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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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Fenster und zog auch dort die Stoffe aus chinesischer Seide zurück. Der Raum war warm von dem Feuer, das meine Kammerjungfer auch über die Nacht in dem Ofen mit Delfter Kacheln in Gang hielt. Ich schob das Tablett mit den duftenden Pfannkuchen, der sme tana , dem Honig und der bittersüßen heißen Schokolade beiseite und streckte die Arme nach meinen Freundinnen aus: »Kommt und weint mit mir! Ich kann es nicht fassen!« rief ich.
    Beide schluchzten auf und umarmten mich. Sie trugen bereits enggeschnürte und reichbestickte Morgenkleider. Ihr Haar war sorgsam unter weichen, gepuderten Perücken verborgen, die der parikmacher in weiche Wellen gebrannt hatte. An ihrer Brust schimmerte matt ihr neues Abzeichen, das sie vor aller Welt zu Hofdamen der Zariza machte: Die verschlungenen Anfangsbuchstaben meines Namens, um spitz geschliffene Diamanten geschmiedet. Ich hatte mir nur rasch einen Morgenmantel aus Brüsseler Spitze übergestreift, und meine dunklen Locken fielen frei über meine Schultern. Darja lachte und sagte: »Steh’ auf, Zariza. Du kannst doch nicht im Bettgewand heiraten!«
    »Weshalb nicht? Im Bett hat Peter mich doch liebengelernt«, lachte ich.
    Unsere Augen trafen sich, und wir sahen uns verschwörerisch an. Meine Kammerfrau kam wieder zur Tür herein und meldete nun auch die Ankunft meines eigenen parikmachers , der mir eine gepuderte hohe Perücke hatte anfertigen lassen. Hinter ihm wartete bereits der Schneider mit seinen beiden Gesellen. Ich ließ alle bitten und befahl Anna und Darja derweil: »Eßt und trinkt, der Tag wird lang!« Meine nackten Füße glitten über den golden schimmernden Parkettboden bis hin an das Fenster, und ich machte übermütig einige Tanzschritte. Darja und Anna lachten mit vollem Mund und klatschten in die Hände: »Tanze, Zariza, tanze!« riefen sie und griffen dann wieder zu bliny und smetana. Darja war über ihrer Vorliebe für den sauren Schlagrahm rund wie eine Kugel geworden, und es schmeckte ihr auch an jenem Morgen.
    Ich sah aus dem Fenster hinaus auf die Newa. Auf dem Eis des Flusses tummelten sich heute die Schlittschuhläufer Hand in Hand. Die Schlitten mit bunten Fahnen und Girlanden aus Immergrün glitten ihrer Wege. Der Himmel über dem vor Eisschollen glitzernden Fluß war so blau wie die Tapeten aus chinesischer Seide in meinem Zimmer. Die fahle Wintersonne ließ die Stadt unwirklich aufleuchten, und die Zweige der Bäume und Büsche am anderen Ufer wirkten wie aus Silber geschlagen. Ein Reich aus Eis: Ich sollte seine Herrin sein.
    Von der anderen Seite des Palastes hörte ich nun Trompeten schallen. Unsere Stadt feierte voll Stolz mit uns! Die Freude, welche sich dort im kalten Licht des ersten Frühlings entfaltete, galt mir! Damit war es um mich geschehen: Ich weinte, weinte und weinte den ganzen Morgen über vor Freude. Darja umflatterte mich auf meinem Stuhl vor dem Schminktisch und flehte mich an: »Ich kann dich nicht schminken, wenn du weinst, Martha!«
    »Katharina Alexejewna!« verbesserte ich sie augenblicklich, versuchte aber dennoch, meine Tränen zu unterdrücken. An jenem Morgen hörte ich meinen alten Namen zum letzten Mal.
    In dem mit Silber und Perlmutter gerahmten Spiegel verschwand vor meinen Augen Martha, die namenlose Seele mit dem verzweifelten Herzen und dem knurrenden Magen. An ihre Stelle trat Katharina Alexejewna, die mich aus den stolz leuchtenden Augen einer Zariza ansah. Ich musterte meine Erscheinung: Seit Wochen hatte Peters italienischer Bader mir Lösungen aus Buttermilch, Zitrone und Alkohol geliefert, die ich mir auf die Haut reiben ließ, um sie hell wie den Marmor aus seinem Heimatland schimmern zu lassen. Dazu wurden meine Haare geduldig Woche um Woche in einer Spülung aus Kastanien, Bier und Eiern gewaschen, um ihnen nach der gnadenlosen Sonne vom Pruth wieder Glanz und Farbe zu verleihen. Ich war zufrieden: Meine Haut war matt, aber leuchtend, und meine Augen erschienen groß und glänzend unter den Tropfen der Tollkirsche, die Darja mir in meinen Morgentrank aus warmem Wasser, Essig, Zitronensaft und Honig gemischt hatte.
    Ich konnte die leisen, aber aufgeregten Stimmen außerhalb meines Appartements vernehmen, als ich aufstand und vorsichtig unter dem erdrückenden Gewicht meines Kleides nach meinem Gleichgewicht suchte. Das Gewand war aus silbernem Atlas geschneidert und aus Eitelkeit so eng geschnürt, daß ich kaum atmen konnte. Auf dem Leibchen waren dicht an dicht Vögel, Schmetterlinge und

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