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Die Zahlen Der Toten

Die Zahlen Der Toten

Titel: Die Zahlen Der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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hier. Wenn ihr jemanden seht oder Angst bekommt, steigt in den Pick-up und hupt, okay?«
    Beide nicken.
    Ich laufe zur Hintertür und stoße sie auf. Der Geruch von Tod und Marihuana schlägt mir entgegen. Aus dem Radio auf der Küchenablage dröhnt ein alter Led-Zeppelin-Song. Meine Nerven kribbeln wie Würmer unter der Haut. Die Angst durchströmt mich, als ich das Wohnzimmer betrete. Ich glaube zwar nicht, dass noch jemand im Haus ist, fürchte mich aber vor dem, was mich erwartet.
    Ich gehe weiter zum Flur, der eng und dunkel ist. Hier riecht es strenger, nach Blut, Kot und Verwesung. Ich umgehe eine Pfütze von Erbrochenem. Die Schlafzimmertür links von mir steht offen. Ich will nicht hineinsehen, kann aber nicht anders, und eine entsetzlich aufgedunsene Leiche kommt in mein Blickfeld. Braune, bis zum Zerreißen gespannte Haut. Schlaff herabhängendes Haar. Brüste runzlig wie Dörrobst. Schwarze Füße, am Deckenbalken festgekettet. Eine feuchte, schwarze Zunge, die zwischen geschwollenen Lippen hervorquillt.
    Ein Laut entfährt meinem Mund, als ich rückwärts in den Flur stolpere. Mein Atem ist schnell und flach, mein Magen ein fester Knoten. Ich schmecke bittere Galle. Plötzlich sind Schritte hinter mir. Ich wirbele herum, die Pistole im Anschlag.
    Glock bleibt stehen, hebt langsam die Hände. »Herr im Himmel, ich bin’s.«
    »O Mann, beinahe hätte ich Sie umgepustet.«
    Er blickt in den Flur. »Haben Sie das Haus gecheckt?«
    Ich schüttele den Kopf, kann meine Stimme nicht finden und bin verflucht nahe am Kotzen.
    Er geht an mir vorbei und sieht ins Schlafzimmer. »Heilige Scheiße.«
    Während Glock den Rest des Hauses absucht, versuche ich mühsam, mich wieder zu fangen. Als er schließlich zurück in den Flur kommt, ist mein Polizeipanzer wieder intakt.
    »Alles sauber«, sagt er.
    Mir gefällt nicht, wie er mich ansieht, als würde ich gleich durchdrehen. »Verdammt noch mal, Glock, ich hätte Detrick um Unterstützung bitten sollen«, bringe ich mühsam hervor. »Ich hätte eine SoKo bilden sollen.«
    »Damit hätten Sie das hier auch nicht verhindert. Sie ist schon eine Weile hier. Hinterher ist man immer schlauer.«
    Als Glock ins Funkgerät spricht, gehe ich in das Wohnzimmer. Durchs Fenster sehe ich Robbie Stedt und seine Freundin, die immer noch an derselben Stelle stehen wie vorhin.
    Glock stellt sich neben mich. »Pickles und Skid sind auf dem Weg.«
    Ich deute mit dem Kopf zu den Teenagern. »Wir müssen mit ihnen reden. Ich übernehme den Jungen.«
    »Die Kleine sieht tough aus.«
    »Sie sind tougher.«
    »Ich bin eben ein Marine«, sagt er, als erkläre das alles.
    Ich gehe durch die Hintertür hinaus auf Robbie zu. Die Luft ist von unglaublicher Frische, und ich trinke sie wie Wasser. Robbie sieht mich kurz an, dann senkt er den Blick. »Komm her«, sage ich.
    Glock geht mit dem Mädchen zum Streifenwagen. Robbie sieht hinter ihnen her, plötzlich verängstigt wie ein kleiner Junge.
    »Ist alles okay?«, frage ich.
    Er schüttelt den Kopf. »So was hab ich mein ganzes Leben noch nicht gesehen.«
    Ich zeige auf den Explorer. »Komm, wir setzen uns ins Warme.«
    Er wirft einen letzten Blick auf seine Freundin und folgt mir dann zum Wagen, wo er sich auf den Beifahrersitz setzt, während ich mich hinters Lenkrad schiebe. »Willst du eine rauchen?«, frage ich.
    »Ich rauche nicht.«
    Er holt Luft. »Jedenfalls keine Zigaretten.«
    »Über Pot sehe ich ausnahmsweise mal hinweg.«
    »Danke.«
    Ich lasse den Motor an und drehe die Heizung auf. »Was habt ihr hier draußen gemacht?«
    »Nichts.«
    Ich suche Blickkontakt mit ihm, doch er wendet den Kopf ab. »Du hast nichts zu befürchten«, sage ich. »Ich muss nur wissen, wie ihr die Tote gefunden habt.«
    Robbie, fix und fertig, schüttelt den Kopf. »Wir haben die Schule geschwänzt. Wollten nur ein bisschen hier rumhängen.« Er zuckt die Schulter. »Ich fasse es einfach nicht, dass das passiert ist.«
    »War jemand hier, als ihr ankamt?«, frage ich.
    »Nein.«
    »Habt ihr was angefasst? Rumgeschoben?«
    »Wir sind nur reingegangen, haben Bier getrunken. Dann haben wir das … Ding im Schlafzimmer gesehen. Himmel …«
    Die beiden Jugendlichen haben mit der Tat nichts zu tun, so viel ist klar. »Wissen deine Eltern, dass du hier bist?«
    Er schüttelt den Kopf. »Mein Dad bringt mich um.«
    »Ich überlasse es dir, es ihnen zu erklären.« An seinem Gürtel steckt ein Mobiltelefon. »Du musst sie jetzt anrufen.«
    Er stößt einen

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