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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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Rand.
    Peter fuhr etwas leiser fort: »Hat er mich, seitdem er seine Volljährigkeit erreicht hat, in meinen Mühen und meinem Streben auch nur ein einziges Mal unterstützt? Der Gedanke, ich könnte sterben und mein Reich fiele an ihn, läßt mich krank vor Angst werden …«
    Rumjanzew beruhigte ihn. »Sicherlich, sicherlich. Und, mein Zar, sei dir gewiß, daß wir dir bei jeder Entscheidung zur Seite stehen. Aber warte noch die paar Monate. Wie frech und fordernd kann Alexej noch sein, wenn er einen Sohn und einen Bruder hat?«
    Wenn, dachte ich. Ich versuchte den Zweifel in meinem Herzen durch ein Gebet zu ersetzen.
    Der Zar nahm schweigend und mit düsterem Gesicht einen tiefen Zug aus seinem Humpen, der hoch wie sein Ellenbogen war. Ich folgte seinem Blick durch den Raum. Dort saß die junge Kronprinzessin. Die Ehe und ihr gesegneter Zustand bekamen ihr nicht. Sie aß nur wenig und ließ sich ständig von ihrer Hofdame frische Limonade bringen. Ihre Haut war grau und von unschönen Pickeln und Geschwüren übersät. Ihr Haar schien an Glanz zu verlieren, und ihre Kammerfrau hatte es wohl nur mühsam in weiche Locken gebrannt.
    Ich dachte an ihren letzten Brief, der den Hof von Braunschweig nie erreicht hatte: »Ich bin ein Opferlamm, das auf dem Altar unseres Hauses dargebracht wurde, ohne daß jemand dadurch den geringsten Vorteil erlangt hätte. Ich sterbe einen langsamen Tod an Kummer und Einsamkeit …«, hatte Makarow Peter und mir vorgelesen.
    In diesem Augenblick hörte ich Peter sagen: »Schwägerin des Kaisers von Österreich oder nicht, ich weiß ja nicht, wie es meinem blöden Sohn gelungen ist, diese Heuschrecke noch einmal zu schwängern! Ich brächte ihn bei dieser häßlichen Hopfenstange nicht hoch …«
    Ich hörte Tolstoi und Rumjanzew lachen. Peter Andrejewitsch Tolstoi lehnte sich vertraulich nach vorne und meinte dann: »Ich habe gehört, daß seine Geliebte dem Prinzen dabei zur Hand gegangen ist …« Er machte eine eindeutige Handbewegung, und die drei Männer verschluckten sich wieder fast vor Lachen.
    Ich sah mich nach meinen Hofdamen um, und Anna Kramer, aufmerksam wie immer, fing meinen Blick auf. Sie stellte ihr Glas nieder und eilte zu mir.
    »Wo ist der Prinz Alexej heute abend?« fragte ich sie leise. Sie hielt die Augen niedergeschlagen. »Er sagte, er kann den Anblick seiner Frau nicht mehr ertragen. Er speist allein mit Afrosinja«, antwortete sie wahrheitsgetreu.
    »Ist Afrosinja stets bei ihm?« fragte ich weiter. Anna nickte. »Immer. Sie wollen keinen Augenblick getrennt sein. Der Prinz hat ihr glanzvolle Räume einrichten lassen …«
    In diesem Augenblick hob Peter seinen Humpen und schrie durch den Saal: »Eine Runde auf das Wohl meines ungeborenen Sohnes! Und auf meinen Enkelsohn!«
    Alle erhoben sich, die Stimmen wallten zu Hochrufen auf, Pistolenschüsse knallten in die Decke, und ich lächelte der Kronprinzessin ermutigend zu, als sie höflich mit ihren blassen Lippen von dem Wein nippte. Dann trank auch ich.
     
    Peter runzelte die Stirn und las mir die Worte vor, die er soeben in einem Brief an Alexej zu Papier gebracht hatte: »Mein Sohn – es schmerzt mich immer mehr, einem niederen Wesen wie Dir diese Anrede zuteil werden zu lassen. Ich habe weder mein Leben noch meine Kräfte für Rußland und mein Volk geschont. Weshalb sollte ich also Dein Leben schonen, das doch so unwürdig ist? Ich gebe meinen Thron lieber einem würdigen Fremden als einem unwürdigen Sohn …«
    Ich selber ging unruhig in meinem kleinen Studierzimmer auf und ab, dessen Wände mit dunkelrotem Lackierwerk bedeckt waren. In Schalen aus chinesischem Porzellan brannte Räucherwerk aus Persien. Die Bewegung sollte mir die Last meines geschwollenen Leibes erleichtern. Es war ein klammer, feuchter Oktobertag, und der kalte Wind zog selbst durch das geschlossene, in eine Bleifassung eingelassene doppelte Fenster und die schweren Vorhänge. Selbst das warm duftende, flackernde Feuer im Kamin konnte mir nicht die Knochen wärmen. Ich hatte zum ersten Mal Angst vor einer Niederkunft. Mein Leib war so rund und geschwollen, daß ich manchmal dachte, ich müsse Zwillinge erwarten. Zwei Söhne für Peter? Das Herz schlug mir schneller bei diesem Gedanken, doch ich verbot mir jegliche Tagträumerei.
    »Ruf den Boten herein, damit ich den Brief zu Alexej schicken kann …«, sagte Peter gerade.
    Ich hielt in meinem unruhig wandernden Schritt inne. »Sind deine Worte nicht ein wenig hart gewählt? Nun

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