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Die Zauberlehrlinge

Die Zauberlehrlinge

Titel: Die Zauberlehrlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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Slades bewundern wollte. Doch die Anerkennung eines Hollywoodstars und seiner nicht minder glamourösen Gattin war solche Großzügigkeit natürlich wert. Adam Slade ahnte schließlich nicht, dass die Brancasters ihre Karten an einen Teilzeitmitarbeiter der Servicestation Mitre Bridge und dessen ältliche Vermieterin weitergegeben hatten.
    Andererseits hatte Mrs. Tandy in auberginefarbenem Organza und mit Perlen dekoriert fraglos ihren großen Auftritt. Sie war von Harrys Einladung entzückt gewesen, wenn sie auch kurz und tränenreich an längst vergangene Theaterabende mit ihrem Mann hatte denken müssen. Das hier war mehr, als Harrys einzige frühere Einladung zu einem Karaoke-Abend im Stonemason's Arms. »Reine Magie« im Palladium war entschieden mehr nach Mrs. Tandys Geschmack.
    Und auch nach Harrys, was er freimütig zugegeben hätte. Der professionelle Illusionismus hatte eindeutig Fortschritte gemacht, seit Harry ihm zuletzt vor nahezu fünfzig Jahren bei einem Ausflug mit Onkel Len begegnet war, um den Großen Caldenza im alten Empire Theatre in Swindon zu sehen. Caldenza war weder unter ohrenbetäubender Rockmusik und rosa angestrahltem Trockeneisnebel aufgetreten, noch hatte ihn ein Quartett kurvenreicher Blondinen in durchsichtigen Kostümen begleitet. Und er war auch nicht wie Adam Slade eine seltsame Mischung aus Mephisto und dem Jungen von nebenan gewesen.
    Hochkarätiger Charme mit einem Schuss Exzentrik schien Slades Markenzeichen zu sein. Er war klein und zierlich, hatte scharfe Züge, ein bereitwilliges Lächeln und tiefdunkles, kurzgeschorenes Haar. Er war selbstsicher, glatt, geistreich und ungeheuer egozentrisch. Seine Routinevorstellung lief flott und unterhaltsam ab, doch in der Pause empfand Harry etwas wie Enttäuschung. Abgesehen von den trickreichen Lichteffekten, der ausgefeilten Technik und den bildhübschen Assistentinnen bestand Slades Repertoire im wesentlichen aus der alten Magierroutine von Verschwinden und Wiederauftauchen, Levitation, Hellsehen, Kartentricks und Fingerfertigkeit. Zugegeben, er sägte nicht die Dame im hautengen Trikot in zwei Hälften, sondern sich selbst. Und Harry hatte nicht die leiseste Ahnung, wie er all das bewerkstelligte. Das galt sicher auch für den Zuschauer, dessen Geburtstag Slade erraten hatte, ganz zu schweigen von dem nervösen Freiwilligen, dessen goldene Armbanduhr Slade scheinbar zu Splittern zertrümmerte, ehe er sie wieder zusammensetzte. Doch dass es sich bei all dem um clevere, fingerfertige Tricks handelte, stand für Harry fest.
    Und was war mit den höheren Dimensionen? »Er hat sie nicht mal erwähnt«, beklagte Harry sich an der Bar bei Mrs. Tandy.
    »Sie hätten das Programm lesen sollen«, sagte sie vorwurfsvoll. »Die sollen der Höhepunkt der zweiten Hälfte sein.«
    »Oh.«
    »Das wird aber auch Zeit. Bisher habe ich noch nichts gesehen, was man nicht schon aus dem Buch Houdinis Geheimnisse von dem guten Selwyn kennt. Es liegt zu Hause irgendwo auf dem Dachboden.«
    Der zweite Teil der Vorstellung begann mit gedämpftem Licht und melancholischer Musik. Slade trat allein auf, ging ohne ein Lächeln in eine Ecke der Bühne, trat an die Rampe, setzte sich dort auf den Boden und schaute ins Publikum.
    »Was Sie heute Abend bislang gesehen haben«, verkündete er schließlich, »waren Illusionen. Ich lege meine Tricks so an, dass Sie unterhalten und in die Irre geführt werden. Aber es sind eben nur Tricks. Ich habe allerdings festgestellt, dass sie mich besser als Einsamkeit oder Meditation auf die Ausübung echter Magie vorbereiten. Die werden Sie jetzt sehen. Im Unterschied zu meinen Magierkollegen überall auf der Welt besitze ich die Fähigkeit, Gegenstände in anderen Dimensionen als denen von Höhe, Breite und Tiefe zu bewegen. Diese Fähigkeit habe ich von meinem Urgroßvater Henry Slade geerbt, einem Amerikaner, der 1877 nach England kam und aufgrund der Demonstration seiner hyperdimensionalen Fähigkeiten wegen Betrugs verurteilt wurde. Diese Verurteilung war ungerecht, wie mein Großvater und auch mein Vater ihr ganzes Leben lang beteuert haben. Doch erst jetzt, da seine Fähigkeiten in meiner Generation wieder aufgetreten sind, lässt sich diese Ungerechtigkeit beweisen. Ich werde heute Abend Variationen von drei hyperdimensionalen Demonstrationen zeigen, die Henry Slade vorführte, und ein paar eigene hinzufügen.«
    Die Musik wurde schneller, das Licht heller. Drei der Blondinen, konservativer gekleidet als zuvor, trugen

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