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Die Zauberlehrlinge

Die Zauberlehrlinge

Titel: Die Zauberlehrlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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vorbeizuschauen.«
    »Haben Sie Iris gesehen?«
    »Allerdings. Wir waren verabredet. Hat sie Ihnen das nicht erzählt? Sie muss es vergessen haben. Na ja, ich nehme an, sie hat in letzter Zeit viel um die Ohren. Eine Beerdigung vorzubereiten und all das. Sie musste ja sogar einen Todesfall herbeiführen. Oder war das Ihre Idee?«
    »Ich habe Ihnen schon gesagt, dass Sie meine Frau in Ruhe lassen sollen.« Hewitt kam langsam auf ihn zu. »Sich Ihr dummes Zeug anzuhören, ist wirklich das letzte, was sie im Moment braucht.«
    »Na, sie hat es sich aber angehört. Wissen Sie, warum? Weil es der Moment dafür ist. Weil unser Sohn tot ist. Wie Sie es haben wollten. Tot, aber noch nicht begraben.«
    »Verschwinden Sie.«
    »Mit Vergnügen. Sobald Sie ein paar Fragen beantwortet haben.«
    »Ihre Fragen verdienen keine Antwort.«
    »Sie haben sie ja noch gar nicht gehört.«
    »Das brauche ich auch nicht.« Hewitt stand jetzt dicht vor Harry und funkelte ihn mit einem Blick an, den seine Angestellten zweifellos einschüchternd fanden. Er senkte die Stimme, vielleicht, damit keiner von ihnen hörte, was er zu sagen hatte. »Sie sind ein rückgratloses Arschloch, Barnett. Sie hatten eine Beziehung zu meiner Frau, eine dumme und bedauerliche Beziehung, die jetzt beendet ist. Mehr brauche ich nicht zu wissen. Von Ihresgleichen lasse ich mich nicht ausfragen.«
    »Warum waren Sie so scharf darauf aus, dass David umgebracht wird?«
    »Nur aus Rücksicht auf Iris rufe ich jetzt nicht die Polizei und lasse Sie festnehmen. Sie sind betrunken, Sie sind beleidigend, und dies ist Privatbesitz. Ich sage Ihnen, dass Sie gehen sollen. Sofort.«
    »Wegen der Kosten seiner Behandlung? Weil er unser Sohn war und nicht Ihrer? Weil er der Sohn war, den Sie nie haben konnten?« Der letzte Satz kam impulsiv; Harry hatte nicht vorgehabt, etwas Derartiges zu sagen. Doch der Gesichtsausdruck des anderen verriet, dass er ins Schwarze getroffen hatte. »Wer von uns ist wirklich das rückgratlose Arschloch Ken, he? Ich, oder...«
    Hewitt kündigte den Schlag durch plötzliches Zähneknirschen und Augenaufreißen an. Harry sah ihn kommen und freute sich im gleichen Moment, ihn provoziert zu haben. Erbärmlich spät setzten seine Reflexe ein, er wich aus, und der Schlag ging ins Leere - Hewitt war offenbar in noch schlechterer Form als Harry. Er wurde vor Aufregung rot und verlor das Gleichgewicht, musste sich am Geländer auffangen. Als er sich umwandte, schlug Harry ihm mit der Faust auf den Nasenrücken. Er hörte etwas krachen und fragte sich, ob das ein Knochen war oder das Geländer. Hewitt ächzte und fiel rückwärts, sank auf die oberste Treppenstufe wie ein Zeppelin, dem die Luft ausgeht. Blut begann aus seiner Nase zu strömen. Er hustete, stöhnte und hob eine Hand an sein Gesicht. Seine Augen rollten, ehe er den Blick auf Harry konzentrierte. Seine Arroganz war gänzlich verschwunden.
    »Was zum Teufel ist hier los?« Aus einer Tür auf dem Korridor kam jemand und bewegte sich zögernd auf sie zu. Es war ein großer, schwerfälliger Mann von etwa vierzig Jahren, der aussah wie jemand, der einem Chef zu Hilfe eilen soll, den er mehr fürchtet als respektiert.
    »Rufen Sie die Polizei, John!« brüllte Hewitt durch ein blutbeflecktes Taschentuch. Seine Stimme hörte sich an, als sei er schwer erkältet. »Ich glaube, dieser Bastard hat mir die Nase gebrochen.«
    »Tatsächlich«, sagte Harry und grinste dümmlich, »glaube ich, dass dieser Bastard da mir den Daumen gebrochen hat.« Der Daumen pochte schmerzhaft. Er bewegte ihn probeweise und zuckte zusammen. »Aber ich glaube, das war's wert.«
    »Stehen Sie nicht da und glotzen!« rief Hewitt, als John sich noch immer nicht recht bewegte. »Verdammt, rufen Sie an.«
    »Und ein gebrochener Daumen ist zweifellos besser als eine gebrochene Nase, nicht?« Harry war versucht, Hewitt in den Bauch zu treten, doch im gleichen Augenblick war ihm die Sinnlosigkeit klar. Er schüttelte abschätzig den Kopf und begann, die Treppe hinunterzugehen.
    »Glauben Sie bloß nicht, dass Sie damit davonkommen«, brüllte Hewitt ihm nach.
    Harry blieb auf halber Treppe lange genug stehen, um sich umzudrehen, Hewitt anzugrinsen und verächtlich zwei Finger zu heben. Dann ging er auf die Tür zu.
    Die Welt draußen war unverändert kalt und grau. In einer Kapelle in Wilmslow lag der Leichnam seines Sohnes noch immer in seinem Sarg. Daran würde nichts etwas ändern. Überhaupt nichts. Harry hatte sich besser

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