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Die Zahlen Der Toten

Die Zahlen Der Toten

Titel: Die Zahlen Der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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Zeitspanne entgeht ihm nicht, und zum ersten Mal wirkt Glock überrascht. »Er ist
amisch?«
    »Damals haben die Leute geglaubt, er hätte das amische Leben hinter sich gelassen.«
    »Hat er Familie hier?«
    Ich nicke. »Einen Bruder. Ich habe schon mit ihm gesprochen.«
    »Hat er helfen können?«
    »Nein.«
    Glock sieht mich ein wenig zu eindringlich an. »Kann ich erfahren, warum wir uns für ihn interessieren?«
    »Nein. Sie müssen mir einfach vertrauen, ja?«
    Er nickt. »Okay. Mal sehn, was ich ausgraben kann.«
    Einfach so. Keine Fragen. Kein Vorwurf, im Dunkeln gelassen zu werden. Ich habe ein wenig Gewissensbisse. Vielleicht weil ich dieses Vertrauen nicht verdiene?
    »Hat das Priorität?«, fragt er kurz darauf.
    »Höchste«, erwidere ich und hoffe inständig, er findet das, was ich nicht finden konnte.

16. Kapitel
    Der Lagerraum am Ende des Flurs von meinem Büro hat sich von einer Rumpelkammer in eine Kommandozentrale verwandelt. In der Mitte befindet sich ein zwei Meter fünfzig langer Klapptisch mit acht bunt zusammengewürfelten Stühlen drum herum. Vorn steht ein wackeliger Kartentisch mit Tischpult darauf, daneben ein Tafelständer mit einem Flipchart, und an die Wand hat jemand eine Weißwandtafel genagelt. Das Telefon steht auf dem Boden neben der Anschlussbuchse, weil die Leitung wohl nicht bis zum Tisch reicht. Glock und ich sind die Ersten, was mir recht ist, denn ich brauche ein paar Minuten, um meine Gedanken zu sortieren und mich vorzubereiten. Es ist wichtig, dass ich mich souverän und kompetent präsentiere, zumal verschiedene Behörden an den Ermittlungen beteiligt sind.
    »Nicht schlecht«, kommentiert Glock die Raumgestaltung von Mona und Lois.
    »Als Notlösung gut genug.« Ich ringe mir ein Lächeln ab. »Wie sieht mein Auge aus?«
    »Ist in voller Blüte, Chief. Aber Lila steht Ihnen gar nicht schlecht.«
    In dem Moment betreten Detrick und zwei uniformierte Deputys den Raum. Ich zeige auf den Tisch und die Stühle. »Freie Platzwahl.«
    Detrick kommt auf mich zu, hält mir die Hand hin. »Hat der Rechtsmediziner schon was gehabt?«
    Sein Händedruck ist fest und trocken. Ich wünschte, ich wäre so gelassen. »Die Todesursache ist die Gleiche wie beim ersten Opfer. Über die Einzelheiten informiere ich bei der Besprechung.«
    Er nickt und weist auf die beiden Deputys. »Ich habe Ihnen noch Unterstützung mitgebracht. Das ist Deputy Jerry Hunnaker.«
    Hunnaker ist leicht übergewichtig und hat ein großspuriges Grinsen, das mir sofort schlecht aufstößt. Als wir die Hände schütteln, quetscht er meine Finger und ich frage mich, ob Detrick mir seinen Ballast überlässt.
    Der zweite Deputy ist lang und hager und sieht eher wie ein Highschool-Stabhochspringer als wie ein Polizist aus. Doch er blickt mich offen an, wirkt natürlich, und obwohl ich ihn schon als unerfahren abgestempelt habe, wird er mir sicher eine größere Hilfe sein als das grinsende Arschloch mit dem Schraubstockhändedruck.
    »Deputy Darrel Barton.« Detrick legt seine Hand auf die Schulter des Deputys wie ein stolzer Vater, der seinen Lieblingssohn vorstellt.
    Während ich mit Detrick zugange war, hat sich der Raum gefüllt. Ich sehe Steve Ressler bei der Tür stehen und gehe zu ihm hin. »Die Pressekonferenz ist immer noch um sechs«, sage ich leicht genervt.
    »Ich würde gern hier dabei sein, um zu hören, was die Polizei unternimmt.«
    »Das ist eine interne Besprechung, Steve. Einiges von dem, was hier gesagt wird, ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.«
    »Oder die Öffentlichkeit soll nicht erfahren, dass Sie immer noch im Dunkeln tappen.«
    Ihm scheint seine eigene Unverfrorenheit zu gefallen, und ich frage mich, wie er es fände, wenn ich spontan meinem Gefühl nachginge und ihn bewusstlos schlagen würde. Ich zeige mit dem Kopf zur Tür. »Sie können Ihre Bedenken bei der Pressekonferenz vorbringen.«
    Ressler dreht auf dem Absatz um und stapft aus dem Zimmer.
    Ich stelle mich ans Pult, lasse den Blick über die Anwesenden schweifen. Detrick thront am Tisch, flankiert von seinen beiden Deputys. Ihnen gegenüber sitzen – getrennt nach Behörde und Loyalität – Glock und T. J., während Skid und Pickles hinten am Tisch Platz genommen haben. Bürgermeister Auggie Brock sitzt allein und sieht aus wie der neue Schüler am ersten Schultag. Hinter ihm steht John Tomasetti an den Türrahmen gelehnt, die Reisetasche bei den Füßen. Der ganze Trupp ist hier.
    Ich atme tief durch und beginne.

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