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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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schwer an meinem Körper zu kleben. Peter ging in die Knie und legte seinen Kopf an meine Schulter. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn, und ich strich ihm sanft durch die Haare. Er war noch immer nicht geheilt und sollte es, wollte ich Blumentrost denn Glauben schenken, auch nie mehr sein. Man sollte den Pillendreher davonjagen und einen Arzt finden, der den Zaren heilen konnte, wirklich! War er denn nicht dafür angestellt?
    »Ach, Katerinuschka. Ich kann Rußland nicht mehr allein regieren«, seufzte Peter.
    Ich erschrak. »Was heißt das?« fragte ich vorsichtig. Dachte er etwa daran, sich mit einer fremdländischen Prinzessin zu vermählen? Einer Frau, die ihm Söhne gebar? In den vergangenen Monaten war er wieder häufig in mein Bett gekommen. Oder langweilten ihn Jekaterinas süße Nachgiebigkeit und ihre frechen Forderungen nach Kleidern und Schmuck?
    Peter gab gerne, aber er wollte nicht darum angegangen werden.
    »Wenn ich früher nicht in Rußland war, dann kümmerte sich Fjodor Romodanowski um alles. Er war ein guter Prinz-Cäsar und kümmerte sich um das Land, wenn ich es nicht konnte. Aber Rußland war so einfach zu beherrschen damals, so einfach! Ich habe den Eindruck, daß mir alles, was ich geschaffen habe, weit über meinen Kopf wächst. Ich bin wie ein Bube vor einem gewaltigen Wald, und ich habe doch nur ein kleines Messer in der Hand, um die wuchernden Zweige zu schneiden! Früher war Rußland nur eine isba aus dem Märchen, die sich auf Stelzen dreimal um sich selber dreht. Nun aber ist es ein Palast, mit Fluren, Geschossen, Treppen und Türmen. Ein Mann allein kann sich darin nicht mehr zurechtfinden. Es geht jetzt nicht mehr anders …« Er atmete tief durch und setzte sich ruhig neben mir auf die Kissen vor dem Kamin nieder. »Ich brauche einen Senat. Rußland braucht viele Männer, die es führen, und nicht nur einen.«
    »Einen was braucht Rußland?« fragte ich. Das Wort hatte ich noch nie gehört, aber es klang weich in meinen Ohren. Ich erhob mich und schüttete aus einer meiner kleinen Karaffen aus venezianischem Glas Rosenöl in meine Handflächen. Damit strich ich ihm sanft über die Schläfen, die vor Gedanken zu brennen schienen. Der Duft nach zerstoßenen Rosenblättern und dem vergangenen Sommer füllte die Luft. »Was ist ein Senat?« fragte ich noch einmal und begann, mit weichen Bewegungen die verkrampften Muskeln seiner Schultern zu lockern.
    Peter lachte und fügte sich den knetenden Kreisen meiner Finger. »Was ist ein Senat? Eine Runde von Männern, deren weise Entscheidungen Rußland wie ein gut geöltes Uhrwerk schnurren lassen sollen – aber Männer, die diese Ehre verdienen und die dort nicht nur sitzen, weil sie als Edelmann geboren sind, verstehst du?«
    Ich nickte. »Worum sollen sie sich denn genau kümmern?« fragte ich weiter. »Werden sie echte Macht haben?«
    »Ja, aber nur soviel, wie ich für gut halte! Sie sollen sich um den Staat kümmern und diesen weise verwalten. Sie sollen kluge, passende Gesetze beschließen und sie in Kraft setzen. Sie sollen die Richter des Reiches im Auge behalten, denn die Klagen über gierige und ungerechte Gerichte häufen sich in letzter Zeit.« Er überlegte kurz. »Und sie sollen mir Geld verschaffen, viel Geld! Wer die besten Vorschläge zur Erschließung neuer Geldquellen hat, ist der beste Senator! Geld für neue Rekruten, Geld für neue Bündnisse, Geld für Sankt Petersburg!!«
    »Brauchen wir denn Geld?« fragte ich mit runden Augen und dachte flüchtig an die ungeheure Pracht, mit der Peter unseren Winterpalast hatte ausstatten lassen.
    Er lachte und fuhr mir durch die Haare. »Der Zar braucht immer Geld! Aber er ist niemals knapp bei Kasse, solange er noch Untertanen hat. Was ihnen gehört, gehört mir. Ich kann mich daran nach meinem Gutdünken bedienen. Nein, mir fehlt bisweilen die Übersicht! Dafür brauche ich einen regierenden Senat. Wer ihm nicht gehorcht, soll ebenso hart bestraft werden, als ob er mir nicht gehorcht.«
    »Was aber, wenn sie sich untereinander gegen dich zusammentun und sich über etwas einigen, das du nicht willst?« fragte ich neugierig. »Gibst du etwa deine Macht aus deiner Hand?«
    Peter schüttelte den Kopf. »Niemals! Ich werde schon dafür sorgen, daß keine zu große Eintracht im Senat aufkommt! Sie dürfen sich nicht gegenseitig vertrauen! Fette Bäuche und freie Geister machen ein rebellisches Herz, und das kann ich bei Gott nicht brauchen!« knurrte er. Die Muskeln in seinem

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