Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)
weiter«, rät sie mir und fährt, zur Verkäuferin gewandt, fort: »Ich nehme neun Paar von diesen Schuhen, alle in Lila.«
»Warum auch nicht?« Die Verkäuferin überreicht ihr eine prall gefüllte Tüte, und wir lachen alle drei.
»Ich nehme die hier«, sage ich zur Verkäuferin und deute auf meine Louboutin-Stiletto-Stiefel. »Ich glaube, ich behalte sie gleich an.«
»Die tragen sich wie ein Turnschuh, nicht?«, sagt sie.
»Ja, in der Tat, unglaublich bequem.« Ich vollführe vergnügt ein paar Luftsprünge.
Als ich abends heimkomme und meine Neuerwerbungen in meinem Schrank deponiere, kommt Peaches gerade von einem weiteren Tag des Herumtobens mit ihren magischen Bällen zurück. Wir legen uns auf mein Bett am Fenster. Man sieht sämtliche Sterne von hier.
Das Telefon klingelt. Bitte, lass es Adam sein!
»Hallo Schätzchen«, sagt Grandmom. »Wie war dein Treffen mit Alice?«
»Lustig. Sie ist nett, wenn auch irgendwie seltsam. Ich soll euch Grüße bestellen.«
»Ein reizendes Mädchen. Ich erinnere mich, dass sie etwas eigen war. Es freut mich, dass du mal rausgekommen bist, Al. Das hat dir bestimmt gut getan.«
»Oh, ja.« Ich lehne mich zurück. »Wie war dein Tag?«
»Fabelhaft. Ich habe die Vermittlung angerufen und mir jede Menge Nummern geben lassen. Eine unglaublich praktische Einrichtung. Wer hätte das gedacht!«
»Sie hat den ganzen Tag nichts als telefoniert!«, ruft Grandpop aus dem Off.
»Ach, Harry, geh und hör dir eine deiner Baseballübertragungen an. Dein Großvater raubt mir den letzten Nerv, Alex. Gut, dass du uns morgen besuchst, dann bekomme ich mal Schützenhilfe. Ich habe eben eine Buchweizenkascha für dich herbeigedacht.«
»Ich kann es kaum erwarten. Dann also bis morgen. Ich hab euch lieb!«
»Okay, Schätzchen. Wir dich auch.«
»Was?«, höre ich meinen Großvater fragen.
»Ich habe Alex versichert, dass wir sie lieb haben«, erklärt sie ihm.
»So lieb wie der Himmel weit ist«, sagt er.
Ich lege auf, greife aber gleich noch einmal zum Hörer, um Alice anzurufen.
»Hi! Ich wollte mich nur für den schönen Nachmittag bedanken.«
»Gern geschehen. Ich fand es auch lustig. Ich wollte dich gerade anrufen und fragen, wie es dir geht.«
»Ganz gut. Schon viel besser.«
»Das freut mich. Ich weiß ja, wie es ist, wenn man so jung stirbt. Da ist man oft ganz schön einsam und durcheinander, vor allem, wenn man in so einer Warteschleife hängt. Ruf mich an, falls du mal jemanden zum Reden brauchst, ja?«
»Mach ich. Übrigens besuche ich morgen Abend meine Großeltern. Hast du Zeit und Lust, mitzukommen? Sie würden sich bestimmt freuen, dich wiederzusehen.«
»Klar, sehr gerne. Das wird sicher lustig.«
»Fein. Dann also bis morgen.«
Ich schließe die Augen und versuche, mich zu konzentrieren, wie Alice es mir erklärt hat, aber das Gedankenkarussell in meinem Kopf dreht sich unaufhörlich.
»Ich hätte noch fünf von diesen Unterhemden nehmen sollen«, denke ich.
Nein. Konzentrier dich. Konzentrier dich auf Mom und Dad. Ich denke an meine Eltern, beschwöre immer wieder ihr Bild vor meinem geistigen Auge herauf.
»Wirken diese Stilettos auch nicht zu nuttig?«, denke ich.
Konzentrier dich, Alex!
Konzentrier dich.
Mom.
Dad.
Konzentration.
»Peaches!«, rufe ich genervt und stupse sie an. »Du schnarchst!«
Konzentration, Alex.
Konzentration!
Jetzt stehe ich in Gedanken an der offenen Schlafzimmertür meiner Eltern. Sie schlafen. Ich sehe ihre Beine am Fußende des Ehebetts. Ich versuche, in das Zimmer zu gelangen. Vergebens.
Konzentrier dich!
Ich versuche es mit aller Kraft. Ich sehe Moms Fuß zucken.
Stöhn. Ich schaffe es nicht.
Ich bin wieder im Himmel. Peaches hat sich auf die andere Seite des Betts gerollt.
Ich starte einen letzten Versuch.
Konzentrier dich.
Konzentrier dich.
Es hat keinen Sinn. Ich probiere es morgen wieder, nehme ich mir vor, dann drehe ich mich zur Seite und versuche, einzuschlafen.
Eine gute halbe Stunde später liege ich immer noch wach. Meine Gedanken rasen.
Verdammt.
Es ist doch nicht möglich, dass ich die Welt kein bisschen verändert habe.
VIER
Als ich fünfzehn war, fragte ich meinen Vater: »Woher weiß ich, ob ich verliebt bin?«
Er sagte – und zwar ziemlich aufgebracht: »Drängt dich jemand zu etwas, das du nicht tun willst?«
»Was meinst du damit?«, fragte ich ihn.
»Wenn dich ein Junge belästigt, dann musst du mir das unbedingt sagen!«, befahl er mir streng.
In Wahrheit konnte ich
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