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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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deren Fell an ihrem Bauch die Farbe von gebranntem Zucker hatte, hatte Junge geworfen. Natalja Petrowna konnte sich vor Entzücken über die blinden, tapsigen Kätzchen nicht beruhigen. Sie saß auf Peters Knien und drückte sich die Fellbündel ins Gesicht, bis sie niesen mußte.
    »Welches willst du für dich, meine Große?« fragte Peter sie stolz.
    Das Licht fiel durch die Stallfenster auf Nataljas hellbraune Locken, und mein Herz zog sich vor Liebe zusammen. Im Herbst bereits sollte sie ersten Unterricht erhalten.
    »Muß ich mich denn entscheiden? Kann ich nicht alle haben?« fragte sie erstaunt. Ich sah, wie Peter hastig alle fünf kleinen Katzen in seine großen Hände nahm. »Natürlich, mein Engelchen, du kannst sie alle haben! Und schau, es sind genau fünf Stück! Wie deine Tanten Iwanowna, ist das nicht fein? Vielleicht will deine Base Anna Leopoldowna auch eines abhaben?« Natalja dachte kurz darüber nach und meinte dann friedfertig: »Gut. Eines kann sie haben.«
    »Halt’ deinen Rock auf, dann können wir sie hineintun. Ich nehme die alte Katze mit, denn die Kleinen brauchen ja ihre Mutter noch«, sagte Peter. Er nahm die Stallkatze auf, die ihre Krallen in seine Hände schlug. Er schien nichts zu bemerken und wandte sich mit Natalja zum Gehen. »Kommst du?« fragte er mich noch.
    Ich schüttelte den Kopf. »Elisabeth ist draußen. Sie will den Hengst zureiten, den der König von Frankreich ihr hat senden lassen. Da will ich zusehen.«
    Peter lachte. »Na, dann paß’ auf, daß sie sich nicht den Hals bricht, ehe wir sie nach Paris verheiraten!«
    Ich sah Peter und Natalja nach, wie sie aus dem Dunkel der Ställe in die hellen Sonnenstrahlen des Frühlings eintauchten. Draußen im Hof wartete bereits Anna Kramer auf sie, die schützend Nataljas freie Hand ergriff.
    Elisabeth nahm meine Anwesenheit am Reitring mit einem höflichen Nicken zur Kenntnis. Sie hatte mir nicht verziehen, daß ich Wilhelm Mons aus ihrem Staat genommen hatte. Der Hengst, den sie zuritt, war ein glänzender Brauner, dem sie mit fester Hand ihren Willen aufzwang. Wenn sie ihre Kraft nur je in richtige Bahnen lenkt, ging es mir durch den Kopf, so kann sie Frankreich eine gute Königin werden. Wenn sie nur je die wird, die sie ist.
     
    Als ich Peters Studierzimmer betrat, befand sich dort zu meiner Überraschung auch der ehrenwerte Feofan Prokopowitsch. Er lehnte an einem der hohen Fensterbretter, und seine dunkle Mönchskutte verschmolz mit dem matten Holz der Wandverschalung. Das Zimmer duftete nach Staub, Papier, Tinte und Tabak: Jedes Stück darin sprach von Peters Wesen.
    Die Fenster des Eckzimmers waren geöffnet, und die salzige Luft der Bucht von Finnland füllte unsere Lungen. Sonnenstrahlen fielen auf die Teppiche aus persischer Seide, und ich hörte das Plätschern, mit dem die Wasser der Brunnen hoch in die Luft stiegen, um dann in ihre Becken aus Marmor zu fallen. In Peterhof atmete unser Herz.
    Feofan neigte den Kopf, als ich den Raum betrat, und ich küßte ehrerbietig den Stein in der Mitte seiner Panagia . Er schlug segnend ein Kreuz über mein gebeugtes Haupt. Über die Jahre war der Pope, vor dem Peter mir vor langer Zeit das Eheversprechen gegeben hatte, ihm unentbehrlich geworden. Er hörte in der Vielfalt seiner Begabungen nie auf, mich zu erstaunen: Theaterstücke entsprangen seiner Feder ebenso wie die Geschichte des Nordischen Krieges, an der er an jedem Sonnabend gemeinsam mit Peter schrieb. Alle seine Schriften waren dem Zaren zu Gefallen: Er predigte Treue und Gehorsam in der Zeit von Alexejs Verrat und konnte Oden auf den Ruhm von Peters Flotte dichten. Als der Patriarch Stefan Jaworski seine Ernennung zum Erzbischof von Pskow verhindern wollte, nahm Peter dies zum Vorwand, das Patriarchat abzuschaffen. An seine Stelle trat die religiöse Geistesschmiede der Prawitelstwujuschtschi . Die Mitglieder der Heiligen Dirigierenden Synode unter dem Vorstand von Jaworski mußten hilflos mit ansehen, wie ihnen Vorteil um Vorteil entzogen wurde und wie Feofan Prokopowitsch dem Zaren den Titel »Vater des Vaterlandes« verlieh. Ich wußte, daß Feofan die Werke von Gelehrten, deren Namen ich kaum aussprechen konnte, in ihrer eigenen Sprache las: Spinoza, Descartes, Bacon und auch Leibniz, an den ich mich erinnerte. Was konnte er hier in Peterhof wollen? Meist zog er die kühle Dunkelheit seiner Bibliothek dem hellen Licht unseres Sommerpalastes vor.
    Ich bezähmte meine Neugierde und küßte Peter, der an

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