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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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wollte keinen schmachvollen Frieden, sondern lieber den Tod. Peter dagegen stand hier vor mir: Seine Pferde waren gesattelt, und dem Kosakenführer, den er bei sich hatte, wollte ich keinen Laib schimmligen Käses anvertrauen, geschweige denn mein Leben! Der Mann war klein und kaute an einer Betelnuß. Er schnalzte mit der Zunge und spuckte einen roten Strahl aus. Seine Augen leuchteten im Mondlicht wie die Feuer, mit denen Strandräuber verirrte Schiffe auf die Klippen locken. Wie verzweifelt mochte Peter wohl sein? Ich machte mich von ihm los und sagte ruhig: »Nein.«
    Er wiederholte erstaunt: »Was, nein? Nun mach schon! Wir müssen die Wolken nutzen! Sie verdecken den Vollmond, und niemand wird uns sehen.«
    »Du bist besiegt worden, nicht wahr? Wir sind vernichtend geschlagen? Wir sind dem Sultan ausgeliefert?« versicherte ich mich leise. Ich konnte trotz der Dunkelheit erkennen, wie Peter stumm nickte. »Na und?« fuhr ich fort. »Wir sind noch immer stark in den Augen der Türken. Sie wissen wahrscheinlich gar nicht, was sie dir angetan haben! Hier ist noch gar nichts entschieden! Ronne und Tschiriwow müssen bereits in Braila stehen! Von dort schneiden sie den Türken den Rückzug ab.«
    Er versuchte jedoch noch, mir zu widersprechen. »Weib! Du weißt nicht, wovon du sprichst!« fuhr er mich zornig an.
    »Oh doch!« antwortete ich und gab einem der Soldaten, die bei Peter standen, ein Zeichen. Er ergriff den Kosaken mit einem Arm und jagte ihm mit der anderen Faust einen Schlag zwischen Brust und Bauch. Der Mann gurgelte und fiel dann mit einem Zischlaut in sich zusammen. »Bring ihn weg. Und sorge dafür, daß niemand je erfährt, weshalb er hier war«, befahl ich leise. Ich fuhr mir mit der flachen Hand über den Hals und der Soldat nickte.
    »Was hast du getan?« schrie Peter leise auf. »Bist du wahnsinnig? Was sollen wir jetzt tun?«
    »So wird niemand je wissen, daß der Zar der Russen bei Nacht und Nebel fliehen wollte!« zischte ich zurück. »Was willst du denn? Daß ganz Europa sich vor Lachen darüber auf die Schenkel klopft, wie der Bär von Rußland flieht? Wenn du jetzt fliehst, zerstörst du alles, alles, was du je aufgebaut hast.«
    Er kniff die Lippen zusammen. Ich zählte seine Atemzüge.
    »Was schlägst du dann vor, Katharina Alexejewna?« fragte er schließlich. Ich sah ihn an und antwortete ruhig: »Ich gehe jetzt meine Juwelen holen. Scheremetjew und Schafirow sollen sie dem fetten Sultan zum Geschenk machen, zusammen mit all dem nutzlosen Gold in meiner Schatulle. Und dann verhandelt Rußland.«
    Peter überlegte kurz. Dann nickte er und befahl einem anderen Soldaten seiner Garde: »Hol mir Peter Schafirow und den Feldmarschall Scheremetjew. Schnell.« Der Mann verschwand mit seinem Auftrag in der Dunkelheit. Peter strich mir über die Wange. »Du bist keine Frau, du bist ein Mann. Du solltest Rußland beherrschen, nicht ich.« Er schien nachdenklich. »Zumindest heute nacht!« entkräftete er dann seine Worte rasch.
    Ich drehte mich wortlos um und ging in das Zelt. Dort griff ich meine Schmuckschatullen, zwei kleine mit Eisenbändern beschlagene Truhen. Dann entfaltete ich einen meiner persischen Schals und leerte den funkelnden Inhalt der beiden Kästen darauf aus. Die Perlen, Saphire, Rubine und Smaragde glitzerten im Dämmerlicht des Zeltes, als die Brustkreuze, Haarnadeln, Kämme, Ketten, Ringe, Ohrgehänge, Armbänder, Broschen und Litzen mit leisem Klirren auf den weichen Stoff fielen. Ich sah auf den Haufen von Juwelen zu meinen Füßen. Dies war alles, was ich selber an Reichtum besaß. Es war meine Absicherung gegen Peters Launen und die stete Gefahr, daß er eine Prinzessin aus Europa freien würde. Mein Schutz gegen meine Unfähigkeit, ihm einen starken Sohn zu schenken. Diese Juwelen konnten meinen Töchtern eine Erziehung und mir eine Zukunft sichern. Ich sah viele Stücke, mit denen ich besondere Augenblicke meines Lebens verband. Peter hatte mich zu Namenstagen, dem Julfest und anderen Festen stets reich beschenkt. Ich griff nach einem Haarreif aus Ranken von Perlen, Rosenquarz, Turmalinen, blauem Topas und fein geschlagenem Gold. Ich hatte ihn zum letzten Julfest zu meiner Verkleidung als Blumenfee im Haar getragen, gemeinsam mit der passenden Kette und Armreifen. Beide lagen nun unter anderem Schmuck verborgen. Ich entdeckte die Ohrgehänge von Peters Mutter, sein erstes Geschenk an mich. Ich ergriff sie, und steckte sie in den kleinen Beutel an meinem Gürtel. Ich

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