Die Zauberer 01 - Die Zauberer
wir es jetzt so, wie ich sage.« Dann befahl er mit lauter Stimme: »Alle raus aus dem Korb und abgestiegen, ehe der Sturm uns voll erwischt!«
»Verstanden«, bestätigte Alannah und schickte sich an, aus dem Korb zu klettern.
»Du ... du folgst ihm?«, fragte Aldur verständnislos.
»Allerdings.« Sie nickte. »Denn ich will leben.«
Der Wind und der Schneefall hatten an Stärke zugenommen. Die Flocken waren kleiner geworden und schienen aus winzigen Eissplittern zu bestehen, die in ihre Gesichter nadelten. Dennoch harrte Granock aus, bis alle außer ihm den Korb verlassen hatten und von dem Eisbären geklettert waren. Dann erst stieg er selbst aus und löste die Schnallen, mit denen der Korb auf dem Rücken des Reittiers befestigt war. Der Korb rutschte seitlich herab und landete im Schnee, wo er sich überschlug und mit der Öffnung nach unten liegen blieb.
»Gut so!«, rief Granock gegen den Wind an, der sich inzwischen zu einem tosenden Orkan gesteigert hatte. Es war noch finsterer geworden, das Schneetreiben hatte weiter zugenommen, und der Tag war zur Nacht geworden. »Jetzt kriecht darunter und haltet den Korb fest, so gut ihr könnt, verstanden?«
»Was ist mit dem börias ?«, fragte Caia. »Wir müssen auch ihn schützen!« »Der kann sich selbst am besten schützen!«, wehrte Granock ab. »Los jetzt, rein mit dir!«
Aldur und Alannah waren bereits unter den Korb geflüchtet, Caia und Granock folgten. Der dichte Schneefall, so hoffte Granock, würde binnen kürzester Zeit einen schützenden Wall um die behelfsmäßige Zuflucht auftürmen, damit der Orkan den Korb nicht wegriss, denn dann wären sie der Vernichtungskraft des Sturmes schutzlos ausgeliefert.
Unter dem Korb war es dunkel, und das Heulen des Orkans war nur noch gedämpft zu vernehmen. Für einen Moment glaubten die Novizen, die den Korb mit aller Kraft festhielten, damit er nicht davonflog, das heisere Gebrüll des Eisbären zu vernehmen. Doch schon im nächsten Moment war es wieder verstummt, und nur noch der heisere Atem des Windes war zu hören, der an dem Korb rüttelte und ihn davonzufegen drohte.
»Das ist Wahnsinn!«, rief Aldur. »Der Orkan wird den Korb hinwegreißen!« »Wenn ich mich recht entsinne, hattest du keinen besseren Vorschlag, Elf«, konterte Granock. »Also hör gefälligst auf mit deinem Gejammer.« »Gejammer?«, empörte sich Aldur. »Du wagst es, mich als einen Feigling hinzustellen?«
»Das hat er nicht getan«, setzte sich Caia für Granock ein.
»Wenn schon, er hat mich beleidigt«, zischte Aldur, »und dafür wird er eines Tages bezahlen ...«
Er unterbrach sich, als ein Windstoß ihren Unterschlupf an einer Seite hochhob und ihn fortzerren wollte. Schnee wirbelte herein, und Granock fürchtete schon, der Korb würde davonfliegen, aber dann ruckte er wie von selbst wieder zu Boden.
»Schön und gut«, erwiderte Granock ruhig, »aber erst müssen wir das hier überleben.«
Dem konnte nicht einmal Aldur widersprechen, und so saßen sie alle vier schweigend in der Dunkelheit und hielten mit schmerzenden Armen und Händen den Korb fest, während draußen der Schneesturm tobte. Erst nach einer halben Ewigkeit, als sie schon nicht mehr daran glaubten, dass das Inferno jemals enden würde, ließ der Sturm tatsächlich nach.
2. ARSWYTH OU DUFANOR
Das Heulen des Windes legte sich, ebenso wie die ungestüme Kraft, mit der an ihrem Unterschlupf gerüttelt wurde. Ihre Glieder schmerzten, aber mithilfe der Fähigkeiten, die ihre Meister ihnen beigebracht hatten, trotzten sie erfolgreich der Kälte.
»Alles wohlauf?«, fragte Granock an Caia und Alannah gewandt; Aldur war ihm ziemlich gleichgültig.
»Einigermaßen«, antwortete Alannah. »Immerhin sind wir noch am Leben.« »Zufall«, zischte Aldur gehässig. »Nichts als glücklicher Zufall.« »Wie du meinst«, entgegnete Granock, der sich ein Grinsen verkneifen musste
- diese Runde war an ihn gegangen, da konnte der Elf sagen, was er wollte. Mit vereinten Kräften hoben sie den Korb, was gar nicht so einfach war, weil er halb in einer Schneewehe steckte. Gegen die Helligkeit blinzelnd, krochen sie nacheinander aus dem Dunkeln.
Der Schneefall hatte aufgehört, der Wind nachgelassen. Dafür herrschte Nebel, der so dicht war, dass nicht einmal eines Elfen Blick ihn zu durchdringen vermochte. Schon nach ein paar Dutzend Schritten verlor sich der weiße Boden in zähem Grau. Von dem Eisbär, der sie getragen hatte, war weit und breit nichts mehr zu sehen.
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