Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)

Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)

Titel: Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adena Halpern
Vom Netzwerk:
dieser ihm verrät, dass Samantha auf ihn steht. Ich fand es prima, dass Bobby an die Tür ging. Der Pizzalieferant war zwar schon oft bei uns gewesen und wir hatten nie mehr als »Wie viel?« und »Danke sehr« ausgetauscht, aber ich fand es trotzdem prima. Sollte er nur sehen, dass ich einen Jungen zu Besuch hatte, einen Studenten obendrein! Auch wenn der Junge nur Haut und Knochen war und optisch nicht viel hermachte.
    »Die Pizza ist da!«, rief Bobby.
    Ich hatte endlich die perfekte Jogginghose gefunden – die rote von Champion, in der ich ein halbes Pfund leichter aussah. Dazu trug ich mein blaues Friends-School-Sweatshirt. Ich begab mich in die Küche, wo Bobby die zwei Schachteln abgestellt hatte.
    »Eigentlich habe ich schon gegessen«, sagte er, was in mir den Verdacht aufkeimen ließ, er könnte womöglich magersüchtig sein. »Aber schlag du dir nur den Magen voll.«
    Als hätte ich das vor ihm getan.
    Dummerweise hatte ich richtig Appetit, und es fiel mir nicht leicht, dem verführerischen Duft der Pizza zu widerstehen. Doch niemals, niemals, hätte ich mich vor einem Jungen meiner Fresssucht hingegeben, ganz gleich, wie dünn oder unattraktiv er auch sein mochte.
    Also sagte ich: »Ich auch. Die war für Andrew.«
    Wir schwiegen.
    »Tja, wie gesagt, danke, dass du gekommen bist.«
    »Schon in Ordnung. Kam mir ganz gelegen – ich lerne gerade für die Abschlussprüfung, und meine kleine Schwester hatte Besuch. Andrew meinte, hier ist es echt ruhig.«
    »Ja, ist es auch«, sagte ich leicht pikiert, weil mir sonst nichts dazu einfiel. Was hatte Andrew ihm erzählt? Dass bei uns eine Atmosphäre herrschte wie im Leichenschauhaus? »Gut, dann lasse ich dich mal in Ruhe lernen, ich muss mir ohnehin die Haare fönen.«
    »Danke.« Er warf einen Blick auf die Bücher, die er mitgebracht hatte. »Andererseits …« Er zögerte. »Ein kleiner Happen kann eigentlich nicht schaden. Isst du mit?«
    Eine halbe Stunde später hatten wir die erste Pizza zu drei Vierteln verdrückt und waren in ein Gespräch über Studentenvereinigungen vertieft.
    »Ich habe sogar überlegt, ob ich einer beitreten soll, aber wozu eigentlich? Die Partys sind total öde«, stellte er fest und nahm sich sein drittes Stück. »Genau dasselbe wie auf den Highschool-Feten. Irgendwann muss doch sogar der größte Saufkopf genug Bier für ein ganzes Leben gesoffen haben.«
    »Finde ich auch«, stimmte ich ihm enthusiastisch zu. »Wissen diese Typen überhaupt, wie dämlich sie sich aufführen?«
    »Ich dachte echt, es geht nur mir so.« Er lächelte mich an. »Hin und wieder einen über den Durst zu trinken ist ja gut und schön, aber jeden Abend?«
    »Genau!« Mein Interesse war geweckt. Vielleicht konnte ich ihn dezent darauf hinweisen, dass sein Hosenbund zehn Zentimeter nach unten gehörte.
    »Dazu kommt, dass ich Geistlicher werden will, und wie sähe das aus, wenn ich mich durchs Studium gesoffen hätte?«
    »Gen… Was?« Einen Augenblick hatte es mir die Sprache verschlagen. »Geistlicher?«
    »Jawohl, Geistlicher«, sagte er nachdrücklich, als wäre er stolz auf sich. »Meine Eltern sind dagegen. Sie wollen, dass ich Arzt oder Anwalt werde. Deshalb studiere ich ja auch in Princeton. Aber meine wahre Bestimmung ist es, Gott zu dienen.«
    »Heißt das, du darfst keinen Sex haben oder so?«
    Was wusste ich schon? Ich war eine fünfzehnjährige Jüdin, und selbst die hebräische Sonntagsschule hatte ich schon eine ganze Weile nicht mehr von innen gesehen. Religion war für mich ein Buch mit sieben Siegeln.
    »Nein.« Er lachte. »Ich will ja kein katholischer Pfarrer werden, sondern ein evangelischer, und die dürfen heiraten und Kinder bekommen und so weiter.«
    »Oh. Ach so. Na, dann …«
    Er spürte wohl, dass ich seinen Berufswunsch nicht besonders cool fand. Wir kauten eine Weile schweigend auf unseren Pizzastücken herum, dann sah er mich an und lächelte.
    »Weißt du was? Du bist irgendwie süß. Das hat Andrew gar nicht erwähnt.«
    »Danke«, sagte ich, weil ich (schon wieder) nicht wusste, was ich darauf erwidern sollte. Ich wäre nicht im Traum darauf gekommen, seine Bemerkung als ernst gemeinte Anmache zu interpretieren. Schließlich war ich ein ungebildeter jüdischer Teenager und er ein angehender Pfarrer. Ich hätte ihn gern gefragt, ob es gegen die Vorschriften verstieß, ein Mädchen anzubaggern, das einer anderen Glaubensgemeinschaft angehörte, aber ich ließ es lieber bleiben. Er hatte sich bereits einen

Weitere Kostenlose Bücher