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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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in die Schatten des Kreml, die ihm treu waren.
    Am selben Abend, noch vor dem Nachtmahl, schenkte mir der Zar ein Paar Ohrringe, die aus dem Besitz seiner verstorbenen Mutter stammten. Sie waren kunstvoll in einen nach unten gebogenen Halbmond geschwungen, der mit Rubinen und Smaragden besetzt war. Zwei tropfenförmige Perlen hingen an jeder Spitze des Monds und schaukelten sanft mit jeder Bewegung meines Kopfes. Ich war über den Goldwert des Geschenkes weniger erstaunt als vielmehr über die Bedeutung, die es für Peter haben mußte. Die Steine funkelten in dem großen Spiegel, der in Peters Ankleidezimmer hing. Er stand hinter mir, und seine Hände lagen auf meinen nackten Schultern, als ich mich in dem Glas betrachtete.
    »Gefallen sie dir? Sie sollen einem Mädchen, das meinen Körper und mein Herz wärmt, Glück bringen!« sagte er, und er drehte mich zu sich. Peter wurde zu einem Abendessen der trunkenen Synode erwartet, an dem heute jedoch nur Männer teilnahmen. In den frühen Morgenstunden würde sein Kammerherr ihn dann mit Hilfe zweier Soldaten in sein Gemach schleppen, dessen war ich mir schon sicher. Er war bereits für das Fest gekleidet: Seine rote Jacke, die ihm bis zu den Kniekehlen reichte, war eng auf seine Figur geschnitten. Die Knöpfe daran, die mit Gold und Silber beschlagen waren, waren fast so groß wie Granatäpfel. Die Weste darunter war von einem dunklen Braun und mit Ranken aus goldenem Garn bestickt. Um seinen Hals faltete sich weich ein Jabot. Er umarmte mich, und ich spürte einen unmißverständlichen Druck gegen meinen Bauch. Meine Hand glitt über den bestickten Stoff der Weste hinunter zum weichen Hirschleder seiner Hosen. Ich löste mit flinken Fingern den Gurt und legte meine Finger um sein warmes Fleisch. Er seufzte und schloß die Augen. Ich ließ mich auf meine Knie nieder, und die Seide am steifen Saum meines Hauskleides raschelte bei der Bewegung. Ich legte meine Lippen weich um ihn. Er stöhnte auf, und ich spürte, wie er noch weiter anschwoll. Es dauerte nicht lange, bis Peter seine Hände in meine Schultern krampfte und leise aufschrie. Ich sank nun ganz auf den Boden und lächelte ihn an. Mein Haare lösten sich bei der Bewegung.
    »Wo hast du das gelernt?« fragte er nur, als er sich die Hose zugürtete.
    Ich zuckte mit den Schultern und lachte. »Ich bin eben eine Soldatenbraut.«
    Er sah mich an und kramte dann in einer der schmalen Taschen der Weste, bis er eine Münze zutage förderte. »Na dann …«, sagte er und warf sie mir in den Schoß. Im ersten Augenblick war ich zu erstaunt, um gekränkt zu sein. Dann jedoch nahm ich die Münze auf, sah ihn an, und biß kräftig darauf. Er musterte mich erstaunt: »Denkst du, der Zar aller Russen gibt dir Falschgeld?«
    »Man weiß nie. Wem kann man heutzutage noch trauen?« antwortete ich und versuchte, ein unschuldiges Gesicht zu machen. Er warf den Kopf in den Nacken und lachte. Ich hörte ihn noch lachen, als er schon die Tür hinter sich geschlossen hatte und durch den langen, dunklen Gang des Kreml dem nächsten seiner die Sinne betäubenden Trinkgelage entgegenging. Ich ließ mich ankleiden und ging zu einem vergnügten Abendessen für die Damen des russischen Hofes. Als Höhepunkt sprang dort in den frühen Morgenstunden ein in bunte Seidenbänder gewickelter Zwerg aus einer Pastete. Wir alle zogen an den Bändern, so daß der Zwerg sich drehte wie ein Kreisel und schließlich splitternackt und schwindelig durch den Raum torkelte. Er sah dabei so herzig aus wie der kleine Schoßhund der Prinzessin Tscherkasski, dem wir den süßen, perlenden Wein, den der Zar aus Frankreich hatte kommen lassen, zu trinken gaben.
     
    Dann war der Zauber des Julfestes vergangen. Schon als am Dreikönigstag die Wasser der Moskwa als Wasser des Jordan gesegnet wurden, trat Peter ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Wie jedes Jahr beim kreschtschenije ließen die Popen ein Loch ins Eis schlagen, und Knaben mit von der Kälte roten Backen schwenkten goldene Behälter hin und her. Dichte Wolken von Weihrauch stiegen in die über dem Eis gefrorene Luft. Die übermüdete und noch halbtrunkene Hofgesellschaft umgab den Zaren ein letztes Mal in dieser Neujahrszeit in aller Pracht: Ich bewunderte Gewänder aus purpurrotem Samt, aus dunkelgrünem, mit Gold und Silber besticktem Atlas, weichste Pelze von Zobel und Nerz und sanft gegerbtes Leder, das in geschickt gefaltete Umhänge, Hosen und Wamse geschneidert war. Viele unter ihnen

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