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Die Zauberlehrlinge

Die Zauberlehrlinge

Titel: Die Zauberlehrlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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zurückgezogen und zur Ruhe gesetzt hatte. Für jemanden, der ihn länger und besser kannte als die meisten anderen Menschen, hörte sich das ganz und gar nicht nach Barry Chipchase an, doch ein wahrheitsgemäßer Bericht über Barrys Vergangenheit hätte Gloria vermutlich veranlasst, statt ihres Make-ups ihre Kreditkarten zu überprüfen, und so gab Harry sich nicht unziemlich überrascht.
    Wegen des Wetters war die Warteschlange vor dem Washington Monument nicht viel länger als an einer Bushaltestelle. Gloria wollte bis zum oberen Aussichtsraum. Harry zupfte Barry leicht am Ärmel, und dieser drängte sie, sich allein auf den Weg zu machen, während die beiden Männer bei einer Zigarette über alte Zeiten redeten. In seliger Arglosigkeit und mit vertrauensvollem Lächeln ging sie. Die beiden ehemaligen Partner der längst pleite gegangenen Swindoner Werkstatt schlenderten über den windigen Rasen am Fuß des Monuments und taten so, als interessierten sie sich für den Blick auf das Jefferson Memorial im Süden.
    »Gloria scheint eine nette Frau zu sein.«
    »Sie ist eine nette Frau.«
    »Dann war's doch wirklich schade, sie einem Mitgiftjäger aufsitzen zu lassen, nicht? Und nur deshalb, weil ihr keiner Bescheid sagt.«
    »Ich kann nicht glauben, dass du so niederträchtig sein würdest. Für Groll sind wir beide zu alt, Harry. Und wir müssen an unsere alten Tage denken. Das hier ist mein persönlicher Pensionsplan. Du würdest mir das doch nicht versauen wollen, oder?«
    »Doch, ich würde.«
    »Also gut. Wenn ich irgendwas tun kann... Du weißt schon, ein Kredit oder so, ich meine, ich bin einigermaßen vernünftig...«
    »Du kannst tatsächlich was tun.«
    »Was?«
    »Du könntest es einen Kredit nennen.«
    »Wieviel?«
    »Oh, ungefähr sechs Stunden.« Harry sah auf seine Uhr. »Ja, ungefähr sechs Stunden von deiner unschätzbar wertvollen Zeit sind das, was ich brauche, Barry. Und ein schauspielerisches Bravourstückchen. Sollte kein Problem sein für einen Witwer, der sich gerade aus einer englisch-türkischen Immobilienfirma zurückgezogen hat.«

40. Kapitel
    Am gleichen Nachmittag kurz nach fünfzehn Uhr fünfundvierzig fuhr eine Limousine vor dem Watergate Hotel in der Virginia Avenue vor. Zwei elegant gekleidete Herren mittleren Alters traten durch die Drehtür der Hotelhalle und stiegen in den Wagen. Er fädelte sich in den Verkehr ein, bog an der Ampel nach links in die New Hampshire Avenue ein und fuhr dann stetig in nordöstlicher Richtung zum Washington Circle und weiter zum Dupont Circle.
    »Was hast du Gloria erzählt?« erkundigte sich Harry, um die Spannung zu lindern und seine Neugier zu befriedigen. »Sie hat es verdächtig vernünftig aufgenommen, dass sie sich selbst überlassen bleibt.«
    »Ich habe ihr gesagt, du wolltest meinen fachmännischen Rat zu einem Luxusbauprojekt in Forestville draußen, in das du vielleicht investieren möchtest.«
    »Wo?«
    »Forestville, Maryland. Heute Morgen habe ich in der Zeitung eine Anzeige dafür gesehen. Der alte Chipchase hält die Augen offen.«
    »Wie gut, dass sie nicht mitkommen wollte.«
    »Die Freer Gallery war anziehender. Sie weiß, dass ich es hasse, stundenlang zu Fuß an irgendwelchen sogenannten Kunstwerken vorbeizulatschen. Warum kauft sie sich nicht einfach Postkarten davon? Das sage ich ihr immer.«
    »Ein richtiges altes Ehepaar seid ihr, was?«
    »Noch nicht. Und wir werden's wahrscheinlich auch nicht, wenn noch mehr Leichen klappernd aus meinem Keller steigen. Nicht, dass jemand dich für eine klapprige Leiche halten könnte. Du hast noch immer eine Vorliebe für Bier, wie ich sehe.«
    »Du siehst selbst auch nicht aus wie ein Hungerkünstler, Barry.«
    »Das tun Finanziers auch nicht. Und einen Finanzier soll ich doch spielen, oder? Also, verdammt, beschwer dich nicht.«
    »Will ich ja gar nicht. Aber vergiss nicht, du musst nicht nur so aussehen, sondern auch so reden.«
    »Kein Problem. Mir macht es nichts aus, Freund Lazenby Sand in die Augen zu streuen.«
    »Was stört dich denn dann?«
    »Du, Harry, alter Junge. Aufgezäumt wie ein Scheidungsanwalt aus Mayfair mit Designerhaarschnitt, meine Güte! Und dann willst du heimlich irgendwas suchen und mitnehmen, und alles für... für wen eigentlich genau?«
    »Es ist am besten, wenn du das nicht weißt.«
    »Für den alten Chipchase ist es nie am besten, wenn er was nicht weiß. Ich glaube, du hast den Boden unter den Füßen verloren und womöglich auch den Verstand. Dagegen

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