Die Zauberlehrlinge
plötzlich und dröhnend, dass er sich vorbeugen musste und ihm Tränen in die Augen stiegen.
»Was ist los, verdammt?«
»Nichts, Barry, gar nichts.« Er richtete sich auf und gab sich Mühe, wieder ernst zu werden. Dass es ihm gelang, war fast ein Wunder angesichts des Ausdrucks ehrlicher Zerknirschung, den Chipchase angenommen hatte. »Lass uns gehen und ein Taxi suchen. Bevor ich anfange, mich an alles zu erinnern, was ich dir eigentlich übelnehmen sollte.«
»Wohin fahren wir?«
»Du für deinen Teil fährst ins Watergate-Hotel. Auf dem Weg dahin fahren wir am besten an einem Hi-Fi-Laden in der Stadt vorbei, wo ich aussteigen werde. Und mach dir keine Sorgen, das ist vermutlich das letzte Mal, dass du dich von mir verabschiedest. Es sei denn, du lädst mich zu deiner Hochzeit ein.« Chipchases Augen weiteten sich entsetzt. »Bloß ein Scherz, Barry!«
Aus allerdings anderen Gründen tat es auch Harry leid, dass sich ihre Wege trennten. Als er an der Ecke G Street und 13nth aus dem Taxi stieg, tat er das mit dem unbehaglichen Bewusstsein, dass er auf den glückbringenden Zauber von Chipchases unerschütterlichem Selbstbewusstsein verzichten musste. Ohne dessen besserwisserischen Sarkasmus sah die unmittelbare Zukunft wesentlich feindlicher und unsicherer aus. Harry würde sich ihr allein stellen müssen. Einsamkeit war ihm nicht fremd, aber er wusste auch, wie es ist, wenn man Freunde hat.
Capital Sound & Vision wurde der Empfehlung des Taxifahrers als Fundgrube für alle audiotechnologischen Geräte gerecht. Ein einsatzfreudiger junger Verkäufer identifizierte die Art von Kopfhörern, die Harry brauchen würde, und versicherte ihm, mit neunzehn Dollar und fünfundneunzig Cent seien sie ein Schnäppchen. »Das ist das Allerneueste, Sir. Da gibt es noch keine Konkurrenz.« Mit der gleichen Begeisterung erklärte er, wie man den Recorder bediente, und Harry verließ das Geschäft mit einer vernünftigen Vorstellung davon, auf welche Knöpfe er drücken musste.
An einem Cafetisch in der umgebauten Halle des Old Post Office in der Pennsylvania Avenue, umgeben von schnatternden Einkaufsbummlern und Büroangestellten, spulte Harry das Band bis fast an den Anfang zurück, setzte die Kopfhörer auf, drückte den Abspielknopf und wartete darauf, zum ersten Mal die Stimme seines Sohnes zu hören.
Doch als erstes hörte er Lazenbys Stimme mit all ihrer Klebrigkeit, so deutlich und echt, als säße er mit ihm am Tisch. Es gab kein irritierendes oder verfälschendes Rauschen, nur eine unheimliche Schärfe, die über normales Hören hinausging.
»... hat keinen Zweck. Nun? Ich warte. Und ich warte nicht mehr viel länger. Ich habe einen vollen Terminkalender, wie Sie beide ja wohl wissen. Warum kommen wir nicht zur Sache? Sibylle ist tot und begraben, und sie wird auf keinen Fall exhumiert. Warum können Sie und Ihre Freunde sich nicht einfach damit abfinden?«
»Das tun wir«, sagte Hammelgaard.
»Aber die anderen nicht.« Das war David. Körperlos, aber irgendwie sofort als Stimme der stillen Gestalt in dem Krankenhausbett erkennbar, sprach er endlich. Aber er sprach nicht zu Harry. »Wir sind gekommen, um Sie zu warnen, Byron. Die anderen haben die Absicht, Sibylle auszugraben, und Sie nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen.« Das war es also. Der aufgezeichnete Moment unmittelbar bevorstehenden Verrats.
»Den Teufel werden sie tun.«
»Sie können sie nicht daran hindern. Natürlich wird es eine Weile dauern, das Material neu zusammenzustellen. Aber es ist zu machen.«
»Nicht, wenn sie ihre derzeitigen Jobs behalten wollen. Ich habe eine Menge Freunde in der akademischen Welt. Ich kann ihnen das Leben verdammt schwer machen.«
»Nicht schwer genug, Byron. Das sind engagierte Leute, die die Sache ernstlich durchziehen wollen.«
»Warum erzählen Sie mir das, David?« Lazenbys Ton wurde plötzlich weicher. » Was ist dabei für Sie drin?«
» Wir könnten ihre Anstrengungen sabotieren, ihre Funde bestreiten. Leugnen, dass Sie versucht haben, ihnen den Mund zu verbieten.«
»Und warum sollten Sie das tun?«
» Um Ihnen aus einem Loch zu helfen.«
»Einem sehr tiefen Loch«, warf Hammelgaard ein. »Die Anschuldigung, Vorhersagen zu verändern, ist ziemlich schwerwiegend für jemanden in Ihrem Geschäft. Wenn sie greift, könnte sie...«
»Mich ruinieren?«
»Vielleicht.«
»Sie brauchen also unsere Hilfe, Byron«, sagte David. »Oder?«
»Sieht so aus.«
» Und als Gegenleistung...»
»Ach, Sie wollen
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