Die Zauberer 01 - Die Zauberer
Verhandlung überhaupt begonnen hätte.«
»Das ist nicht wahr!«, erhob Ardghal entschieden Einspruch.
»Nein?« Erneut blitzte es in Erweins zu Schlitzen verengten Augen. »Dann beweist es und übergebt mir die Elfin, auf dass ich selbst über Iweins Mörderin richte. Eine Woche Bedenkzeit will ich Euch geben.«
»Ihr ... Ihr fordert mich heraus?«, fragte Elidor, fassungslos über so viel Unverschämtheit.
»Das tue ich«, bestätigte Erwein rundheraus. »Eine Woche lang werde ich Iwein betrauern. Dann jedoch werde ich zurückkehren, Hoheit, und Ihr werdet mir die Mörderin entweder ausliefern ...«
Er verstummte.
»Oder?«, fragte Elidor.
Trotz seines Zorns und seines Schmerzes vermied Erwein eine direkte Antwort, so klug war er. »Geht in Euch und überlegt, ob Ihr Euch Andaril zum Feind machen wollt«, sagte er nur, dann verließ er den Thronsaal mit seinem Gefolge, ohne auf seine Entlassung durch den König zu warten. Betroffen blickte Elidor ihm nach.
Ihm war bewusst, dass dieser Augenblick den Wendepunkt seiner Herrschaft bedeuten konnte, dass alles auf dem Spiel stand, was seine Vorgänger weise und vorausschauend aufgebaut hatten. Dennoch sah er sich außerstande, Erweins Zorn zu besänftigen oder den Fürsten der Krone gegenüber zumindest wieder wohlwollend zu stimmen.
»Ardghal?«, fragte er, nachdem die Menschen den Thronsaal verlassen hatten, über dem sich die Palastkuppel spannte. Die kreisrunde Öffnung, die sich in der Mitte des Saals befand und von einer Balustrade umgeben war, gewährte jedem Besucher einen Blick in die Schatzkammer Tirgas Lans, die sich genau unter dem
Thronsaal befand. Doch wehe dem, der es gewagt hätte, sich am Besitz des Elfenkönigs zu vergreifen ...
»Eine schwierige Situation, mein König«, gab der Berater seine Einschätzung kund. »Erwein könnte seinen Streit mit der Nachbarstadt Sundaril begraben und sich mit den anderen Menschenherrschern verbünden. Dann könnten sie gemeinsam gegen Tirgas Lan ziehen. Der Ausgang eines solchen Kriegs wäre unabsehbar.«
Als Schöngeist, der er nun einmal war, bereitete Elidor schon die Vorstellung klirrender Waffen Übelkeit. Es war schlimm genug, dass es überall im Reich immer wieder zu kleinen blutigen Streitigkeiten kam. Einen ausgewachsenen Krieg konnte und wollte er nicht verantworten.
»Was für Möglichkeiten haben wir, einen solchen Krieg zu verhindern?«, fragte er.
Ardghal tauschte einen Blick mit den anderen Beratern, die um den Thron versammelt waren, dann antwortete er: »Ich hatte vor, Erwein mit dem Amt eines außerordentlichen Schwertführers des Reiches zu betrauen, aber ...« »Ein außerordentlicher Schwertführer des Reiches?« Elidor hob die Brauen. »Ich wusste nicht, dass es ein solches Amt gibt.«
»Tut es auch nicht«, entgegnete der Berater schulterzuckend. »Es wäre eigens für Erwein geschaffen worden. Nach unserer bisherigen Erfahrung übersteigt seine Geltungssucht alles andere.«
»Außer der Liebe zu seinem jüngsten Sohn«, wandte Elidor resignierend ein. »Oder seinem Verlangen nach Rache«, konsternierte Ardghal.
»Und ... wenn wir es tun?«, fragte der König nach einer Weile.
»Was meint Ihr?«
»Wenn wir ihm geben, wonach er verlangt und ihm die Mörderin ausliefern? Sie ist eine Tochter der Ehrwürdigen Gärten, gewiss, aber sie hat unleugbar jene Freveltat begangen.«
»Hoheit sollten nicht einmal daran denken, diesen Schritt zu unternehmen«, riet Ardghal rundheraus ab. »Eine Elfin dem Beil eines Menschenhenkers zu überstellen, würde nicht nur Euer Ansehen bei den Söhnen und Töchtern Sigwyns unwiderruflich beschädigen. Die Menschen würden annehmen, dass sich der
Herrscher von Tirgas Lan von ihnen einschüchtern ließe und des Friedens willen erpressbar wäre - und das kann sich das Reich noch weniger leisten als einen Krieg.«
»Also bleibt keine Wahl?«, fragte Elidor, dessen ohnehin schon bleiches Gesicht noch um einige Nuancen blasser geworden war. »Wir können nur den Weg des Krieges beschreiten?«
»Ich fürchte, mein König«, antwortete Ardghal leise und so endgültig, dass es Elidor kalte Schauer über den Rücken jagte.
Den Ellbogen auf die Lehne des Elfenthrons gestützt, ließ der König seinen Kopf auf die geballte Faust niedersinken. Die andere Hand fuhr zur Krone Sigwyns auf seinem Haupt. Am liebsten hätte er sie abgelegt, um sich der Entscheidung zu entziehen, die unausweichlich vor ihm lag, hätte sich wieder der Musik und den anderen
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