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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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wieder leise, nun aus echter Angst, und Darja umarmte mich tröstend. Die Weigerung Menschikows mich dem Zaren zu verkaufen, war eine unglaubliche Frechheit, die keine von uns verstand.
    »Wenn du sie nicht verkaufst, so laß uns um sie spielen!« bot der Zar unwirsch an. Er haßte Glücksspiele aller Art, außer Lotto und das Würfelspiel. Menschikow nickte bedächtig, forderte aber:
    »Ich mit meinen Würfeln, du mit deinen!«
    Der Zar brauste auf und wechselte vor Wut seine Art zu sprechen: »Wir alle wissen, Graf Menschikow, daß deine Würfel so gezinkt sind wie die Mengenangaben der Waren aus deinen Manufakturen, die mein Hofmeister so großzügig abzeichnet!«
    Menschikow zuckte die Schultern und meinte gelassen: »Wie Euer Majestät wünschen! Dann eben nicht.«
    Darja und ich konnten kaum atmen vor Staunen und Furcht. Wie konnte er es nur wagen! Die Luft zwischen den Männern schien zu knistern wie trockene Äste, in die der Blitz eines Sommergewitters einschlägt. Peter sah mich mit vor Zorn schwarzen Augen an. Ich erwiderte den Blick flehend. In diesem Haus war ich nicht mehr sicher. Darja konnte mich nicht ewig vor Warwara beschützen, das wußte nun auch er. Ich wollte nicht unter das Eis der Moskwa gestoßen werden!
    »Dann gib’ schon her, deine Würfel, Menschikow!« knurrte er schließlich und steckte die Goldmünzen wieder in den Beutel. Statt dessen kamen nun ein paar Würfel ans Licht.
    Beide Männer ließen sich auf dem Teppich vor dem Feuer nieder. Darja und ich knieten uns neben sie. Der Zar schüttelte als erster die Würfel in seiner hohlen Hand. Er ließ sie mit Schwung über die Steinplatten vor dem Kamin rollen. Vier Augen und zwei Augen. Mein Herz sank. Menschikow lachte auf und tat es seinem Herrscher gleich. Ich schloß die Augen und betete stumm. Er warf zweimal sechs Augen und klatschte in die Hände. Peter wurde so wütend, daß er auf seine Füße sprang. Das Leder seiner hohen Stiefel knirschte, und er trat die Würfel in das Feuer des Kamins. Das Horn, aus dem sie geschnitten waren, schmolz zischend und vermischte sich mit einem bitteren Geruch mit den lodernden Flammen.
    Der Zar zog Menschikow am Kragen hoch und knurrte zwischen zusammengepreßten Kiefern: »Dich werd’ ich lehren, deinem Herren etwas zu verweigern! Wenns nach mir geht, kannst du morgen in Sibirien Schneeflocken zählen! Und zwar mit deiner ganzen Sippe!«
    Darja keuchte auf. Für sie als echte Russin war die Verbannung in die ewige Kälte Sibiriens schlimmer als der Tod. In diesem Augenblick versetzte der Zar Menschikow einen Faustschlag gegen das Kinn, der diesen wieder auf die Steinplatten vor den Kamin sandte. Der Zar stand wie ein Turm aus Zorn über ihm und trat ihn in die Hüfte. Menschikow heulte auf vor Schmerz und rutschte vor dem Zaren auf die Knie. Peter wußte offensichtlich nicht, was er tun sollte, und sein Gesicht wurde wieder weich. Ich wußte, wie sehr er Alex ander Danilowitsch, seinen Alekascha, eigentlich liebte. Niemand konnte Menschikows Platz in seinem Herzen einnehmen. Er verband die Tage seiner unbeschwerten, wilden Jugend mit seinem Gesicht und seinem Gelächter. Goldene Tage, in denen er niemanden zu fürchten hatte und traumlos schlief. Menschikow nahm Peters Hand in die seine und küßte jeden Finger einzeln. Dabei murmelte er mit vor Schmerz verzogenem Gesicht: »Ich küsse die Hand, die mich unwürdigen Knecht schlägt und die den Kindern Rußlands so viel Gutes tut. Die Hand meines Herrschers und Herrn, der nicht versteht, daß sein Untertan Alexander Danilowitsch Menschikow ihm nichts verkaufen oder verspielen kann, auf das seine Majestät sein allergnädigstes Auge geworfen hat. Ich kann seiner Majestät doch nur schenken, was sein Herz begehrt.«
    Es dauerte etwas, bis ich begriff, was diese Worte bedeuten sollten. Darja war schneller als ich und umarmte mich von Herzen. »Mach’ etwas daraus, Martha!« wisperte sie mir dabei ins Ohr. Peter lachte auf und zog Menschikow mit einem Ruck auf die Füße. Der wiederholte: »Mein Herr Peter, erlaubt, daß ich Euch das Mädchen Martha zum Geschenk mache!«
    »Es sei, es sei!« rief Peter. »Aber hüte dich, mich noch einmal so zum Narren zu halten.« Er legte Menschikow einen Arm um die Schulter und zog ihn mit sich auf den Gang. Über die Schulter wies er mich an: »Wir sind im Schreib raum von Alexander Danilowitsch und begießen dieses Ereignis! Pack’ deine Sachen, Martha, und laß sie in den Kreml bringen. Ich sehe dich dann

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