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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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Gott versuchen, mich dieser Ehre Eurer Majestät gerecht zu erweisen.«
    Als ich mich erhob, hob Peter die Hand und lachte nun wieder: »Musik! Und den Perlwein aus Frankreich! Na los, Ihr faules Pack, und wehe Euch, einer geht, ehe ich es zulasse!«
    Die Musikanten spielten zu einem Tanz auf, und Peter küßte nun auch meine Hand. »Darf ich bitten?« fragte er ungewöhnlich galant. »Und nun hör’ bitte auf zu weinen, matka . Das gehört sich nämlich nicht, wenn der Zar dich zu seiner Gefährtin erklärt«, fügte er mit leiser Stimme hinzu, so daß nur ich ihn hören konnte. Da mußte ich nur noch mehr weinen und konnte mich den ganzen Abend lang nicht mehr beruhigen.
     
    Ich freute mich darauf, wieder mit Peter ins Feld zu ziehen, und ich ließ meine Kisten packen. Anna und Elisabeth spielten in meinen Räumen, während ich mit meiner Haushofmeisterin durch die lange Liste der Dinge ging, die ich im Lager haben wollte. Beide Mädchen waren groß und stark für ihr Alter. Dennoch entging mir nicht, daß die kleine Elisabeth keine Gelegenheit ausließ, Anna zu knuffen oder ihr ihren Willen aufzuzwingen. So hatte ich eine Hofdame dazu abgestellt, die beiden auseinanderzuhalten: »Lisenka! Wirst du wohl Annuschka nicht an den Haaren ziehen!« hörte ich ihre angestrengte Stimme. Ich herzte beide zum Abschied und ließ sie dann in der freundlichen und geduldigen Obhut von Natalja Alexejewna zurück. Die Wahl, bei ihnen oder bei ihrem Vater zu sein, war wie immer furchtbar für mich. Trotz der Ehre, die Peter mir erwiesen hatte, schien mir das Leben an seiner Seite noch immer wie ein Gang auf dem ersten Eis der Newa im frühen Winter. Man wußte nie, ob die Schollen aus Schwarzeis einen tragen wollten oder nicht.
     
    Scheremetjew und seine Männer waren bereits von Riga aus losmarschiert: Sie wollten in Smolensk neue Rekruten ausheben. Peter trieb den erschöpften Mann in zornigen Briefen immer weiter: Seine Truppen mußten die Donau erreichen, ehe die Türken in Polen und Moldawien einmarschieren konnten! Schnell, schnell, schnell, kein Tag durfte verloren werden! Unser eigener Weg führte uns ebenfalls über Smolensk und Sluzk, denn die Straße von Kiew war aufgrund möglicher Tatarenangriffe zu gefährlich. Als wir im März mit dem ersten lauen Frühlingswind Sankt Petersburg verließen, wehte über unseren Köpfen ein Banner mit dem Kreuz und den Worten des heiligen Konstantin: »Unter diesem Zeichen siegen wir.« Neben Peter ritt Prinz Dmitri Kantemir von Moldawien, gefolgt von seinen fünftausend Mann, die mit uns kämpfen sollten. Als wir ihn und seine schweigsamen, vom rauhen Wetter ihrer Berge gegerbten Truppen begrüßten, saß neben ihm ein wunderhübsches kleines Mädchen auf ihrem eigenen kleinen Pferd. Ihr Haar war von der Farbe frischen, aus Waben gepreßten Honigs, und ihre Haut schimmerte matt wie Gold. Ihre Augen waren hell wie die eines Schlittenhundes, und sie hielt sich so aufrecht wie eine echte Prinzessin.
    Peter musterte das Kind, das vielleicht acht Jahre alt sein mochte, erstaunt: »Wer ist das, Prinz Dmitri? Der Krieg ist kein Platz für Kinder. Schon Frauen haben es schwer, mich von der Notwendigkeit ihrer Anwesenheit im Feld zu überzeugen.« Er zwinkerte mir zu.
    Der Prinz Kantemir lächelte. »Das ist meine Tochter, Maria Kantemir. Ich nehme sie immer und überallhin mit. Ich könnte niemandem an meinem Hof so weit trauen, um sie dort zurückzulassen.«
    Die kleine Prinzessin nickte uns gelassen zu. Peter meinte nur: »Wie schön sie ist.« Er starrte das Mädchen unverhohlen an. Dabei aber war sein Blick der eines Mannes zu einer Frau. Mir wurde unwohl, ohne daß ich genau sagen konnte, weshalb. Maria Kantemir sah ihn ausdruckslos und schweigend an. Dann gab sie ihrem robusten kleinen Pferd die Sporen und ließ den Zaren von Rußland in einer Staubwolke zurück. Er sah ihr nach, als wolle er sie mit den Augen auffressen.
     
    In jenem Jahr verbrannte schon die junge Frühlingssonne die magere Saat auf den sonst so fruchtbaren Feldern. Das Gras auf den Wegen war bitter und trocken, so daß nicht einmal unsere Pferde Nahrung fanden. Zudem waren die Weiten der Ukraine im vorherigen Herbst durch eine Heuschreckenplage kahlgefressen worden. Die Hitze verschlimmerte so noch die Hungersnot, die schlechte Ernten nach schweren Unwettern im Vorjahr hervorgerufen hatten. Die Flußläufe waren schon kurz nach der ottepel ausgetrocknet, und das wenige Wasser, das wir in Dorfbrunnen fanden, war

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