Die zauberhafte Tierhandlung (05) - Lotte und der Phönix
brauche einen klaren Kopf.«
»Du möchtest also kein extra Schokoladenstück am Boden der Tasse?«, fragte Ariadne, die Hand über der Tasse schwebend.
»Oh, na gut. Du weißt schon, was ich damit gemeint habe.« Lotte musste nun doch lächeln. »Wo ist Shadow, Ariadne?«
»Er liegt auf meinem Bett«, erwiderte Ariadne, wandte sich rasch ab und gab vor, nach dem Zucker zu suchen. Tabitha rieb liebevoll das Köpfchen an ihren Beinen, und Ariadne gab ihr ein wenig Sahne zum Aufschlecken.
Lotte erkannte, dass sie sich damit ablenken wollte, und schwieg.
Ariadne drehte sich wieder zu ihr um, und sie lächelten einander in beiderseitigem Einvernehmen zu, das Thema ruhen zu lassen. Sie stellte die Schokoladenbecher auf den Tisch und ließ sich anmutig auf einen der Stühle gleiten. »So. Jetzt erzähl mir mal, warum du auf meiner Treppe gesessen hast.«
Lotte nippte an ihrer heißen Schokolade. Sie hatte die perfekte Temperatur. Es war eines jener nützlichen magischen Dinge, die Ariadne so unglaublich gut gelangen und mit denen Pandora sich niemals abgegeben hätte, weil sie geglaubt hätte, es sei unter ihrer Würde. Dieser Gedanke half. Lotte schenkte Ariadne ein warmes Lächeln. Sie wollte der Lehrling von niemand anderem sein.
»Pandora hat mir auf dem Heimweg von der Schule aufgelauert …«, begann sie, doch Ariadne war so blitzschnell aufgesprungen und um den Tisch herumgerannt, dass sie nicht gerannt sein konnte , sie war einfach da.
»Was hat sie gemacht?«, stieß Ariadne hervor. »Hat sie dir wehgetan? Ich habe ein für alle Mal genug davon, ich werde sie …« Sie stockte, ehe sie umbringen sagen konnte, aber Lotte wusste, dass sie es am liebsten ausgesprochen hätte. Und sie hätte es auch so gemeint. Es war nicht wie in den Momenten, wenn Danny es ihr durch die Zimmerwand zubrüllte, nachdem sie zugelassen hatte, dass Sofie den letzten seiner gehorteten Marsriegel verputzte.
Lotte hatte den Eindruck, dass Ariadne die Sache nicht besonders gut aufnahm. Sie war normalerweise so ruhig. Aber andererseits verlieh Sofie Lotte eine große Portion kämpferischen Mut und Selbstvertrauen. Was, wenn es Shadow war, der Ariadne ihre Gelassenheit schenkte? Wie würde sie sein, wenn sie nur noch Tabitha hatte? Wahrscheinlich schreckhafter. Lotte bemühte sich, nicht loszukichern.
Ariadne musterte sie grübelnd, mit einer Hand umfing sie Lottes Wange. »Nun, du siehst immer noch aus wie du. Und obwohl ich nicht in deinen Kopf hineinsehen kann, fühlst du dich auch noch an wie du.«
Lotte blickte in Ariadnes moosgrüne Augen und ließ ihre Schutzwälle herunter. Sofie stieß einen überraschten Laut aus, und Lotte warf ihr einen entschuldigenden Blick zu. Sie holte die Begegnung mit Pandora in ihren Gedanken ganz nach vorn und beobachtete Ariadne, während diese sie in sich aufnahm – genau wie Lottes sämtliche Überlegungen und Sorgen und noch nicht getroffenen Entscheidungen.
Ariadne zog die Hand zurück und setzte sich auf den Küchenboden, beziehungsweise sank im Schneidersitz darauf nieder. Tabitha kletterte auf ihren Schoß und schmiegte sich an sie. »Das kannst du nicht tun«, sagte Ariadne tonlos. »Das darfst du nicht.« Sie sah zu Lotte hoch. »Nicht nur, weil du mir schrecklich fehlen würdest. Du darfst dich nicht in Pandoras Hände begeben, Lotte. Es wäre so, als drückte man einer Verrückten eine Waffe in die Hand.« Sie fuhr sich zitternd mit den Händen durchs Gesicht. »Ich habe dich schon eine Weile nicht mehr auf diese Art gespürt – seit ich dir beigebracht habe, dich angemessen abzuschirmen. Lotte, du bist so mächtig. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass Tom zurückgekehrt ist, oder an den Anstrengungen, die Sofie und du unternommen habt, um ihm zu helfen, aber deine Kräfte sprudeln praktisch über in dir. Wenn sie Pandora in die Hände fielen … Ich wage mir nicht auszumalen, was sie damit anstellen würde.«
»Aber sie könnte Dad helfen«, sagte Lotte flehend. »Ich bekomme es nicht richtig hin, Ariadne. Ich will nicht ihr Lehrling sein. Ich weiß nicht, was sie mit mir machen würde, und ich befürchte, sie würde Sofie wahrscheinlich umbringen. Oh, das ist dir doch auch klar!«, sagte sie beinah ärgerlich, als sie das Entsetzen der kleinen Hündin spürte. »Sie würde sich deine Widerworte niemals gefallen lassen, und du könntest nicht damit aufhören. Aber wenn ich Nein sage, wie soll ich dann Dad beibringen, dass ich die Chance ausgeschlagen habe, seine Erinnerungen
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