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Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)

Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)

Titel: Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adena Halpern
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bekommen, dann wäre ich, wie ich mich kenne, wohl schnurstracks zum Flughafen gerast, um zu meinen Eltern nach Philadelphia zu fliegen. Ich wäre garantiert schon in der Warteschlange vor dem Sicherheitscheck ausgeflippt. Ich hasse Schlange stehen ohnehin, und die Schlangen dort sind erfahrungsgemäß schrecklich lang. »ICH HABE NUR NOCH EINEN TAG ZU LEBEN, UND IHR IDIOTEN VERSCHWENDET MEINE KOSTBARE ZEIT!«, hätte ich gekreischt, und die Leute vom Sicherheitsdienst hätten mich für eine Terroristin gehalten und ins Flughafengefängnis gesteckt (oder wohin auch immer verdächtige Subjekte am Flughafen gebracht werden, ich habe Gott sei Dank keine Ahnung). Es hätte bestimmt eine halbe Ewigkeit gedauert, bis ich anhand von Deborahs E-Mail hätte beweisen können, dass ich doch nur so schnell wie möglich zu meinen Eltern muss, um sie zu umarmen und Frieden mit meinem Vater zu schließen. Meine Zeit wäre vermutlich abgelaufen gewesen, ehe ich in Philadelphia eingetroffen wäre. Ganz abgesehen davon hätte es bei meinem Glück gut sein können, dass der Start unserer Maschine von der Flugsicherung wegen irgendwelcher Pipifax-Probleme um zwei Stunden verschoben worden wäre, und spätestens dann wäre ich ausgetickt und hätte versucht, meinen fetten Hintern (der so fett nicht ist, aber Sie wissen ja, wie Frauen sind) durch das winzige Flugzeugfenster zu zwängen. Spätestens dann wäre ich mit Sicherheit im Flughafengefängnis gelandet. Kommt also auf das Gleiche raus.
    Deshalb glaube ich, es ist ganz gut, wenn man den Zeitpunkt seines Todes nicht kennt.
    Somit komme ich jetzt zum letzten Tag meines Lebens.
    Peaches hatte wie bereits erwähnt eine massive Verstopfung und litt schreckliche Qualen. Da konnte ich natürlich nicht hingehen und sagen: »Das tut mir ja sehr leid für dich, Süße, aber morgen ist alles vorbei«, selbst wenn ich geahnt hätte, dass wir beide in den nächsten vierundzwanzig Stunden sterben würden.
    Stan Mitchell gab abends in Jones Bar eine Geburtstagsparty, und ich hatte für ihn zu diesem Anlass ein Paar Adidas-Turnschuhe (aus der limitierten Stan-Smith-Auflage) aus China einfliegen lassen, das ich allerdings erst am Flughafen abholen musste, weil es irgendwelche Schwierigkeiten mit dem Zoll gab. Und davor stand noch eine Million anderer Erledigungen an. Dummerweise wollte mir partout keine vernünftige Ausrede einfallen, um nicht zu Stans Geburtstagsparty gehen zu müssen. Klar, ich hätte mich mit der gestörten Verdauung meines Hundes herausreden können, aber mir graute schon bei der Vorstellung, in vornehmer Gesellschaft ein derart unpassendes und unappetitliches Thema anzuschneiden, und Sie wissen ja, wie das ist – hinterher hätte es womöglich geheißen, ich selbst hätte an Verstopfung gelitten und Peaches bloß als Sündenbock, äh, ich meine -hund missbraucht. Und am Schluss wäre das Gerücht umgegangen, ich sei nicht wegen eines Verkehrsunfalls, sondern an Verstopfung gestorben. Das wäre doch peinlich bis dorthinaus gewesen.
    Am letzten Tag meines Lebens wachte ich um halb acht auf und brachte Peaches umgehend zum Tierarzt. Dieser hatte mir tags zuvor versichert, es sei nur eine Frage der Zeit, bis sich ihre Darmtätigkeit wieder normalisieren würde; ich solle lediglich bei ihr bleiben und ihr seelischen Beistand leisten. Ich war verrückt vor Sorge um Peaches. Sie hatte in einem fort gewinselt, und ich hatte sie stundenlang auf dem Arm herumgetragen wie eine Mutter ihr heulendes Baby. Ich hatte praktisch die ganze Nacht kein Auge zugetan. Wäre ich noch bei Barney’s angestellt gewesen, hätte ich mir den Tag freigenommen, um auf sie aufzupassen, aber ich war selbständig und hatte keine andere Wahl – ich musste sie beim Tierarzt lassen. Abends würde ich sie wieder abholen. Als ich mich auf den Weg machen wollte, winselte Peaches so herzzerreißend, dass ich vor den Augen des Tierarztes in Tränen ausbrach.
    »Eine so fürsorgliche Besitzerin wie Sie ist mir selten untergekommen«, meinte der Tierarzt. »Keine Sorge, hier ist sie in guten Händen.«
    »Sie ist wie ein Kind für mich«, schniefte ich. »Ich werde den ganzen Tag an nichts anderes denken als an sie.«
    »Sie können gern anrufen, so oft Sie wollen«, sagte er.
    Also rief ich während meiner Einkäufe für Lloyd und Kate, die demnächst nach Hawaii in Urlaub fliegen wollten, pünktlich zu jeder vollen Stunde in der Tierarztpraxis an und erkundigte mich nach dem Nicht-so-Wohlergehen meines armen

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