Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
ausgewandert waren. Vielleicht würden die sich ja über Gleichgesinnte im Glauben freuen.
Franz weinte jämmerlich, als Ida sich von ihrer Familie verabschiedete und ihn ein letztes Mal umarmte, aber Elsbeth blieb tränenlos. Sie schaute mürrisch und teilnahmslos vor sich hin. Für die Siedlersöhne in Adelaide war sie sicher ein Gewinn, sie war auf dem besten Weg, sich zu einer ausgesprochenen Schönheit zu entwickeln. Keine so madonnenhafte, sanfte wie Ida, eher eine rassige, fesselnd durch ihr lebhaftes Mienenspiel – und ihre Launen!
»Ein so hübsches Mädchen wie Betty ist doch überall gern gesehen!« Cat wollte etwas Aufmunterndes sagen.
»Katharina, bitte verzichte auf zotige Anspielungen!«, tadelte Jakob Lange sofort, als Cat ein zaghaftes Lächeln von Elsbeth erntete. »Elsbeth wird Friedrich Hauser heiraten, sobald sie alt genug ist. Das ist beschlossen – ein braver, guter Junge, dessen Glaube und Zuversicht auch durch die schlimmen Erfahrungen im Schachtstal nicht beeinträchtigt wurden.«
»Ja, weil er zu dumm und zu träge ist, daraus Schlüsse zu ziehen!«, zischte Elsbeth, wohlweislich auf Englisch.
Ida tadelte sie halbherzig, worauf ihr Vater beide mit einem bösen Blick bedachte, obwohl er sicher kein Wort verstanden hatte. Aber allein die Tatsache, dass Elsbeth die Sprache fließender beherrschte, reizte ihn bis aufs Blut.
»Auch das wirst du dir wieder abgewöhnen!«, sagte er streng. »Ich werde es nicht weiter dulden, dass du Unterhaltungen über meinen Kopf hinweg führst. Du legst es darauf an, Elsbeth, dass ich dich nicht verstehe.«
»Dann lern doch endlich Englisch, Vater!«, schleuderte Elsbeth ihm entgegen. » Good bye dann, Ida, farewell . Ich muss noch packen.« Damit wandte sie sich ab und stieg entschlossen die Treppe zu ihrem Zimmer im Hause der Partridges hinauf.
»Sie scheint sich ja damit abgefunden zu haben«, seufzte Ida und strich sich geistesabwesend über ihren Leib.
Man konnte jetzt sehen, dass sie in anderen Umständen war, wenn man davon wusste, aber ihr Bauch war längst nicht so gerundet wie der anderer Frauen im fünften Monat. Cat ging es ebenso. Wenn sie ein weites Kleid trug – sie hatte absichtlich ein zu großes aus der Kleidersammlung der Bürger für die Flüchtlinge gewählt –, sah man noch nichts. Sie führte das auf die Entbehrungen in den ersten Monaten und die anstrengende Flucht vor der Flut zurück, machte sich aber um ihr Kind keine Sorgen. Ida litt deutlich mehr unter ihrer Schwangerschaft, sie wurde auch jetzt schon wieder kurzatmig, als sie mit Cat zurück zum Hafen ging, um die Küche des Pubs zu öffnen. Ein letztes Mal. Am kommenden Morgen, wenn das Schiff nach Australien abgelegt hatte, würden sich auch die jungen Brandmanns auf den Weg in ihr neues Heim machen.
»So sieht es wenigstens aus«, meinte Cat.
Sie traute dem Frieden noch nicht ganz, hoffte allerdings, dass Elsbeth nichts Dummes anstellen würde. Ein Leben in einer australischen Neugründung von Sankt Paulidorf war sicher nicht erstrebenswert, doch für ein vierzehnjähriges Mädchen allein in Neuseeland gab es auch keine Alternativen.
Ottfried und Joe Gibson hatten entschieden, sich an der Ostküste entlang Richtung Süden nach Purau durchzuschlagen. Das war sicher etwas weiter als durchs Inland, aber weniger gefahrvoll. Am Wasser gab es eher mal eine Ansiedlung, bei der man Rast machen konnte, und auch schon den einen oder anderen ausgebauten Weg, der mit Planwagen gut befahrbar war. Insgesamt bedeutete die über zweihundert Meilen weite Fahrt allerdings eine Strapaze für Menschen und Tiere. Ottfried und Gibson hatten sich für zwei Gespanne kräftiger, aber doch wendiger und vielseitiger Pferde entschieden. Zu Cats Freude erstanden sie die zwei braunen Wallache, mit denen sie sich in Sankt Paulidorf den Stall geteilt hatte, die anderen beiden Pferde waren Füchse. Nun lenkte je einer der Männer ein Gespann, Cat fuhr bei Gibson mit, Ida bei Ottfried. Chasseur rannte begeistert hinterher und schien sich über den Aufbruch zu freuen. Im Pub in Nelson hatte er sich nur gelangweilt.
Der erste Tag der Reise führte von Nelson aus in die Wairau-Ebene. Ida schaute traurig auf das wunderschöne Land, das ihnen durch Wakefields Streit mit den Maori entgangen war. Die Ebene säumte eine Meeresbucht mit hellen Stränden, im Hintergrund waren die Alpen erkennbar, und das Klima hier war erstaunlich warm, besser noch als in Nelson. Auch an diesem Tag strahlte die Sonne von
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