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Die Zarin der Nacht

Die Zarin der Nacht

Titel: Die Zarin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Stachniak
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sprechen kaum noch miteinander, seit Platon überzeugt ist, dass Valerian versucht, seinen Platz an ihrer Seite einzunehmen.
    Â»Irgendetwas, womit ich beweisen kann, dass ich von Nutzen bin«, fährt Platon fort. Er blickt ihr fest in die Augen, fleht mit seinem ganzen Körper. Süße Erinnerungen stellen sich ein, getrübt allerdings durch Wehmut.
    Würde sie noch irgendetwas fühlen, wenn er mit ihr schläft, wäre all dies hier belanglos.
    Â»Bitte, Katinka. Ich flehe dich an.«
    Der Schmerz in seiner Stimme ist echt. Er lässt ihr Herz schmelzen.
    Â»Ich werde darüber nachdenken, Votre Altesse «, verspricht sie und sieht ihn lächeln. »Und jetzt geh«, fügt sie hinzu. »Ich muss arbeiten.«
    Â 
    Â»Wonach riecht das hier?«, fragt Wischka, als sie eine halbe Stunde später mit einer weiteren Kanne heißem Kaffee ihr Zimmer betritt. »Darf ich das Fenster öffnen?« Vergeblich versucht sie, ein Niesen zu unterdrücken.
    Â 
    Platons schweres Parfüm hängt noch immer in ihrem Arbeitszimmer, obwohl Wischka gelüftet hat, aber anders als Wischka erwähnt Alexander Andrejewitsch Besborodko den Geruch mit keinem Wort, als er zur Berichterstattung erscheint.
    Man hat die Schweden nach Zarskoje Selo gefahren. Sie waren begeistert von den hängenden Gärten, von der Pracht des Bernsteinzimmers. Gustav Adolf überlegte, ob er die goldene Enfilade in seinem Palast würde nachbauen lassen können. Nicht so lang und so luxuriös, hatte er erklärt, aber doch so, »dass eine gewisse Ähnlichkeit mit dieser unvergleichlichen Raumflucht entsteht«.
    Â»Er sagte nicht, für wen?«, fragt sie und strahlt vor Vergnügen.
    Â»Indirekt, aber nicht gerade heraus, Hoheit«, erwidert Alexander Andrejewitsch. »Wir sollten damit beginnen, den Verlobungsvertrag zu entwerfen.«
    Â»Ich dachte daran, Fürst Subow darum zu bitten«, sagt sie und wartet. Direktheit ist die beste Strategie bei ihrem Minister. Er verdient sie und kann damit umgehen. »Fürst Subow weiß noch nichts davon«, fügt sie hinzu. »Sie, Alexander Andrejewitsch, sollten sich auf die Frage der Nachfolge konzentrieren.«
    Â»Wie Majestät wünschen.«
    Besborodkos Augen verraten keine Überraschung. Ein perfekter Höfling weiß, dass sie Schweigen ebenso gut lesen kann
wie Worte: Es ist die Entscheidung Ihrer Majestät. Ich hätte sie nicht getroffen, aber die Angelegenheit bedarf keiner Einwände. Es handelt sich um das schlichte Aushandeln eines Vertrags, über den im Prinzip schon Einvernehmen herrscht. Was soll da schiefgehen?
    Das wäre also erledigt.
    *
    Auf einem der Gemälde im Schlafzimmer des Winterpalasts bringt die alte, ziemlich gewitzt wirkende Sarah die junge Hagar zu Abraham. Der Patriarch sitzt mit entblößter Brust im Bett und starrt auf Hagars rosig schimmernde Haut. Das Mädchen schlägt die Augen nieder, aber dass sie um ihre bevorstehende Entjungferung weiß, ist deutlich.
    Wie einfach es ist, könnte man denken, die Zukunft vorauszusehen. Zwei Frauen. Die eine ist jung und fruchtbar, die andere hält sich für unfruchtbar, ist alt und wünscht sich verzweifelt die Jugend der jungen Frau.
    Aber es wird der Sohn der alten Sarah sein, der schließlich das Reich seines Vaters erbt, und die schöne Hagar wird in der Wüste zurückgelassen, ihr Kind ausgestoßen.
    Katharina betrachtet immer wieder gern die Gesichtszüge der alten Sarah. Was mag sie wohl denken, während sie die schöne Sklavin zum Bett ihres Mannes führt? Dass Jugend und Schönheit nicht ewig dauern? Dass man mit einem gewitzten Kopf sehr viel weiter kommt?
    Â 
    Â»Andere Körperteile sind viel anfälliger für bestimmte Krankheiten, Majestät«, sagt Rogerson. »Brüste und Hoden sind die Orte für Krebs. Die Beine tragen unser Gewicht und sind von daher eher anfällig für die Ermüdung der Knochen und der Haut.«
    Er kann seine Genugtuung darüber, dass ihr Bein sich ein
deutig nicht gebessert hat, kaum verbergen. An zwei Stellen beginnt die Haut zwischen ihren Zehen schwarz zu werden. Das ist auch mit ihrem Ballen passiert, nachdem ein Stein in ihren Schuh geriet und sie es nicht merkte. Ihre harten, verhornten Nägel sind jetzt von einer Schicht gelblicher Haut umgeben, die Rogerson mit dem Finger eindrückt. Er verzieht triumphierend das Gesicht. Wertvolle

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