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Die Zarentochter

Die Zarentochter

Titel: Die Zarentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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hervor, und auf den Straßen hatte die Sonne den Matsch rasch abgetrocknet, so dass man problemlos spazieren gehen konnte.
    Olly war im siebten Himmel. Die Sonne schien, und sie war verliebt. So oft es ging, besuchte sie ihre Freundin Maria auf derenLandsitz. Jedes Mal hoffte sie darauf, Iwan anzutreffen. Sie über redete Sascha zu gemeinsamen Ausflügen zu viert. Im offenen Wagen fuhren Maria und sie, Sascha und Iwan ans Meer, das jetzt im Frühjahr metallen glänzte.
    Anna wurde zu solchen Ausflügen nicht eingeladen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich auf Ollys Beteuerungen, dass alles schicklich zugehe, zu verlassen. Wohl war ihr dabei nicht. Sie konnte nur hoffen, dass der Zarewitsch ein Auge auf seine Schwesterhatte. Ihm musste schließlich daran gelegen sein, dass es zu keinem Gerede kam.
    »Ich verstehe ja, dass Iwan Bariatinski dir gefällt, er ist ein attraktiver Mann, der weiß, was Frauen gern hören. Aber er ist viel zu alt für dich und dir außerdem im Rang weit unterlegen. Wenn dein Vater mitbekommt, welche Gunst du ihm erweist, wird er alles tun, um eine Verbindung zwischen euch zu unterbinden. Ich sage dir, mit deinem Verhalten kannst du uns beide in große Schwierigkeiten bringen«, sagte Anna, als sich Olly wieder einmal für einen Ausflug zurechtmachte.
    »Schwierigkeiten, ach was! Wenn du mich nicht verrätst, bekommt Vater nichts mit. Sascha wird gewiss nichts sagen, Iwan ist schließlich sein Freund«, widersprach Olly ihrer Hofdame. Sie hielt prüfend erst einen roten, dann einen rosafarbenen Schal in die Höhe. »Welcher ist schöner?«
    »Jetzt lenk nicht ab. Sag mir lieber, was aus dieser Angelegenheit werden soll. Ist Prinz Bariatinski wirklich der Mann, den du heiraten willst? Was ist aus all deinen hehren Plänen geworden? Willst du dich wirklich an einen solchen … Niemand hingeben?« Hilflos fuchtelte Anna mit den Armen.
    »Iwan ist kein Niemand, wie kannst du so etwas sagen? Gerade du, die du mich immer lehrst, alle Menschen zu achten.« Olly ließ beide Schaltücher sinken. »Überhaupt – kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen, statt mir ständig diese unsinnigen Fragen zu stellen? Als ob ich ans Heiraten auch nur denken würde, dafür bin ich doch noch viel zu jung. Iwan und ich sind gute Freunde, mehr nicht.« Sie würde den rosafarbenen Schal nehmen, er brachte ihren Teint noch mehr zum Strahlen.
    Anna verzog missbilligend den Mund. »Gute Freunde, aha. Deshalb wirst du auch jedes Mal rot im Gesicht, wenn du nur seinen Namen aussprichst.«
    »Was du dir nur wieder einbildest«, entgegnete Olly schnippisch, dann sah sie Anna an. »Du weißt, dass ich deinen Rat sehr schätze und dankbar bin für alles, was du für mich tust. Aber was Iwan und michangeht, möchte ich dich bitten, deine gutgemeinten Ratschläge zurückzuhalten. Ich habe dafür keinen Bedarf!« Temperamentvoll stürmte sie aus dem Zimmer.
    »Olly, warte, ich muss mit dir reden.« Sascha hob einen der flachen Kieselsteine auf, die zuhauf am Ufer der Ostsee lagen, und ließ ihn übers Wasser springen.
    »Was ist denn?«, sagte Olly ungeduldig. Ihre Augen gegen die Sonne abgeschirmt, schaute sie nach vorn, wo Iwan und Maria ein Picknick vorbereiteten. Am liebsten wäre sie zu den beiden gegangen, aber Sascha hielt sie am Arm zurück.
    »Ich habe das Gefühl, deine Zuneigung zu Iwan ist ziemlich groß.«
    Olly lachte. »Natürlich ist sie das. Deine doch auch, er ist einer deiner ältesten Freunde.«
    Sascha ließ den Stein, den er in der Hand hielt, wieder auf den Strand fallen. »Das ist etwas anderes. Für mich ist er ein alter Kamerad und ein guter Soldat, aber was die Damenwelt angeht … Iwan steht in Petersburg im Ruf eines Frauenheld. Sollte bekannt werden, dass du dich über Gebühr mit ihm abgibst, wäre das äußerst peinlich. Man hat euch gesehen, ihr habt euch an den Händen gehalten – was bitte schön hast du mir dazu zu sagen?« Wütend starrte er seine Schwester an.
    »Gar nichts, weil es dich nichts angeht«, erwiderte Olly schroff. Wer hatte sie verraten? Iwan und sie waren doch so vorsichtig, nur ganz selten erlaubten sie sich eine flüchtige Umarmung. Und nur einmal während einer Ballettaufführung hatten sich ihre Hände gefunden. Sein Händedruck war warm gewesen, zart und fest zugleich. Ihre Finger hatten sich perfekt zwischen die seinen geschmiegt. Am liebsten wäre Olly für immer so sitzen geblieben.
    Sie seufzte auf. Hatte etwa Anna geredet? Sie war auch bei jener

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