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Die Zarentochter

Die Zarentochter

Titel: Die Zarentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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nachdenklich an. »Ich will euch nicht wegjagen, ich willwissen, was euch widerfahren ist. Die Wagen, eure Frauen und Kinder … Mir scheint, ihr hattet das Glück im letzten Jahr nicht gerade gepachtet.«
    »Und was geht das euresgleichen an?«, sagte ein anderer Mann, der beschützend seinen Arm um die Frau mit dem Kind legte. »Seit wann interessiert ihr euch für unser Glück?« Seine Worte trieften nur so vor Sarkasmus.
    »Alexander«, flehte Olly und wischte sich über ihre Oberlippe, wo sich vor lauter Aufregung ein kleiner Schweißbart gebildet hatte. Wenn sie jetzt nicht gingen, würden die Männer sie womöglich angreifen, so unfreundlich, wie sie aussahen.
    »Und wenn sich wirklich mal einer für uns interessiert?«, sagte der junge Bursche. »Vielleicht gibt es so etwas tatsächlich?« Sein Adamsapfel hüpfte vor Aufregung auf und ab. Er drehte sich zu den anderen um, ein Wortwechsel in einer fremden Sprache folgte.
    » Sie sind der junge Kerl, der uns letztes Jahr einen Hundewelpen abkaufte?« Argwöhnisch starrte der erste Mann Alexander an.
    »Ich sag’s dir doch! Er hat meiner Mutter im letzten Jahr auch eine Kanne Milch für meinen jüngsten Bruder gegeben«, raunte der junge Bursche ihm zu.
    Alexander nickte. »Das würde ich dieses Jahr gern wieder tun. Milch für die Kinder und Brot für euch alle. Aber zuerst will ich wissen, was hier los ist.« Die Autorität, die plötzlich in seiner Stimme mitschwang, stand in einem seltsamen Kontrast zu seiner Jugend. »Dass ihr dabei seid zu verhungern, sieht ein Blinder. Dabei seid ihr doch geschickte, fleißige Leute.«
    Fasziniert beobachtete Olly, wie aus den Augen der Umstehenden Feindseligkeit und Misstrauen schwanden und an deren Stelle etwas anderes trat. Verwunderung. Ungläubigkeit. Respekt?
    »Und wenn wir eure Hilfe nicht wollen?«, sagte der ältere der beiden Rädelsführer, doch seine Stimme klang unsicher. Er kratzte noch einen Moment lang unschlüssig mit seinem Schuh im Waldboden, dann räusperte er sich.
    »Also gut, wenn Sie uns danach wieder in Ruhe lassen: Janschi, unser Anführer, hat sich bei einem Unfall den rechten Arm gebro chen.Für einen Geiger das Schlimmste, was passieren kann. Für unsere Gruppe auch. Ohne ihn sind unsere Auftritte, mit denen wir in den Städten Geld gesammelt haben, nur noch halb so viel wert«, erklärte er. »Für unsere Familie war die Musik schon immer die wichtigste Einnahmequelle. Keine Musik, kein Geld, kein Brot, so ist das Leben nun einmal.« Sein gleichgültiges Schulterzucken stand im krassen Gegensatz zu seiner ausgemergelten Erscheinung. »Aber von so etwas habt ihr im Schloss ja keine Ahnung!« Schon spiegelte sich wieder Ablehnung in seinem Blick.
    Alexander nickte. »Da magst du recht haben.«
    Lange sagte niemand etwas. Der Säugling jammerte leise vor sich hin. Die Frau warf Olly einen schüchternen Blick zu, den Olly ebenso schüchtern lächelnd erwiderte.
    »Ist euer Janschi inzwischen wieder gesund genug, um auftreten zu können? Wir haben Besuch aus Russland.« Alexander nickte in Ollys Richtung. »Eure musikalische Einlage würde unseren Gästen bestimmt gefallen. Gegen gute Bezahlung, versteht sich.«
    Die Männer tauschten skeptische Blicke. »Wir? Im Schloss musizieren? Das wäre ja etwas ganz Neues«, sagte der Wortführer, dessen Frau eindringlich auf ihn einredete.
    Alexander nickte. »Mein Vater plant für den kommenden Samstag einen großen Empfang. Ihr könntet vor dem Eingang den anreisenden Gästen aufspielen.«
    Atemlos wartete Olly auf eine Antwort der Männer, bis ihr klar wurde, dass deren Schweigen Zustimmung bedeutete.
    »Wir freuen uns auf euch.« Lächelnd nahm Alexander Ollys Arm. »Kommen Sie, die anderen warten bestimmt schon auf uns.«
    Olly, die völlig durcheinander war, deutete eine Art Knicks an.
    Im Gehen wandte sich Alexander noch einmal um. »Schickt zwei von euren Leuten zum Hintereingang des Schlosses, damit man euch etwas zu essen und Milch für die Kinder gibt.«
    Sie hatten die kleine Lichtung, auf der die besten Pilze wuchsen, schon erreicht, als Olly endlich ihre Sprache wiederfand. »Das … Was Sie da gerade getan haben …«
    »Sie hatten doch nicht etwa Angst?« Erheitert schaute Alexander sie an.»Keine Sorge, wir waren nicht einen Moment in Gefahr, das sind harmlose Menschen.«
    Olly blieb stehen, kämpfte gegen den Kloß an, der sich plötzlich in ihrem Hals gebildet hatte. »Das ist es ja! Ich wäre trotzdem am liebsten vorbeigegangen. Weil

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