Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
Vom Netzwerk:
Trost über die teuren Geliebten, die ihr Mann hat! Für das, was die Montespan ihn kostet, könnte er seine Ställe mit Huren anstatt mit Pferden füllen!« Er schüttelte den Kopf und ging wieder an die Zeichnung, die er begonnen hatte. Ich nippte stumm an dem starken Gebräu, das heiß und süß durch meine Kehle rann. Arme Königin von Frankreich, dachte ich bei mir, und biß zufrieden in den warmen, duftenden Kuchen. Es war mir, als sei ich gestorben und erstaunlicherweise im Himmel angekommen.
     
    Die Tage und Wochen der Neujahrsfeierlichkeiten vergingen, ohne daß ich sie zählte. Ich kannte die meisten der Männer, die Peter stets umgaben, aus den Wochen im Feld, und wir lachten und tranken bis in die frühen Morgenstunden. Durch meine Freundschaft mit Darja fand ich auch Zugang zu anderen damy des Moskauer Hofes: Es fiel mir leicht, mir Freundinnen zu machen. Niemand aber hatte so viele gute Ratschläge für mich wie der Prinz Fjodor Matwejew Apraxin. Als Bruder der Zariza Marfa Matwejewna Apraxina, der Witwe des Zaren Fjodor, Peters Halbbruder, kannte er den Hof in- und auswendig. Als er mir anbot, ihn mit kum oder auch Pate, anzusprechen, wurde mein Gesicht rot vor Freude und Ehre. Ich küßte aus Dankbarkeit seine Hände, deren feste Finger aus Bescheidenheit frei von Ringen waren.
    Seit dem ersten Fest der trunkenen Synode war ich nicht mehr in Menschikows Haus zurückgekehrt. Peter hatte einige Kleider, Leibwäsche und meinen bescheidenen Schmuck abholen lassen. Mit dem Boten sandte ich auch freundliche Worte für Darja, die ich Peters Schreiber diktierte. Ihre Erwiderung war herzlich, was mich erleichterte, als mir die Worte vorgelesen wurden.
    Die vielen Gottesdienste vor dem Jahreswechsel, während derer ich mich unter Peters Staat mischte, erschienen mir unheimlich dunkel und endlos lang. Nachdem ich die groben Scherze der trunkenen Synode erlebt hatte, war ich jedoch über die Ernsthaftigkeit, mit der Peter sein Haupt dort zum Gebet senkte, erstaunt. Das Zusammenspiel der kostbar mit Gold und Silber beschlagenen Ikonen, dem vielstimmigen Gesang, den in Leder und Samt gebundenen Meßbüchern, den glitzernden Gefäßen und prachtvollen, von Gold schweren Meßgewändern spiegelte die Erhabenheit der russischen Kirche wider: Die Gläubigen beugten ihr Haupt in Demut und Gottesfurcht. Mein Herz blieb dabei jedoch leer. Mir war zum Ersticken vor Weihrauch, und ich rief die frohe Schlichtheit der Glückschen Kirche in Marienburg in meine Gedanken zurück.
    Zum neuen Jahr, das nun nach seinem Befehl und seinem Kalender am ersten Tag des Januar begangen wurde, jagte Peter ein Feuerwerk in den schlafenden Himmel. Er hatte es selber entworfen und klatschte bei jedem bunten Feuerball und jedem glitzernden Sternenregen begeistert wie ein Kind in die Hände. Ich stand nahe bei ihm an den offenen Fenstern des Kreml und sah in die Dunkelheit der Nacht, die nun in Tausenden von Farben und Splittern explodierte. Peter drehte sich zu seinem Sohn, den er nur zu diesen öffentlichen Anlässen sah. Alexej hatte den Blick mißbilligend abgewendet und seine hohe Stirn war in Falten gezogen. Ich konnte deutlich sehen, daß es ihn Mühe ko stete, sich nicht die Finger in die Ohren zu stecken, um dem Lärm zu entgehen. Peter gab dem Jungen einen Stoß, dessen Heftigkeit mich erstaunte. Alexej taumelte etwas, dann jedoch fand er sein Gleichgewicht wieder.
    »Du willst mir ein Rekrut sein, Zarewitsch? Du machst dir ja bei jedem Kanonendonner in die Hosen! Wenn ich denke, daß ich deine Geburt mit einem Feuerwerk gefeiert habe!« fuhr Peter ihn an.
    Der Prinz verzog weinerlich das Gesicht. »Ja, und daß dabei der Prinz Dolgoruki umgekommen ist, weil ihm der schwere Feuerwerkskörper auf den Kopf fiel.«
    Peter zuckte nur die Schultern »Von den Dolgorukis gibt es nun wirklich genug! Aber vielleicht hätte er besser den Säugling in meinem Arm treffen sollen, dann hätte ich jetzt gewiß eine Sorge weniger!«
    Die umstehenden Höflinge lachten. Ich sah, daß Alexej mit den Tränen kämpfte. Die weitausgestellten Flügel seiner langen Nase zitterten wie bei einem Kind. In der kurzen Dunkelheit zwischen zwei Feuerbällen drückte ich tröstend seinen Arm. Er sah mich erstaunt an. Natürlich wußte er, daß ich für den Augenblick das Bett seines Vaters teilte, und anscheinend war er von den Anhängern des Zaren keine Freundlichkeit gewohnt. Alexej zwinkerte zweimal die Tränen von seinen langen Wimpern und lächelte dann scheu

Weitere Kostenlose Bücher