Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
Vom Netzwerk:
Nacken verhärteten sich wieder, und er rieb kurz seinen Kopf an meinem Hals. »Hm, ich würde zu gerne hier bleiben. Aber ich muß den Ukas jetzt sofort schreiben …« Ehe ich ihn noch halten konnte, stand er schon und war mit wenigen Schritten an der kleinen Tür, die in die Tapete des Raumes eingelassen war. So konnte er ungesehen in meine Gemächer kommen und gehen. In diesem Augenblick aber klopfte es an die kleine Tür. Er drehte sich zu mir und fragte neckend: »Erwartest du einen geheimen Besucher, Katerinuschka?«
    Ich schüttelte erstaunt den Kopf und raffte den weichen Schal um meine Schultern, ehe ich mich erhob. Die Teppiche waren warm unter meinen nackten Füßen, und ich öffnete die Tür in der Erwartung, eine meiner Frauen zu sehen. Zu meiner Überraschung kniete dort jedoch ein Bote. Hinter ihm standen zwei Soldaten. Sein Atem ging noch rasch von seinem langen, hastigen Ritt, und sein Mantel war mit Matsch und Eiskristallen bedeckt. Seine Stiefel hinterließen Schlieren aus schmutzigem Wasser von geschmolzenem Schnee und dem Kot der Straßen auf dem weich schimmernden Marmorfußboden des Winterpalastes. Er kniete vor Peter nieder und schlug sich mit der Faust gegen die Brust. Mit gesenktem Kopf stieß er hervor: »Mein Zar! Eine eilige Botschaft von der Goldenen Pforte.«
    Ich lachte und gebot ihm aufzustehen. »Will Tolstoi mehr Gold und Zobel? Da hat er einen schlechten Augenblick gewählt!«
    Der Mann sah mich jedoch nun aus dunklen Augen ernst an. Er hatte keinen Brief bei sich, sondern richtete seine Botschaft mündlich aus. »Karl von Schweden ist an der Goldenen Pforte. Peter Andrejewitsch Tolstoi hat versucht, den Sultan für Rußland zu beeinflussen, aber er hatte nicht die Mittel.«
    Peter zog den Mann auf seine Füße und führte ihn an meinen Kamin. »Karl ist in Konstantinopel? Was meinst du, er hatte nicht die Mittel? Was für Mittel hat Karl denn, bitte? Er hat doch Poltawa arm wie eine Kirchenmaus verlassen?« fragte er mühsam beherrscht.
    Der Bote schüttelte den Kopf. »Der Schwede schwimmt in Gold. Er hat wider Erwarten seine Kriegskasse aus Poltawa gerettet. Zudem haben die Brüder Cook der Englisch-Levantinischen Gesellschaft ihm Geld geliehen, ebenso wie der Herzog von Holstein.«
    »Und?« fragte Peter mit finsterem Gesicht.
    »Nun, der Sultan macht sich schon länger Sorgen um die wachsende Macht Rußlands am Schwarzen Meer. Ihr seid ihm dort für seine liebe Seelenruhe seinem Reich zu nahe. Tolstoi wollte noch retten, was zu retten ist, und zwang den Sultan, sich zu entscheiden.«
    Ich spürte: Es konnte nichts Gutes kommen. Der Bote fuhr fort: »Der Sultan antwortete mit unmöglichen Bedingungen: Stanislaw Leszczynski sollte wieder König von Polen werden. Livland und das Land um Sankt Petersburg soll an Schweden zurückgehen.«
    Peter griff nach einer Schreibfeder und zerbrach sie vor Zorn. »Diese fette Kröte von einem Sultan! Ich hoffe, Tolstoi hat ihm die rechte Antwort gegeben!«
    Der Bote nickte betreten. »Das hat er wohl.« Er wagte nicht, Peter anzusehen.
    »Und?« bohrte Peter weiter. »Was ist geschehen?« Seine Finger spielten unruhig an den Bändern seines grünen Hausmantels.
    »Der Sultan hat Peter Andrejewitsch Tolstoi unverzüglich in das Schloß der Sieben Türme einsperren lassen.«
    Peter murmelte einen derben Fluch. Makarow legte sich eine Hand über die Augen und schüttelte den Kopf. Ich sah nur von einem zum anderen und versuchte zu verstehen.
    »Was bedeutet das?« fragte ich nach einem Augenblick des Schweigens leise.
    Peter wandte sich zu mir und fuhr mir erstaunlich sanft über die Haare. »Das, Katerinuschka, bedeutet Krieg. Weil wir noch nicht genug davon haben: Noch ein Krieg«, murmelte er. Dann lächelte er und fragte mich: »Kommst du mit mir in die Türkei? Ich gebe dir den größten Smaragd, den ich in Konstantinopel finden kann. Und die fette Kröte von Sultan wird auf kleiner Flamme geröstet.«
    Rußland befand sich am selben Tag, an dem es einen Senat erhielt, im Krieg mit der Goldenen Pforte von Konstantinopel.
     
    »Natürlich, seine Wäschehure zieht wieder mit ihm ins Feld!«
    Die kalte Stimme Jekaterina Iwanownas schnitt durch die kleine Runde in Praskowjas Haus. Die Zarewna hatte den Augenblick für ihre Worte schlecht gewählt: Sie schnitten hell und grausam in eine kleine Stille, die unvermittelt eingetreten war. Die Diener hatten eben den zweiten Gang abgetragen, und die Instrumente der Musikanten mußten neu gestimmt

Weitere Kostenlose Bücher