Die Zarin (German Edition)
Peter war die Vielzahl seiner Begabungen Grund genug, um ihn im Rang zu erheben: Prokopowitsch war nun Abt aller Mönche von Kiew und stand auch der Universität der Stadt vor. Ich verneigte mich noch einmal. Der Pope lächelte mich warm an, und ich mußte zugeben, daß sein Gesicht von Weisheit und raschem Geist sprach.
»Nun mußt du mir noch den Namen deiner Begleiterin verraten, mein Zar«, meinte er fast neckend. Peter wurde zu meinem Erstaunen rot und meinte hastig: »Deshalb sind wir hier. Feofan, dies ist Martha.« Dann lachte er und brach die zögernde Stimmung, die über unserer kleinen Gruppe lag. »Sie ist stark wie ein Pferd, trinkt mehr als ich und ist mir in allem so recht nach dem Herzen gewachsen. Sie ist die Freundin meiner Seele.«
Feofan nickte wieder, doch ich sah wohl, wie seine schlauen Fuchsaugen mich wogen und maßen. Diesen stillen, kleinen Mann wollte man lieber zum Freund als zum Feind haben.
»Und, mein Zar?« fragte er und strich sich über den Bart. Einer der Hunde gähnte und drehte seinen Bauch der Wärme der Flammen zu. Peter zog mich vor das Feuer und verscheuchte die beiden Hunde von ihrem Lager. Er ging an der Stelle, wo sie gelegen hatten, vor Feofan auf die Knie und zog mich mit sich, was mir in meinem fortgeschrittenen Umstand schon schwerfiel.
»Ich möchte einen Schwur tun. Wenn glücklichere Tage für mein Reich anbrechen und wenn die größte Gefahr durch die Schweden gebannt ist …, dann …«
Mein Herz schlug mir auf einmal bis zum Hals, und ich spürte Schweiß aus meinen Poren brechen. Das Blut rauschte in meinen Ohren, und selbst das Kind in meinem Leib hielt still.
Feofan sagte nichts und musterte den Zaren ruhig. Peter schluckte und sprach zögernd weiter: »Dann möchte ich von meiner Freiheit seit meiner Scheidung von der Zariza Jewdokija Lopuchina Gebrauch machen, um mich Martha anzutragen.« Er faßte sich und sprach mit fester Stimme weiter: »Feofan Prokopowitsch, du sollst hier und heute, im Oktobermond des Jahres 1707 bezeugen, daß ich diesen Schwur tue. Martha, wenn bessere Tage anbrechen, will ich dich zu meinem Weib nehmen. Ich werde dich in der heiligen russischen Kirche taufen lassen und dir meinen Sohn und meine Schwester zu Taufpaten geben. Du wirst den Namen Katharina Alexejewna tragen! Bezeugst du das, Prokopowitsch?«
Mir rannen die Tränen über die Wangen, und ich sah nur durch diesen Schleier, wie Feofan mit drei Fingern ein Kreuz über uns schlug. Er verließ uns kurz darauf, und ich hörte seine Schritte im Gang verhallen. Peter und ich blieben allein in dem kleinen Zimmer zurück. Es kam mir vor wie ein Märchen! Ich erwartete, daß der Raum sich jeden Augenblick dreimal um sich selber drehen würde. Wir sprachen lange und leise miteinander, und meine letzten Worte vor dem Einschlafen auf dem Teppich waren: »Du mußt das nicht tun, starik , alter Mann, weißt du? Ich rechne nicht mit der Würde des Ehestandes.«
Er lachte nur: »Gerade deshalb, meine matka , altes Mädchen, will ich es ja. Wir sind aus demselben Holz geschnitzt.«
Ich erwachte in Peters Armen auf dem Teppich vor dem Kamin mit dem inzwischen niedergebrannten Feuer. Er hatte seine Arme um mich geschlungen und atmete ruhig in mein Gesicht. Bei jedem seiner Atemzüge blies er einige Haare seines feinen Schnurrbartes nach oben. Er sah dabei aus wie Darjas Kater, wenn er satt und vollgefressen schlief, und ich mußte lachen. Er erwachte davon und schlang seine Arme fester um mich.
»Weißt du, was du gestern gemacht hast?« fragte ich ihn leise.
Er schüttelte den Kopf, ohne jedoch die Augen zu öffnen: »Nein. Was?«
»Du hast dich mir anverlobt.« Ich konnte das Wort kaum aussprechen.
Er blies nur laut die Luft aus und meinte: »Hast du für diese Dummheit Zeugen, Katharina Alexejewna?«
Es war das erste Mal, daß er mich mit dem Namen rief, den er mir bei der russischen Taufe geben wollte. Ich mußte wieder lachen, und seine Hand glitt über meinen Bauch zwischen meine Schenkel. »Martha habe ich oft geliebt, Katharina noch nie … so kann ich doch nicht in die Schlacht ziehen«, murmelte er.
Mein Herz begann schneller zu schlagen, und ich spürte, wie die Feuchtigkeit aus meinen Adern sich zwischen meinen Beinen sammelte. »Aber mein Bauch! Ich bin doch schon viel zu dick! In zwei Monden soll meine Niederkunft sein!« wandte ich dennoch ein.
»Unsinn. Das geht schon«, meinte er und schob mich auf meine Knie. Mein Nachthemd zog er mir über den Kopf. Seine
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