildung«, sagte Lorentz vorwurfsvoll. »Auch bei ihm finden sich auffällig viele Zwölfen. Die
Odyssee
zum Beispiel ist in zweimal zwölf Verse aufgeteilt. Die ersten zwölf handeln von der Irrfahrt und die anderen zwölf von der Heimkehr. Und auch sonst wimmelt es nur so von Zwölfen. Odysseus startet seine Fahrt nach Troja mit zwölf Schiffen. Homer schreibt weiter von zwölf gewölbten Gemächern aus Marmor, zwölf stattlichen Kühen in einem Tempel und zwölf gehenkelten Krügen Wein, Odysseus geht mit zwölf Männern an Land und muss einen Pfeil durch zwölf Äxte schießen. In der
Ilias
tötet Achilles zwölf Jünglinge als Sühneopfer für seinen Freund Patroklos. Er misshandelt zwölf Tage lang den Leichnam von Hektor und bewilligt später zu dessen Bestattung eine zwölftägige Waffenruhe. Warum lächelst du so selig?«, fragte Lorentz irritiert.
    »Ich dachte gerade an Brad Pitt, wie er den Achilles im Film ›Troja‹ gespielt hat.«
    »So ein alberner Film!«, ärgerte sich Lorentz. »Wo war ich stehen geblieben ...«
    »Halt! Schon in Ordnung«, unterbrach ihn Capelli. »Ich nehme dir die Griechen ab. Wie sieht es in anderen Kulturen aus, bei den Römern zum Beispiel?«, fragte sie und hoffte, Lorentz’ Redefluss ein wenig zu bremsen. Aber Fehlanzeige!
    »Auch die Römer hatten zwölf Götter. Jeder griechische Gott hatte ein römisches Gegenüber. Der Göttervater Zeus hieß bei den Römern Jupiter, der Kriegsgott trug nicht den Namen Ares, sondern Mars, Aphrodite steht Venus gegenüber und so weiter.«
    »Und die Ägypter?«
    »Halt, das war noch nicht alles. Die Römer waren es zum Beispiel, die zwölf Monate einführten. Und bei den antiken Römern findet sich noch eine wichtige Zwölf. Das sogenannte Zwölftafelgesetz. Das ist eine sehr wichtige Gesetzessammlung, die unter anderem eine der Grundlagen für unser heutiges Rechtssystem ist.«
    »Ich wollte ein Beispiel aus Ägypten«, sagte Capelli und wünschte, dass es im Reich der Pharaonen nicht so viele Zwölfen gab.
    »Fein, dann sollst du eines kriegen. Was konnten die Ägypter denn besonders gut?«, fragte er.
    Capelli überlegte. Sie wollte sich nicht schon wieder eine Blöße geben. »Bauen?«, fragte sie verunsichert.
    »Kluges Mädchen! Ein unverzichtbares Werkzeug der Baumeister war ein Seil, das in zwölf Teile unterteilt war. Bildete man damit ein Dreieck mit den Seitenlängen drei, vier und fünf, ergab das einen rechten Winkel zwischen den beiden kürzeren Seiten. Außerdem waren die Ägypter eine der ersten Kulturen, die die Tage in zwölf Tag- und zwölf Nachtstunden unterteilten.«
    Capelli blinzelte. Lorentz war zwar unglaublich arrogant – aber irgendwie auch anziehend, wenn er gute Laune hatte. Sie wollte lieber einen guten Kaffee mit ihm trinken und ein wenig herumflirten, aber stattdessen musste sie sich von ihm belehren lassen. Sie gähnte.
    »Fein«, sagte Lorentz. »Wenn dich das langweilt, dann nenn mir eine andere Kultur oder Religion.«
    »Christentum.«
    Der zufriedene Ausdruck auf Lorentz’ Gesicht verhieß nichts
Gutes. »Auch hier wimmelt es nur so von

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