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Die Zeit: auf Gegenkurs

Die Zeit: auf Gegenkurs

Titel: Die Zeit: auf Gegenkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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sogar mit Bravour bestanden. Er würde sich direkt mit Appleford in Verbindung setzen müssen, und sich dieser Tatsache bewußt, griff Gantrix widerwillig nach dem Hörer des nächsten Vidfons und wählte die Nummer der Bibliotheksvermittlung.
    Einen Moment später sah er mit dem Videosystem des Roboters, wie der Bibliothekar Douglas Appleford den Hörer seines Vidfons abhob.
    »Wir haben ein gemeinsames Problem«, sagte Gantrix. »Warum arbeiten wir also nicht zusammen?«
    »Ich bin mir keines Problems bewußt«, erwiderte Appleford. Seine Stimme klang völlig beherrscht; der Versuch des Roboters, seinen Arbeitsbereich elektronisch zu infiltrieren, hatte ihn nicht aus der Fassung gebracht. »Wenn Sie mit mir zusammenarbeiten wollen«, fügte er hinzu, »haben Sie einen schlechten Anfang gemacht.«
    »Zugegeben«, sagte Gantrix. »Aber wir hatten in der Vergangenheit mit euch Bibliothekaren erhebliche Schwierigkeiten.« Eure hohe Stellung, dachte er, unter dem Schutz des Löschungsrats. Aber er erwähnte es nicht. »Irgendwo in Ihrer riesigen Datensammlung – mögen die Unterlagen nun echt oder gefälscht sein – muß es eine bestimmte Information geben, die uns fehlt, und die wir unter allen Umständen bekommen müssen. Der Rest …« Er zögerte und setzte dann alles auf eine Karte. »Ich werde Ihnen sagen, um was es geht, und vielleicht können Sie uns helfen, die Antwort auf diese Frage zu finden. Wo ist der Anarch Peak begraben?«
    »Das weiß Gott allein«, sagte Appleford.
    »Irgendwo in Ihren Büchern, religiösen Schriften, Akten…«
    »Unsere Aufgabe hier in der Bibliothek«, erklärte Appleford, »besteht nicht darin, Daten auszuwerten und/oder zu speichern; wir löschen sie.«
    Es wurde still.
    »Nun«, murmelte Gantrix, »Sie haben Ihre Position offen und in bewundernswerter Kürze dargelegt. Demnach können wir davon ausgehen, daß die Angaben über die Grabstelle des Anarchen gelöscht worden sind; es gibt keine Unterlagen mehr darüber.«
    »Sie sind zweifellos gelöscht worden«, bestätigte Appleford. »Zumindest ist das eine naheliegende Annahme … und entspricht der Politik der Bibliothek.«
    »Und Sie sind nicht bereit, es zu überprüfen«, stellte Gantrix fest. »Nicht einmal gegen eine Spende in beträchtlicher Höhe.« Bürokratie, dachte er; sie machte ihn krank; sie war krank.
    »Guten Tag, Mr. Gantrix«, verabschiedete sich der Bibliothekar und legte auf.
    Carl Gantrix blieb eine Weile stumm sitzen und kämpfte um seine Beherrschung. Um die Kontrolle über seine Gefühle.
    Schließlich griff er erneut nach dem Vidfonhörer und wählte diesmal die Nummer der Freien Negergemeinde. »Ich möchte mit dem sehr ehrenwerten Ray Roberts sprechen«, sagte er zur Vermittlung in Chicago.
    »Der Teilnehmer kann nur über …«
    »Ich habe den erforderlichen Kode«, unterbrach Gantrix und nannte ihn. Er fühlte sich müde und niedergeschlagen … und er fürchtete sich vor Ray Roberts’ Reaktion. Aber wir können nicht aufgeben, erkannte er. Wir wußten von Anfang an, daß dieser Bürokrat Appleford für uns keine Nachforschungen anstellen würde; wir wußten, daß uns nichts anderes übrigbleiben würde, als in die Bibliothek einzubrechen und es selbst zu erledigen.
    Die Information ist irgendwo in dieser Bibliothek, sagte er sich. Wahrscheinlich ist sie der einzige Ort, die einzige Quelle, wo wir diese Information bekommen können.
    Und nach Ray Roberts’ geheimen Berechnungen blieb ihnen nicht mehr viel Zeit. Der Anarch Peak konnte jetzt jeden Tag ins Leben zurückkehren.
    Es war eine höchst gefährliche Lage.

    4. K APITEL

    Wenn es Gott also gäbe, dürfte es das Böse nicht geben;
aber in der Welt gibt es das Böse.
Deshalb gibt es Gott nicht.
– Thomas von Aquin

    Sobald der Robot Carl Gantrix Junior sein Büro verlassen hatte, drückte Doug Appleford die Taste seiner Sprechanlage, die ihn direkt mit seiner Vorgesetzten, der Chefbibliothekarin Mavis McGuire, verband.
    »Wissen Sie, was gerade passiert ist?« sagte er. »Jemand vom Udi-Kult hat einen Robot zu mir geschickt und überall in meinem Büro Abhörgeräte verteilt. Er ist jetzt weg.« Er fügte hinzu: »Vielleicht hätte ich die Polizei rufen sollen. Ich könnte es immer noch; die Kamera in meinem Büro hat den Zwischenfall aufgezeichnet, so daß wir Beweismaterial vorlegen können, wenn wir etwas unternehmen wollen.«
    Mavis zeigte die gewohnte abweisende, düstere Miene, die tödliche Ruhe, die meist einer Schimpfkanonade

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