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Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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hatten, dass sie tatsächlich weiterziehen konnten. Doch sie gingen nun langsam und schleppend, wichen den kleinen Gruppen von Menschen aus, obwohl sie ohnehin von niemandem wahrgenommen wurden. All diese Seelen waren zu sehr in ihr eigenes Leid vertieft, als dass sie etwas außerhalb ihres Schmerzes gesehen hätten.
    „Eines verstehe ich nicht…“, sagte Robert schließlich.
    Die anderen sahen sich müde nach ihm um.
    „Was hindert all diese Menschen daran, ihre Arbeit liegen zulassen und fortzugehen?“
    Die Sechs blieben unwillkürlich stehen und sahen einander ratlos an.
    Eine Weile sagte keiner von ihnen ein Wort. Dann, als sei Roberts Frage gehört worden, erklang plötzlich ein eigentümliches Geräusch zu ihrer Rechten. Sie wandten ihre Blicke dorthin und sahen in einer Entfernung von vielleicht einhundert Metern drei merkwürdige Wesen, die in großer Geschwindigkeit auf sie zugelaufen kamen. ‚Laufen‘ schien hierbei eigentlich nicht das richtige Wort zu sein, denn ihre Fortbewegungsmethode glich keiner, die einer von ihnen schon einmal gesehen hatten. In einer vollkommen chaotisch anmutenden Abfolge wechselten die Wesen in Windeseile vom Laufen auf allen Vieren zum aufrechten Gang, schienen dann zu stolpern und unkontrolliert auf dem felsigen Boden entlang zu rollen, nur um sich gleich darauf wieder zu erheben und auf allen Vieren oder den Füßen weiterzulaufen. Es wirkte fast, als besäßen sie keinen richtigen Gleichgewichtssinn und doch haftete ihren Bewegungen etwas zutiefst bedrohliches an.
    Eleanor, William, Kathryn, Robert, Allys und Toby standen wie versteinert da. Keiner von ihnen war in der Lage sich von diesem Anblick zu lösen, bis die drei Wesen vor ihnen standen und sich nun auf die Füßen stellten.
    Allys und Kathryn schrien bei diesem Anblick leise auf und auch den anderen stand die Angst ins Gesicht geschrieben. Die Fremden waren zweifellos von ein und derselben Art und doch unterschieden sie sich deutlich voneinander. Sie waren groß, keiner von ihnen war kleiner als zwei Meter. Ihre Haut war grau und stumpf, ihre Gliedmaßen lang und dünn. Die Köpfe bestanden eigentlich nur aus einem riesigen, lippenlosen Mund, der sich von einer Seite des Kopfes zur anderen zog. Nadelscharfe weiße Zähne saßen dicht an dicht darin. Augen hatte keines der Wesen, lediglich zwei längliche Schlitze oberhalb des Mundes zeugten von ihrer Fähigkeit zu riechen und zu wittern.
    Nun aber hörte jede weitere Ähnlichkeit der drei untereinander auf. Während eines der Wesen vier Arme hatte, besaß ein anderes drei Beine. Das dritte verfügte zwar nur über zwei Arme und Beine, hatte dafür jedoch einen langen Schwanz, der unablässig in seinem Rücken von rechts nach links peitschte. Plötzlich flimmerte die Luft zwischen ihnen vor Hitze und Glut.
    „Wer seid ihr?“, hauchte Eleanor
    Eines der Wesen trat hinkend vor und senkte lauernd den blicklosen Kopf. Dann erklang seine Stimme, die einerseits zischend und andererseits wie das Geräusch aneinander reibenden Sandpapiers war:
    „ Akoloythoi! “
     
    …
     
    Raphael blickte in den Sonnenuntergang. Seinen Augen machte das gleißende Licht nichts aus, das die Welt in ein flammendes Meer aus Rottönen, Schatten und Zwielicht tauchte. Ganz still saß er da, er atmete nicht, gab nicht das leiseste Geräusch von sich.
    Die Welt unter ihm bereitete sich derweil auf eine weitere Nacht vor – Stunden der Dunkelheit und der Kälte. Eine Ewigkeit aus Träumen und Ängsten. Irgendwo dort unten war Eleanor, doch Raphael hatte keine Ahnung, wo sie sein mochte. Sie blieb vor seinem Blick und seinen Gedanken verborgen, egal wie sehr er sich bemühte etwas von ihr zu spüren. Es war beinahe so, als wäre sie gar nicht da. Sie blieb seinem Geist entzogen, so als sei ein Vorhang zwischen sie gezogen worden, dessen Stoff er nicht durchdringen konnte.
    Raphael zweifelte nicht daran, es hier mit einer Teufelei Liliths zu tun zu haben, wenngleich er sich nicht vorstellen konnte, wie sie das bewerkstelligt haben mochte. Irgendwo musste Eleanor doch sein.
    Ein sanftes Rauschen hinter ihm ließ ihn unmerklich zusammenzucken und gleich darauf legte sich eine schmale Frauenhand auf seine Schulter.
    „Ich kann sie auch nicht sehen“, erklang Liliths Stimme sanft hinter ihm. „Seit einigen Tagen ist sie nicht mehr zu spüren.“
    Raphael wandte den Kopf um und sah gequält zu ihr empor. Einen Augenblick lang erwiderte sie seinen Blick, dann jedoch stahl sich ein Ausdruck

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