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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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fuhr mit den Händen durch die Stücke, so, als seien es wertlose Flußkiesel. Achtlos wurden die Ketten aus bunten Diamanten beiseite geschoben, und sie verfingen sich ineinander. Sollte der Sultan sie doch auseinanderklauben, dachte ich bei mir. Schließlich fand ich, was ich gesucht hatte: ein Armband, das aus kleinen Bildern von Peter, Anna und Elisabeth geformt war. Ihre Gesichter lächelten mich aus ihrem Brillantenrahmen an, und ich legte mir das Band um. In diesem Augenblick sah ich auch den Ring, den mir Peter zum ersten Geburtstag unserer kleinen Jekaterina geschenkt hatte. Es war ein gelber Diamant, der Herzförmig in ein Band aus Gold geschmiedet war. In das Band selber war eine blonde Locke ihres Haares eingelassen. Ich streifte ihn mir über den Finger. Das Tuch raffte ich um die übrigen Juwelen zu einem unförmigen Bündel zusammen. Ich hob es über meine Schulter und griff noch die Goldschatulle, die ich unter meiner Bettstatt aufbewahrte. Schafirow und Scheremetjew nahmen beides schweigend in Empfang und verließen das Lager damit. Der anbrechende Tag schluckte ihre Schatten.
    Peter zog sich einen Siegelring vom Finger. Er legte ihn in meine Hand und schloß meine Finger darum. »Laß uns nie vergessen, was du heute getan hast. Und laß uns auch die Tapferkeit von Schafirow und Scheremetjew nicht vergessen!« sagte er leise. Ich nickte stumm und ließ den Ring in den Beutel an meinem Gürtel gleiten. Dort vergaß ich ihn, bis hin zu einem bestimmten Tag, sehr viel später in unserem Leben.
     
    Der Sultan nahm meine Gabe in Gnade auf: Er soll meine Steine mit einem anerkennenden Schnalzen der Zunge begutachtet haben. Rußland kam glimpflich in den Verhandlungen weg. Der Vertrag von Pruth bestimmte, daß Asow nun wieder der Türkei gehörte. Alle russischen Festungen entlang des Asowschen Meeres wurden geschleift. Peter mußte ein für alle Mal damit aufhören, sich in die polnischen Angelegenheiten zu mischen. Der Rückzug ko stete uns wiederum Monate. Peter trank mit seinen Soldaten die Nächte hindurch, und er hurte mit den leichten Mädchen, die jeden Troß mit Soldaten begleiten. Mir entging nicht, daß Blumentrost ihn wieder mit Quecksilber behandelte und daß sein Leib oft geschwollen war. Gott in seiner Gnade ersparte mir die Ansteckung mit seiner Krankheit wie durch ein Wunder. Um ihn nach seinen Ausschweifungen wachzubekommen, ließ ich ihm mehr als einmal einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf schütten.
     
    Erst als wir kurz vor den Toren von Sankt Petersburg standen, hielt Peter auf einer Anhöhe sein Pferd und griff mir in die Zügel. »Katharina Alexejewna, heirate mich, sobald das Eis der Newa schmilzt. Und ich meine es ernst«, sagte er bittend.
    Ich fand keine Worte. Die Ebene, auf der sich Sankt Petersburg erstreckte, lag friedlich in der Abendsonne. Wie schön die Stadt war! Wie froh ich war, nach Hause zurückzukehren! Wir hatten den Krieg verloren, doch ich hatte gesiegt. Die sternförmigen Mauern der Peter-und-Pauls-Festung färbten sich rot im Abendlicht. Das Wasser der Newa schimmerte grün und geheimnisvoll.
    »Hast du mich gehört?« fragte Peter mich nun ungeduldig.
    Die Stadt hüllte sich langsam vor unseren Augen in die ersten Nebel des frühen Abends.
     

6. Kapitel
     
     
    Es war der Morgen meiner Hochzeit mit dem Zaren aller Russen: Fast zehn Jahre waren seit dem Sturm auf Marienburg vergangen. Fast zehn Jahre war es her, seitdem ich Alexander Danilowitsch Menschikows Zelt betreten hatte. Damals hatte ich schmutzige Füße, trug eine zerrissene Tunika und schlief klaglos auf dem Erdboden der Zelte im Feld.
    An jenem Tag jedoch saß ich in meinem blauen Schlafzimmer im Winterpalast im Bett und besah zufrieden die weiche Haut meiner Fußsohlen. Dies waren die Füße einer Frau, die jede Woche im Badehaus gewalkt wurde. Eine Frau, der jeder Flecken Haut mit einem Bimsstein weichgerieben und mit Mandelöl und Limonenpaste gesalbt wurde. Eine Frau, die nie einen Schritt zu weit gehen mußte, und wenn, dann nur in Pantoffeln aus Samt. Wie würden die spitzen Steine am Ufer der Vaïna heute unter meinen Sohlen schmerzen, dachte ich und krümmte vergnügt meine rosigen Zehen ein, um sie dann wieder auszustrecken.
    In diesem Augenblick betraten Darja und Anna mein Zimmer. Beide versanken in der Tür in einen tiefen Knicks, als meine Kammerfrau gerade die schweren Bettvorhänge von meinem Lager zurückzog. Sie lief mit leisen Schritten und raschelnden Röcken an die

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