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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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angreifen. Da hab’ ich ihm damit gedroht, ihm den Schädel einzuschlagen.«
    Mein Vater lachte auf und hustete dann. Er war schon lange krank von dem Rauch, der stetig vom flachen Ofen in unsere Hütte zog. Es war die einzige Art für die Armen, die isba zu heizen, und viele von uns starben daran.
    »Gut«, sagte er nur, als er wieder Atem schöpfen konnte.
    Wir schwiegen, bis sie kamen. Nur Elisabeth Rabe atmete einige Mal zischend aus und musterte mich kalt und abschätzend.
     
    Die Mönche stießen nach einem kurzen Klopfen die Tür von selber auf. Das Gesicht meines Vaters wurde nun leer, ja fast dumm, als sie hereinkamen. Seine Seele verließ ihn, und er verwandelte sich in den stumpfsinnigen Leibeigenen. Er hob seinen Hintern von der Bank, bekreuzigte sich auf russische Weise mit drei Fingern und sank dann wieder nieder.
    Mit den Mönchen betrat auch der Russe vom Fluß unsere isba. Er sah sich angewidert in dem kleinen Raum um, dessen vier Wände unser erbärmliches Leben zusammenhielten. Zwischen den Balken der Wand steckte Moos, das wir vorher gekocht hatten. In frischem Moos nisteten sich gerne Kakerlaken ein, und das Kochen tötete sie ab. Seine Augen streiften die bescheidenen Bündel von Kleidern und Decken, die wir am Boden neben dem Ofen stapelten. In der Ecke neben dem Bottich mit Wasser stapelten sich unsere Schalen aus grob geschnitztem Holz. Daneben stand der zweite Bottich, in den wir uns erleichterten und den wir auf die Straße leerten. Er zog spöttisch, und, wie mir schien, auch angewidert die Mundwinkel nach unten. Mit der Spitze seines Stiefels schob er etwas Stroh auf dem Boden von rechts nach links, um sich den Kot von den Absätzen zu wischen. Ich haßte ihn augenblicklich für diesen Hochmut. Es war doch mein Heim.
    Der erste Mönch ergriff das Wort und begrüßte meinen Vater als brat , was Bruder bedeutete. Mein Vater antwortete mit einem gemurmelten »Willkommen, otez .«
    Der Mönch verneigte sich vor unserer Ikone und bekreuzigte sich. Nun konnte der Besuch beginnen.
    »Guten Abend – Ich sehe, daß du deine Ikone sauberhältst … gut!«
    Mein Vater lächelte dumm und sagte nichts. Christina jedoch wiederholte frech ein bekanntes Bauernsprichwort: »Pah – Ikonen! Wenn sie nicht zum Beten taugen, dann kann man damit die Töpfe zudecken! Die Nachttöpfe!«
    Anna kicherte, und ich sah Christina dankbar an. Ich konnte spüren, daß sie ebenso ärgerlich war wie ich. Der Mönch straffte sich und wandte sich nun ohne weitere Umstände an meinen Vater. »Moritz, wir hatten in den letzen Tagen einen Besucher bei uns im Kloster – Wassili Gregorowitsch Petrow. Er ist ein Kaufmann aus Walk. Wassili hat ein großes Haus, und er benötigt eine Dienstmagd. Er hatte die Gnade, dabei an deine Familie zu denken.«
    Die Gnade! Ich verschluckte mich fast vor Zorn. Wassili sah mich dabei eindringlich an. Als der Mönch seinen Satz beendete, herrschte einen Augenblick lang Stille in der isba . Elisabeth Rabe sprang behende auf und griff Christina am Arm. Sie schob ihre Tochter nach vorne und verneigte sich leicht vor Wassili. Ehe sie zu sprechen begann, leckte sie sich rasch die Lippen. Sie sah, so fand ich, aus wie eine Eidechse, die nach einer Fliege schnappt.
    »Ich verstehe, Herr. Ein großes Haus – da braucht man Hilfe! Ich sage dir, Herr, keine andere arbeitet so hart und ist so geschickt wie meine Christina! Sieh sie dir an, Herr, ist sie nicht ein Engel? Die Haare« – sie zerrte ungeduldig an Christinas Zopf, bis ihre blonden Locken lose über ihre Schultern fielen – »die zarte Haut und die schönen Zähne!«
    Ich traute meinen Augen nicht – sie zwang tatsächlich den schmal geschwungenen Kiefer meiner kleinen Schwester auf, so daß ihre Zähne sichtbar wurden. Es war widerlich. Wie auf dem Viehmarkt im Frühling! Die Buhle! Christina stand selber wie erstarrt. Selbst die Mönche zogen die Augenbrauen hoch. Mein Vater drehte sein Gesicht zur Wand. Wassili ließ die Augen über Christina schweifen und griff dann abschätzend an ihre Handgelenke. Die Adern darin schimmerten blau durch ihre helle Haut. Er grinste und schüttelte den Kopf.
    »Nein, die ist mir zu schwach. Sie stirbt nach einem Winter – das kann ich schon jetzt sehen. Und ich kann es mir nicht leisten, einen nutzlosen Esser durchzufüttern.« Er kniff sie in die schmalen Hüften. »Zum Kinderkriegen taugt sie auch nichts.«
    »Gewiß, gewiß«, vermerkten die Mönche eilfertig und warfen sich untereinander Blicke

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