Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zarentochter

Die Zarentochter

Titel: Die Zarentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
Missbilligung vieler Gäste einbrachte – schließlich war eine Hochzeit eine überaus ernste und getragene Angelegenheit.
    Auchder aufgeregte Bräutigam war glücklich. Der Zar hatte ihm einen russischen Adelstitel verliehen, fortan war er Prinz Romanowski. Außerdem bekamen Mary und er ein Landhaus in der Nähe von Peterhof geschenkt, dort sollten sie wohnen, während an ihrem Stadtpalais gebaut wurde.
    Erlesene Speisen, prunkvolle Gewänder, Gold, Silber und edelstes Porzellan – Zar Nikolaus hatte keine Kosten und Mühen gescheut, das war die einhellige Meinung aller Gäste. Was für ein Jammer, dass der Ehemann nicht standesgemäß war, flüsterte man sich hinter vorgehaltener Hand zu. Nicht nur ein Jammer, sondern eine Schande, hieß es auch. Womöglich war die Großfürstin Maria in anderen Umständen, ansonsten hätte der Zar dieser unwürdigen Verbindung doch nie zugestimmt.
    »Was ist, warum jaulst du denn?« Kaum hatte Olly Grand Folie aus ihrer Umarmung gelassen, eilte der Hund zur Tür und kratzte daran.
    Olly seufzte. »Du hast ja recht, ich sollte dringend zurück zu den Gästen gehen.« Doch sie sank nur noch tiefer in ihre Kissen. Wenn ihr bloß nicht so schwer ums Herz wäre! Bis zur letzten Minute hatte sie gehofft, dass ihr »Verlobter« kommen würde. In der Kirche hatte sie sich noch zusammenreißen können, aber seit sie in Peterhof angekommen waren, war sie ständig den Tränen nahe. Sie hatte sich so auf Stephan gefreut …
    Statt sich an die Festtafel zu setzen, hatte sie Kopfschmerzen vorgetäuscht und sich in ihre Räume zurückgezogen. Natürlich wollte Anna sie begleiten, aber Olly hatte abgelehnt. Ihre Hofdame hätte ihr nur wieder gesagt, sie solle sich nicht so sehr in die Sache hineinsteigern – als ob das eine Hilfe wäre.
    Mit Maria hätte sie sich gern unterhalten, aber ihre Freundin hatte den ganzen Tag über nur Augen für Michael, den Sohn der Obersthofmeisterin.
    Lustlos warf Olly ihrem Hund einen Ball zu. Alle waren verliebt … Und sie wäre es auch so gern!
    Leider sei der Erzherzog derzeit verhindert, die Reise nach Russland würde später stattfinden – mehr hatte nicht in der lapidaren De peschegestanden, die zusammen mit einem Hochzeitsgeschenk für Mary angekommen war. Verhindert , was hieß das?, fragte sich Olly zum wiederholten Male, während sie sich im Spiegel betrachtete.
    In ihrem traditionell russischen Festtagsgewand sah sie wunderschön aus. Jeder hatte das gesagt, Anna und Maria und Adini, selbst Mary hatte ihr Komplimente gemacht. Aber was nutzte das alles, wenn er sie nicht sehen konnte? Brannte er denn nicht auch darauf, sie kennenzulernen? Warum hatte er ihr nicht persönlich geschrieben?
    Ein anderer Freund von Sascha hingegen war gekommen: Erzherzog Albrecht von Österreich. Olly war der junge Kürassier vom ersten Augenblick an unsympathisch gewesen, ihr Vater hingegen war völlig angetan von ihm und bot ihm an, seine militärische Ausbildung in Russland fortzusetzen. Schließlich hatten sich die beiden Männer zu einem Gespräch zurückgezogen. Zum Glück war Sascha nicht auf die Idee gekommen, sie mit diesem Herrn verheiraten zu wollen. Und zum Glück ließ man sie auch mit weiteren Vorschlägen in Ruhe – dafür allein mochte sie Stephan.
    Er könne sich dessen Fortbleiben auch nicht erklären, hatte ihr Bruder vor der Kirche gesagt. Da immer mehr Gäste aus der Kirche drängten, hatten sie ihr Gespräch nicht fortsetzen können. Sascha war ihr sowieso ziemlich mürrisch vorgekommen. Vermisste er seine Cerise so sehr, dass er an nichts anderem mehr Freude empfand? Olly warf Grand Folies Ball gegen die Tür, wo er laut abprallte. Und wenn schon, so leicht würde sie sich von ihm nicht abspeisen lassen!
    Sie würde Sascha in die Pflicht nehmen, schließlich war es seine Idee gewesen, Stephan hierher einzuladen. Nun sollte sich ihr Bruder ruhig etwas überlegen, um baldmöglichst ein Treffen zu arrangieren. Schon hangelte Olly nach ihren seidenen Stiefeln, die sie zuvor achtlos neben das Bett geworfen hatte. Wie auf ein geheimes Stichwort nahm Grand Folie seine Leine zwischen die Zähne und setzte sich erwartungsvoll vor die Tür. Unwillkürlich musste Olly lachen. »Hat man vor dir denn gar keine Ruhe? Also gut, gehen wir!«
    »Wennich in Olga Kalinowskis Augen sehe, sehe ich meine Heimat, wenn ich sie in den Armen halte, fühle ich mich lebendig. Das alles weiß ich, seit ich wieder in St. Petersburg bin.« Saschas schmaler Oberkörper wurde

Weitere Kostenlose Bücher