Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
Vom Netzwerk:
Mein Herz zog sich für sie vor Freude zusammen.
    Nach der Trauung hielt uns nichts davon ab, aus vollem Herzen zu feiern, weder die Polen noch die Schweden! Die Gäste saßen in einer Runde zusammen, die damy an einer Seite des Tisches, die Herren ihnen gegenüber. Von sechs Uhr abends bis tief in die Nacht gab es Trinkspiele, Hochrufe und Tanz. Als es dunkel wurde, liefen wir hinaus in die laue Sommernacht. Der Himmel war mit Sternen übersät, und ich zählte mehrere Sternschnuppen. Ich hatte meine bestickten Pantoffeln unter dem Festtisch gelassen und spürte das Gras frisch und feucht unter meinen Ballen und Zehen. Es gab mir ein sehr bäuerliches Gefühl der Freiheit und des Lebens, und ich zuckte vor Schreck zusammen, als über unseren Köpfen der erste Feuerstern zersprang. Peter jubelte und klatschte in die Hände: Das Feuerwerk war seine Überraschung für seinen Freund Menschikow. Er umfaßte mich und buchstabierte mir die Worte, die dort leuchtend in den Himmel geschossen wurden:
    » Vivat ! Das heißt, lang sollen sie leben! Und jetzt; dort steht: › Verbunden durch ihre Liebe‹ !«
    Ich sah staunend in den bunten Sternenregen. Wir mußten husten und wischten uns den Ruß vom Gesicht.
    In der ersten Nacht, die Peter und ich wieder gemeinsam verbrachten, weinte er nach der Liebe meinen Bauch naß. Als ich seinen Kopf streichelte, sah er mich wild an: »Du darfst mich nie verlassen, Martha. Nur bei dir bin ich ein Mensch. Wenn du gehst, werde ich wieder zum Tier!«
    Der strahlende Sommermorgen brach schon an, als es mir endlich gelang, ihn zu beruhigen.
     
    So schlimm konnte die Heirat für Menschikow nach all den Jahren des Zusammenseins mit Darja nicht gewesen sein: Nur drei Monate nach der Eheschließung konnte Darja verkünden, daß sie Menschikows Kind unter dem Herzen trug. Alexander Danilowitsch war stolz wie einer der Pfauen, die er sich aus Persien für den Garten seines neuen Palastes auf der Wassiljew-Insel in Sankt Petersburg hatte kommen lassen. Die kleine Prinzessin Saltykowa war ebenso rasch vergessen, wie sie aufgetaucht war. Peter übernahm die Patenschaft für den Knaben, den Darja im darauffolgenden Mai zur Welt brachte. Er schenkte dem Kind mehrere Dörfer und auch einen Ballen feinen Amsterdamer Tuchs für ein Taufgewand. Der Kleine starb jedoch, noch ehe er zu zahnen begann. Nun verband Darja und mich noch ein neues, stärkeres Band: das Leid, ein Kind vor seiner Zeit sterben zu sehen.
     
    Im Herbst, als der weiche Sommerboden sich schon auf den ersten großen Frost vorbereitete, schlugen die Russen die Schweden bei Kalisz. Menschikow hatte sich wie schon vor Jahren bei der Schlacht vor Schlüsselburg in das dichteste Schlachtgetümmel geworfen. Jeder Zweifel, den Peter je an den Fähigkeiten seines Lieblings gehabt haben mochte, verflog. Er ließ auf Festen nach dem Sieg Verse auf Menschikow verlesen, in welchen Alexander Danilowitsch mit dem treuesten Diener Alexander des Großen verglichen wurde. An einem Abend setzte ich Menschikow auf Peters Geheiß einen Lorbeerkranz aus goldenen Blättern auf, der ihm in seiner Trunkenheit sofort verrutschte: Er versuchte, nach den Zwergen zu treten, die um uns herumtanzten. Damit er sich für den Rest des Abend geradehalten konnte, schenkte Peter ihm einen Spazierstock, der über und über mit Diamanten und Smaragden besetzt war. Peter und ich hatten das Muster des Besatzes selber entworfen, und es hatte die Börse des Zaren um ganze dreitausend Rubel erleichtert.
    Im Anschluß an das Hochgefühl jenes Sieges rief Peter kurz vor dem Julfest seine besten Generäle zum Kriegsrat bei Krakau zusammen: Die Schweden drangen mit jedem Tag tiefer in den Osten vor. Er versuchte nur, eine offene Schlacht so lange als möglich zu vermeiden, denn dazu fehlten ihm die Mittel.
     
    Verbrannte Erde. Gibt es einen grausameren Plan? Wir lagerten noch immer in Kiew. Karl, so hieß es, wollte geradewegs auf Moskau marschieren. Der Zar sollte entthront und das Russische Reich in kleine schwedische Provinzen zerschlagen werden. Peter stand in seiner Arbeitsstube mit angestrengtem Gesicht über die Karten der Ukraine gebeugt. Sein Generalmajor Nikolai Iflant fuhr mit dem Finger über einen Landstrich: »Karl stellt sich vor, hier entlang zu ziehen. Aber er kennt das Land nicht, es ist kaum bebaut! Es gibt nur wenige Dörfer, und die Wälder und das Buschwerk sind so dicht, daß man weder Mann noch Vieh darin wiederfindet. Und wenn die Kosaken hören, daß der

Weitere Kostenlose Bücher