Die Zahl
und, wenn möglich, die medizinischen Gutachten dazu heraussuchen. Ich werde sie mir dann durchsehen. Vielleicht fällt mir ja was auf.«
»In Ordnung«, sagte Morell und bog auf den Parkplatz vor seinem Haus. »Ich werde Robert am besten bitten, auch die Toten aus den Nachbarorten mit einzubeziehen.« Er ließ Capelli aussteigen, verabschiedete sich und fuhr zurück aufs Revier.
Capelli hatte es tatsächlich geschafft, seinen Tag noch mehr zu versauen.
Als Morell zurück in sein Büro kam, wartete dort bereits Lorentz auf ihn.
»Ich hab’s schon gehört«, sagte Lorentz. »So ein Wahnsinn! Ich habe mich mit Andreas nach Joes Trauerfeier noch sehr nett unterhalten.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Der arme Kerl.«
Morell setzte sich ebenfalls hin. »Tja, war wohl doch etwas dran an deinem Brief«, sagte er und beschloss, erst gar nicht darüber nachzudenken, wie es möglich war, dass die Nachricht von Andreas’ Tod sich so schnell verbreitet hatte.
Lorentz nickte, und da Morell so fertig aussah, verkniff er sich das obligatorische ›Habe ich es euch nicht gesagt?‹.
Morell wunderte sich. Er hatte eigentlich ein ›Ich hab’s ja gleich gewusst‹ erwartet. »Was glaubst du, warum ausgerechnet du diese Nachricht bekommen hast?«, fragte er.
»Wenn ich das wüsste. Dann könnte ich sicher um einiges besser schlafen.«
»Wieso? Eigentlich müsstest du doch total erleichtert sein. Du dachtest ja erst, dass es sich bei dem Rätsel um eine Morddrohung gegen dich handelt. Was – wie wir jetzt wissen – eine falsche Annahme war.«
Lorentz wollte lieber nicht zugeben, dass Morell den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Es war ihm ein wenig unangenehm, dass er über Andreas’ Tod mehr erleichtert als erschüttert war. »Um ehrlich zu sein, habe ich ein ziemlich mulmiges Gefühl. Immerhin hat ein psychopathischer Mörder mit mir Kontakt aufgenommen.« Er schauderte.
»Und du hast keine Ahnung, warum er sich dafür ausgerechnet dich ausgesucht hat?« Morell griff nach seiner Tupperdose. Er hatte zwar überhaupt keinen Hunger und ein Blick auf seinen Bauch sagte ihm, dass er lieber auf seine Zwischenmahlzeiten verzichten sollte, aber er brauchte dringend etwas, um sich zu beruhigen.
Lorentz zuckte mit den Schultern.
»Denk noch einmal nach!«, forderte Morell und schob sich ein Pistazien-Ziegenkäse-Bällchen in den Mund.
Lorentz schüttelte den Kopf. »Ich habe wirklich keinen blassen Schimmer. Schließlich habe ich schon seit Ewigkeiten keinen Kontakt mehr mit Andreas gehabt.«
»Na gut. Ruf mich bitte an, sobald dir noch etwas einfällt.«
»Werde ich machen«, sagte Lorentz und wollte gehen.
»Ach, da ist noch etwas«, sagte Morell.
»Ja?« Lorentz drehte sich um.
»Der Fall hat sich ausgeweitet, und wir könnten ein wenig Unterstützung gebrauchen. Wenn dein Angebot also noch steht und du noch immer helfen möchtest ...«
Lorentz wollte eigentlich am liebsten nach Hause gehen, sich dort die Bettdecke über den Kopf ziehen und warten, bis er endlich von hier abhauen konnte. Aber dann dachte er an Joe, daran, dass er etwas wiedergutmachen wollte, und er dachte an Iris. »Okay«, sagte er nicht gerade enthusiastisch und setzte sich wieder hin. »Was kann ich tun?«
»Nina hat den Verdacht, dass Joe nicht das erste Opfer war. Sie will ein paar Listen mit den Todesfällen der letzten drei Jahre in der Region durchsehen. Es ist ziemlich viel Papierkram, und du könntest ihr dabei helfen. Sobald die Unterlagen hier eintreffen, sage ich dir Bescheid.«
»Ich bin dabei«, sagte er und stand auf.
»Ach ja«, stoppte Morell ihn erneut. »Ich brauche noch die Fingerabdrücke von dir und deiner Mutter fürs Labor. Außer euch hat sonst keiner den Brief angefasst, oder?«
Lorentz schüttelte den Kopf und schluckte. »Nein, niemand. Aber ... ähm ... könnten wir bitte meine Mutter aus dem Spiel lassen? Wenn die draufkommt, was hier los ist und dass ich mittendrin stecke, dann habe ich ab sofort keine ruhige Minute mehr.«
»Das Labor muss deine Mutter aber ausschließen können«, stellte Morell fest und zuckte mit den Schultern. »Wir werden also nicht drum herumkommen, ihre Abdrücke zu nehmen.«
Lorentz überlegte kurz. »Ich könnte dir ein Glas besorgen, das
sie angefasst hat«, sagte er und schaute Morell erwartungsvoll an. »Bitte«, drängte er, als der Chefinspektor nicht sofort auf seinen Vorschlag reagierte.
»Na gut, dann bring mir halt ein Glas vorbei.«
»Wunderbar«, sagte
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