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Die zehnte Kammer

Die zehnte Kammer

Titel: Die zehnte Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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mochten. Trotz seiner Müdigkeit war Luc richtiggehend aufgekratzt. Doch eine innere Stimme warnte ihn, dass sie auf dem Rückweg den schmalen Felssims entlang besonders vorsichtig sein mussten.
    Trotzdem kamen sie rasch voran und waren bald wieder bei dem alten Wacholderbaum. Weil Hugo die Riemen seines Rucksacks verstellen musste, war das breite Plateau unter dem Stamm des Baums ein guter Ort zum Rasten.
    Luc trank den Rest Mineralwasser aus seiner Flasche und blickte verträumt hinüber aufs andere Ufer des Flusses. Hatte er das gerade wirklich alles erlebt? War er bereit für das, was ihn von nun an erwartete? Die Entdeckung, die er soeben gemacht hatte, würde sein Leben komplett umkrempeln, er würde eine Person des öffentlichen Interesses werden.
    Sein Tagtraum wurde von einem Geräusch unterbrochen. Es war ein raues Kratzen, das aus einem Gebüsch entlang des Weges kam, den sie eben genommen hatten. Wären Lucs Sinne nicht so überreizt gewesen, hätte er es wohl überhaupt nicht beachtet, jetzt jedoch ging er rasch ein paar Meter zurück, um hinter die Büsche zu sehen. Er fand dort erst nichts, aber dann hörte er das Geräusch ein weiteres Mal.
    Irgendetwas an diesem leisen Kratzen beunruhigte Luc. Er blieb eine Weile stehen und überlegte, ob er sich weiter umsehen sollte. Er rief Hugo absichtlich laut zu, dass es jetzt weiterging. Das seltsame Gefühl verschwand, und Luc marschierte zurück zum Wacholderbaum, ohne Hugo von dem Geräusch zu erzählen.
     
    Am späten Vormittag kamen sie erschöpft beim Landrover an und packten den Müll, den Luc trotz der Ereignisse der Nacht aufgesammelt hatte, auf die Ladefläche hinter den Rücksitzen.
    Als Luc dann nach vorn zur Fahrertür ging, stieß er einen lauten Schrei aus.
    »Hugo, komm her und schau dir das an!«
    Jemand hatte die Windschutzscheibe des Geländewagens eingeschlagen. Ihre Scherben lagen auf den Vordersitzen, zusammen mit dem zerrissenen Pappschild der Universität von Bordeaux.
    »Reizende Leute hier«, bemerkte Hugo sarkastisch. »Vielleicht sollten wir die Bierdosen wieder zurück in die Landschaft werfen.«
    »Ich lass mir von so was die Laune nicht verderben«, verkündete Luc zähneknirschend, während er mit einer Hälfte des Schilds die Scherben von den Sitzen fegte. »Die kann mir jetzt nichts mehr vermiesen.«
    Bevor Luc losfuhr, suchte er etwas im Handschuhfach und fing lauthals an zu fluchen.
    »Ich dachte, du lässt dir nicht die Laune verderben«, sagte Hugo.
    »Meine Fahrzeugpapiere und mein Fahrtenbuch sind weg. Wen interessiert denn so was?« Luc klappte das Fach zu und startete den Motor.
     
    Im Zentrum von Ruac hielten sie an dem kleinen, namenlosen Café des Orts an, über dessen Eingang ein Schild verkündete: CAFÉ, TABAC. Als Luc die Fahrertür abschließen wollte, deutete Hugo nur auf die zertrümmerte Windschutzscheibe und grinste.
     
    »Pass auf, was du da drinnen sagst«, warnte Luc. »Wir haben jetzt ein Geheimnis.«
    In dem schlechtbeleuchteten Café gab es sechs Tische mit Wachstuchtischdecken, von denen nur einer besetzt war. Hinter dem Tresen stand der Besitzer, der einen schlohweißen Haarschopf, graumelierten Schnauzbart und kugelrunden Bauch hatte. Die Gäste, ein junger Mann und eine ältere Frau, hörten auf zu essen und starrten die Neuankömmlinge an, als kämen sie von einem anderen Stern.
    »Kann man bei Ihnen etwas zu essen bekommen?«, fragte Hugo.
    Der Besitzer zeigte auf einen der Tische und legte den beiden Männern schweigend zwei Speisekarten hin, bevor er mit schweren Schritten zurück in Richtung Theke schlurfte.
    Luc rief ihm nach, ob es in der Ortschaft ein Polizeirevier gebe. Der Besitzer blieb stehen und drehte sich langsam um.
    »Warum?«, fragte er.
    »Weil mir jemand die Windschutzscheibe eingeschlagen hat.«
    »Während der Fahrt?«
    »Nein, als mein Wagen geparkt war.«
    »Wo haben Sie ihn denn geparkt?«
    Luc blickte hinüber zu Hugo und verdrehte die Augen, bevor er antwortete: »Das tut doch nichts zur Sache.«
    »Vermutlich irgendwo, wo das verboten ist«, murmelte der alte Mann gerade laut genug, dass sie ihn hören konnten. Dann fügte er etwas lauter hinzu: »Sie müssen nach Sarlat. Das nächste Revier ist in Sarlat.«
    Hugo schnupperte. Den Geruch, der ihm in die Nase stieg, würde er überall erkennen, denn er war sein tägliches Brot. »Hat es hier in der Nähe in letzter Zeit vielleicht gebrannt?«, fragte er den alten Mann.
    »Gebrannt? Riechen Sie

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